Frauenstreik Schweiz: Rekord!
Das hat die Schweiz noch nicht gesehen: Über eine halbe Million Frauen auf der Straße! „Der Frauenstreik 2019 hat alle Erwartungen massiv übertroffen. Mit deutlich über 500.000 Teilnehmenden beteiligten sich noch mehr Menschen an diesem Aktions- und Streiktag für die Gleichstellung als am Frauenstreik 1991“, schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), der gemeinsam mit der feministischen Nationalen Streikversammlung zum Streik aufgerufen hatte. Stolzes Fazit: „Der 14. Juni 2019 geht damit klar als größte politische Aktion seit dem Generalstreik 1918 in die Schweizer Geschichte ein.“
Man und frau bedenke: Im Verhältnis zur EinwohnerInnenzahl wäre das so, als ob in Deutschland fünf Millionen Frauen beim Streik und den dazugehörigen Aktionen mitgemacht hätten. Allein in Zürich gingen 160.000 Frauen auf die Straße, laut SGB war es die „größte politischen Demo der Geschichte“.
Hat Zürich jemals so eine grosse Demo gesehen? Wohl seit langem nicht! 😍
Wir sind unzählige! Wir sind wütend! Wir sind solidarisch!#frauenstreik #FrauenstreikZürich #14Juni #feministischerstreik #frauenstreik2019 pic.twitter.com/BzPkQuAlvF— Feministisches Streikkollektiv Zürich (@femstreikzh) June 14, 2019
In Bern hatten sich schon am Morgen vor dem Regierungsgebäude auf dem Bundesplatz Zehntausende versammelt. Selbst die Seitenstraßen platzten aus allen Nähten.
Zweifellos die grösste Demo, die ich je in Bern gesehen habe #frauenstreikbern @watson_news pic.twitter.com/ix9pWfn3Ko
— Adrian Müller (@mueller_adrian) June 14, 2019
Aber nicht nur die reine Masse, die Gewerkschaften und feministische Initiativen mobilisiert hatten, ist beeindruckend. Sondern auch die Kreativität, die die Frauen mit ihren unzähligen Aktionen an den Tag legten.
So begann der Frauenstreiktag in Lausanne schon in der Nacht: Die Aktivistinnen hatten die Kathedrale in lila Licht getaucht. In Basel projizierten sie eine riesige Faust im Frauenzeichen auf den 178 Meter hohen Roche-Turm, das Büro-Hochhaus des Schweizer Konzerns Hoffmann-La Roche. Ebenfalls von beachtlicher Größe: Die meterhohe Klitoris auf Rollen, die die „Klito-Gang“ durch die Straßen von Zürich zog. „Sie ist viel größer als jemals gelehrt wurde“ stand darauf und: „Hatte Freud einfach nur Klitorisneid?“
https://www.instagram.com/p/ByxqIcPn-tB/
Der große Frauen-Dachverband Alliance F versammelte auf dem Balkon des Bundeshauses Politikerinnen aus allen Fraktionen und warb damit für ihre Aktion „Helvetia ruft!“. Um mehr Frauen für politische Ämter zu gewinnen, hatte Alliance F im Sommer 2018 ein Mentoring- und Trainingsprogramm ins Leben gerufen (EMMA 6/18)
Politikerinnen von allen Fraktionen, setzen sich am #Frauenstreik2019 mit #Helvetiaruft-Newcomerinnen aus allen Parteien dafür ein, dass bei #WahlCH19 der Frauenanteil im Parlament massiv gesteigert wird 👉🏽 AUFRUF: Frauen wählen https://t.co/BjcXM74b4l #Frauenstreik2019 #herstory pic.twitter.com/dqXgEL6Jcw
— alliance F (@alliance_F) June 14, 2019
Kein Wunder, dass die Schweizer Frauenstreik in aller Welt Schlagzeilen machte, sogar die New York Times berichtete.
https://twitter.com/MelineSieber/status/1139592933857013761
Dass der Schweizer Frauenstreik 2019 noch größer werden würde als der Vorgänger von 1991, damit hatten selbst die Veranstalterinnen nicht gerechnet. Doch der Fortschritt ist eine Schnecke und die meisten Forderungen sind auch drei Jahrzehnte immer noch aktuell, wie das Streik-Manifest mit 17 Forderungen zeigt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Gleiche Verteilung von Lohn- und Familienarbeit! Schluss mit der Bagatellisierung sexueller Gewalt!
So gibt es in der Schweiz zum Beispiel nur einen einzigen freien Tag für Väter nach der Geburt ihres Kindes. Und auch im Sexualstrafrecht hängt die Schweiz hinter Deutschland und Österreich zurück: Hier gilt immer noch nicht „Nein heißt Nein“.
Und so dürften die Hunderttausende Frauen auch von der Wucht von #MeToo und den riesigen Women’s Marches beflügelt gewesen sein.
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Bilanz der Veranstalterinnen: „Der Machtdemonstration der Frauen können sich Wirtschaft und Politik nicht entziehen. Dank der durch die monatelangen Vorbereitungen weiter gestärkten Vernetzung zwischen Frauenorganisationen und Gewerkschaften wird der Druck auf die Entscheidungsträger hoch bleiben, die Gleichstellung nun entschieden voranzutreiben.“ Ansonsten stehen die Schweizerinnen halt wieder auf die Straße, getreu ihrem Streikmotto: „Wenn frau will, steht alles still!“