Für Freiheit - gegen Verhüllung!
„Mir wurde gesagt, wenn ich keinen Hidschab trage, fliege ich von der Schule, werde ins Gefängnis geworfen, ausgepeitscht, verprügelt und aus meinem Land vertrieben. Im Westen sagt man mir, dass das Erzählen meiner Geschichte Islamophobie auslösen würde. Ich bin eine Frau aus dem Nahen Osten und ich habe Angst vor der islamistischen Ideologie. Lasst uns reden." - mit diesen Worten startete Masih Alinejad (EMMA Interview 2018), Exil-Iranerin, Anfang des Jahres die Kampagne #LetUsTalk.
Über tausend Iranerinnen schreiben seitdem unter dem Hashtag, warum sie gegen Verschleierung sind – und hoffen auf Solidarität. Auch Afghaninnen haben sich inzwischen der Kampagne angeschlossen.
Thanks to Deutsche Welle for giving voice to our #LetUsTalk campaign against compulsory hijab. We the Middle Eastern women are now more united than ever and getting ready for #NoHijabDay. Now mainstream media is paying attention to our cause. Join us.pic.twitter.com/2rKQHqQccH
— Masih Alinejad 🏳️ (@AlinejadMasih) January 20, 2022
„Im Westen wird unser Widerstand gegen ein frauenverachtendes Regime abgeschmettert. Die westlichen Gesellschaften feiern die Freiheit der Wahl. Im Iran aber entscheiden sich Frauen nicht dafür, einen Hijab zu tragen. Sie werden ausgepeitscht und zu Gefängnis verurteilt, wenn sie es nicht tun“, sagt Masih Alinejad. So wie die Menschenrechtlerinnen Nasrin Sotoudeh oder aktuell Narges Mohammadi, der 70 Peitschenhiebe bevorstehen.
Auch Faranak Rafiei verzweifelt an der falschen Toleranz des Westens. Die Exil-Iranerin aus Köln hat sich #LetUsTalk sofort angeschlossen. Denn: „Erzähle ich, was das Kopftuch wirklich bedeutet, wird mir vorgeworfen, ‚rechts‘ zu sein. Viele Deutsche stehen lieber auf der Seite derjenigen, die Werbung für dieses unterdrückende System machen, als auf der Seite der Frauen, die hier in Freiheit leben wollen! Das ist wie ein Dolch in unserem Rücken!“ Bei ihrer letzten Reise in den Iran im November 2021 hätte eine Sittenwächterin fast verhindert, dass sie ins Flugzeug steigt und ihren Rückflug bekommt. „Die Arme meiner Jacke waren angeblich zu kurz! Und kaum in Köln gelandet, sehe ich die Plakate einer Reise-Agentur mit Sitz in Köln, die mit glücklichen verschleierten Frauen wirbt. Dabei sind es doch gerade diese Frauen, die uns als Handlangerinnen des Regimes auf der Straße angreifen!“
Mit Schrecken beobachtet sie, wie Firmen wie McDonald’s oder Amazon den Hijab mehr und mehr normalisieren. Faranak: „Am 30. Januar läuft ein Film über die ‚Schönheit Iran‘ in den Kinos an, in dem zwei Männer die Gastfreundschaft und die tollen Süßigkeiten preisen – und in den Gefängnissen sitzen unsere Schwestern und werden gefoltert, weil sie ihr Haar gezeigt haben!“
Und am 1. Februar, da soll der „World Hijab Day“ gefeiert werden, der „Weltkopftuchtag“, der für Respekt und gegen die Diskriminierung von Kopftuchträgerinnen stehen soll. Die in den USA lebende Muslimin und Modedesignerin Nazma Khan soll ihn erfunden haben. In Europa Fahrt aufgenommen hat der Tag 2016, als Studenten des „Instituts d’études politiques de Paris“, besser bekannt als „Sciences-Po“, den Tag an ihrer Universität zum Feiertag erkoren haben, just in der Zeit, als ganz Frankreich über das Kopftuch an Unis und Schulen diskutierte.
Der 1. Februar ist kein zufälliger Termin. Es ist der Tag, an dem 43 Jahre zuvor Ajatollah Khomeini zu Zeiten der sogenannten „islamischen Revolution“ aus dem Pariser Exil in den Iran zurückkehrte. Das Land kippte quasi über Nacht in den Gottesstaat, der fundamentalistische Islam wurde zur Staatsdoktrin erklärt. Khomeini und seine Gefolgsleute hatten ein unmissverständliches Symbol für ihren Triumph auserkoren: Die Zwangsverschleierung der Iranerinnen.
Und der „World Hijab Day“ fordert Frauen heute dazu auf, aus „Solidarität mit den Kopftuchträgerinnen mal einen Tag lang ein Kopftuch aufzusetzen“. Außerdem soll damit „Millionen von Frauen, die sich für ein Leben in Bescheidenheit entschieden haben, Anerkennung gezollt werden“, so Nazma Khan. Aktuell bejubelt auch FUNK, der ARD/ZDF-Jugendkanal das Kopftuch als „Feminismus“. O-Ton: „Mein Hijab ist Feminismus, der für Freiheit und Würde steht!“
Der vermeintliche „Betroffenheitstag“ wird aber längst als das entlarvt, was er ist: Propaganda für den Islamismus. Weltweit machen säkuläre MusliminInnen und Frauenrechtlerinnen gegen ihn mobil. Unter dem Hashtag #NoHijabDay posten sie Videos, in denen sie den Schleier abziehen und schreiben, warum dieser Tag verboten werden sollte.
Westliche Feministinnen müssen sich entscheiden, ob sie sich für die Rechte der Frauen einsetzen möchten oder für Respekt und Toleranz gegenüber einer reaktionären, patriarchalischen Religion einer Minderheit im Westen […] #LetUsTalk https://t.co/c1rGaQ9IoW
— Monireh Kazemi (@MonirehKazemi) January 21, 2022
Das wollen auch die „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“ in dem öffentlichen Panel „Nein zum #WorldHijabDay“, das am 27. Januar von 11 bis 12 Uhr, live auf Facebook und Youtube zu verfolgen ist. Mit dabei: Prof. Susanne Schröter (Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam), Naïla Chikhi (Frauenrechtlerin und Autorin), Lale Akgün (SPD-Politikerin und Autorin) und Mina Ahadi (Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime). Sie alle kämpfen seit Jahren gegen die Normalisierung der Verschleierung von Millionen Mädchen und Frauen.
Sie sollten damit nicht allein bleiben.