Frauen in die Aufsichtsräte

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Nur Banken und Versicherungen haben immerhin einen Frauenanteil von 15,5 Prozent, beziehungsweise 13,5 Prozent in den Aufsichtsräten. Studienautorin Elke Holst zieht ein ernüchterndes Fazit: „Insgesamt hat sich im Vergleich zu den Vorjahren an der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Spitzengremien kaum etwas verändert“, schreibt sie.

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Erst langsam regt sich auch bei engagierten Frauen das Bewusstsein, wie wichtig es ist, für eine gerechte Repräsentanz von Frauen auch in den Top-Etagen der Wirtschaft zu kämpfen. Die prinzipielle Kapitalismuskritik verhinderte oft die Auseinandersetzung mit dem Thema. Auch fehlt bei vielen Frauen das Interesse und die Kenntnisse darüber, wie Wirtschaft funktioniert.
Es sind die Aufsichtsräte, die die Unternehmenschefs berufen. Wenn dort mehr Frauen sitzen, garantiert das zwar noch lange nicht, dass auch mehr Frauen in die Top-Etagen nachgezogen werden. Aber es dürfte die Chancen erhöhen.

Immerhin ist das Thema in der Politik inzwischen angekommen. Die SPD machte in der Endphase des Wahlkampfes die Forderung einer 40-Prozent-Frauenquote in den Aufsichtsräten zu der ihren. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte im Wahlkampf, es gäbe zu wenige Frauen an der Spitze von deutschen Aufsichtsräten und Unternehmen. Doch während die Frauenunion der CDU inzwischen für eine verbindliche Aufsichtsrat-Quote ist, lehnt Merkel sie weiterhin ab. Auch im neuen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP ist von einer Frauen-Quote für Aufsichtsräte nirgends die Rede.

Da heißt es nur vage: Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst solle maßgeblich erhöht werden. „Dazu wird ein Stufenplan, insbesondere zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten vorgelegt. Der Stufenplan setzt in einer ersten Stufe auf verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen.“ Aber wie und wann, wird nicht gesagt.

Wie entscheidend die Quote im Kampf um mehr Repräsentanz von Frauen auch in der Wirtschaft ist, zeigen die Beispiele aus anderen Ländern. Norwegen hat seit Anfang 2008 eine 40-Prozent-Quote und liegt nun mit 41 Prozent Frauen in den höchsten Entscheidungsgremien einsam an der Spitze. Danach kommen die emanzipationstrainierten Nordstaaten Schweden und Finnland mit 27 und 20 Prozent, sowie etliche osteuropäische Länder. Der Frauen-Anteil in den Top-Etagen ist in Ländern wie Litauen, Slowenien oder Lettland deutlich höher als in Deutschland.

Auch bei FidAR gab es eine heftige Debatte für und gegen die Quote. „Wir haben lange darüber diskutiert“, erzählt Vereinspräsidentin Monika Schulz-Strelow. Doch die Erfahrung fast aller Frauen im Verein war eindeutig: Egal, wie gut sie waren, irgendwann kam der Punkt, wo sie nicht mehr weiterkamen. „Druck ist das einzige, worauf alle reagieren“.

Für Infomatikerin Martine Herpers stellte sich die Frage nicht. Als sie 2008 ihre „Nürnberger Resolution“ vorstellte, war eine Quote von 40 Prozent bis zum Jahr 2013 die Kernforderung. Ihren ersten Erfolg erzielte Herpers, als SPD-Chef Franz Müntefering im Frühjahr 2009 die Nürnberger Resolution unterschrieb. Inzwischen gibt es eine Reihe von Regionalgruppen, die jeweils vor Ort für eine stärkere Vertretung von Frauen streiten. Sie vernetzen sich im Internet, z.B. Facebook. In Nürnberg zum Beispiel hat der Stadtrat im Oktober eine 40-Prozent-Frauenquote beschlossen.

FidAR-Präsidentin Schulz-Strelow baggert derweil an der politischen Front in Berlin. Beide Netzwerke setzen auf die Kraft der Überzeugung – und hoffen auf Überraschungen. In Norwegen zum Beispiel war es ausgerechnet ein männlicher Politiker aus der konservativen Ecke, der die Frauenquote durchgesetzt hat.

www.nuernberger-resolution.de
www.fidar.de

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