Fünf Frauen für Finnland

Finnlands neue Regierungschefin Sanna Marin unterm Regenbogenschirm. Foto: SDP
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Sanna Marin, Li Andersson, Anna-Maja Henriksson, Katri Kulmuni, Maria Ohisalo. Das ist nicht die Besetzungsliste für den neuen Film von Aki Kaurismäki. Das sind die Namen der fünf Chefinnen jener Parteien, die in Finnland die Regierung stellen. Doch was da gerade im finnischen Kabinett passiert, ist dennoch durchaus filmreif.

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Soeben hat Finnland die jüngste Regierungschefin der Welt bekommen: Sanna Marin. Am Sonntag wählten die Sozialdemokraten die 34-jährige stellvertretende Parteivorsitzende und bisherige Verkehrsministerin als Kandidatin für die Nachfolge von Ministerpräsident Antti Rinne. Der war am 3. Dezember nach Querelen mit einem der Koalitionspartner zurückgetreten. Heute hat das finnische Parlament Sanna Marin als neue Regierungschefin bestätigt.

Die neue finnische Premierministerin ist nicht nur ausgesprochen jung, sondern „in einer Regenbogenfamilie aufgewachsen, bevor es diesen Ausdruck überhaupt gab“, erklärt sie. Ihr Vater war Alkoholiker und verließ die Familie, als Sanna noch ein kleines Kind war. Ihre Mutter zog die Tochter zunächst alleine auf, später dann gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin.

Das war nicht einfach für das Mädchen, das oft vorsichtshalber über seine zwei Mütter schwieg. „Man erkannte uns nicht als richtige Familie an, nicht als gleichberechtigt mit den anderen“, berichtet Sanna Marin. Heute hat Sanna selbst eine zweijährige Tochter namens Emma – mit einem Mann – und kämpft für die Akzeptanz von Homosexuellen. Eine von Emmas ersten Amtshandlungen war der Besuch des CSD in Helsinki, natürlich im Regenbogen-Strampler.

Sanna Marin ging als erste in der Familie zur Uni, ihr Studium der Verwaltungswissenschaften finanzierte sie sich selbst. Mit 27 wurde sie Chefin des Stadtrats ihrer Heimatstadt Tampere, mit 30 saß sie als Abgeordnete im Parlament, mit 34 wurde sie Ministerin für Verkehr und Kommunikation. Jetzt ist sie Finnlands dritte Ministerpräsidentin, nach Anneli Jääteenmäki (2003) und Mari Kiviniemi (2010).

Sanna Marin ist also nicht die erste, aber eben die jüngste Regierungschefin des Landes und der Welt. Aber es geht noch weiter mit den finnischen Rekorden: Alle fünf in der Regierung vertretenen Parteien – Sozialdemokraten, Grüne, Linke, Zentrum und Finnische Volkspartei - haben eine Chefin. Mit Ausnahme der 55-jährigen Anna-Maja Henriksson sind alle unter 35. Jede Parteichefin hat einen Ministerposten. Zehn der 18 Ministerposten sind mit Frauen besetzt.

Zugegeben: Für einen Kaurismäki-Film fehlen jetzt noch ein paar ältere, melancholische Männer. Vielleicht kommt für diese Rolle Thomas Blomqvist in Frage. Der ist immerhin schon 54 – und Minister für Gleichstellung.

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Buchmesse: Die Finninnen kommen!

Kati Outinen, der Star in den Filmen von Aki Kaurismäki. - © Bettina Flitner
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Als in der Konferenz die Entscheidung fiel, dass ich den Finnland-Schwerpunkt anlässlich der Buchmesse (Start: 8. Oktober) betreuen sollte, wurde mir etwas bang. Denn mein Wissen über das Land war eher allgemeiner Natur. In meinem Block notierte ich: „Das feministische Finnland – damals und heute“. Und: „Gastland der Frankfurter Buchmesse“. Daraus ist ein ziemlich vielfältiger Schwerpunkt geworden, den ihr in der aktuellen EMMA nachlesen könnt.  

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Was Frauen angeht, war und ist Finnland so fortschrittlich, dass EMMA schon 2004 über das „Modell Finnland“ jubelte. Finnland war das erste Land in Europa, in dem Frauen nicht nur wählen sondern auch für das Parlament kandidieren durften. Die Finnin Elisabeth Rehn hat Ursula von der Leyen den Weg geebnet: Sie war 1990 die erste Verteidigungsministerin der Welt. Und Finnlands Autorinnenlandschaft ist wirklich beeindruckend.

Nicht nur, weil hier so viele Frauen so detailreich ihre eigene (Alltags-)Geschichte aufarbeiten. Sondern auch, weil ihr Zugriff so kreativ und sprachgewaltig ist. Allen voran unser Covergirl Sofi Oksanen, die seit Erscheinen ihres fulminanten Frauengenerationenromans „Fegefeuer“ im Jahr 2010 eine große Fangemeinde in der EMMA-Redaktion hat. Ein Porträt dieser eindringlichsten Stimme Finnlands findet ihr in der aktuellen Ausgabe. So wie zahlreiche Porträts weiterer Autorinnen.

Dass der Finnland-Schwerpunkt so besonders lesenswert geworden ist, liegt vor allem an unserer Autorin Rebecca Libermann. Die 61-jährige Deutsche hatte vor 30 Jahren einen Finnen geheiratet und lebt und arbeitet in Helsinki. Sie kennt sich wahrlich aus mit den Stärken und Schwächen ihrer Wahlheimat. Die hat sie für EMMA aufgeschrieben. Und sie berichtet nicht nur von den Finninnen, sondern auch von den Finnen. Die scheinen recht speziell zu sein. So wie der ihre: Der drehte sich eines Tages im Wald um, ging – und kam nie wieder.

Außerdem hat Libermann  die wunderbare Tove Jansson porträtiert. Die Schöpferin der Mumins wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Sie ist nicht nur die Pionierin von Finnlands Comic-Szene, sondern auch die  Ikone der Schwulen- und Lesbenbewegung.

Viel Spaß beim Lesen!

Alexandra Eul

EMMA September/Oktober 2014 im EMMA-Shop bestellen

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