Stalking: Für ein strengeres Gesetz
Zwar definiert der § 238 StGB, der im März 2007 in Kraft trat, sehr genau, was unter die „unbefugte Nachstellung“ fällt – vom E-Mail-Terror bis zur Bestellung von Waren auf den Namen des Opfers. Doch eine Straftat wird das alles erst, wenn die Taten das Opfer „in seiner Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigen“. In der Praxis heißt das, erklärt Schindecker, die selbst Stalking-Opfer war und 2005 die Deutsche Stalking-Opferhilfe gegründet hatte, dass das Opfer Wohnung oder Arbeitsstelle wechseln muss, bevor überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Und selbst in diesem Fall sei der Weg dorthin lang: „Zuerst muss man die andauernde Belästigung beweisen und dagegen eine einstweilige Anordnung erwirken. Verstößt der Täter dagegen, wird zunächst ein Ordnungsgeld verhängt. Erst wenn er dann immer noch weitermacht, wird ein Verfahren eröffnet.“
Im Falle des Ingolstädter Stalkers endete das Verfahren wegen Nachstellung, versuchter Nötigung, Beleidigung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung – mit einer Bewährungsstrafe.
Unterstützt wird die Deutsche Stalking-Opferhilfe von der bayerischen Justizministerin Beate Merk. „Wir halten es für falsch, dass eine psychische Belastung des Opfers nicht ausreicht“, heißt es auf EMMA-Anfrage aus der Pressestelle des Justizministeriums. Merk will das Gesetz so formulieren, dass die Nachstellungen des Täters „geeignet sind“, das Opfer schwer zu beeinträchtigen. „Damit wäre der Straftatbestand auch erfüllt, wenn das Opfer sich keine neue Handynummer besorgt, nicht umzieht und nicht den Arbeitsplatz wechselt.“
Erika Schindecker von der DSOH fordert außerdem: Richter und Staatsanwälte müssen besser geschult werden. Außerdem gebe es für Täter in ganz Deutschland nur eine einzige Anlaufstelle, nämlich „Stop Stalking“ in Berlin. „Das ist zu wenig!“ Ebenfalls völlig ungeklärt sei der Umgang mit psychisch gestörten Tätern.
Vordringlich aber sei: „Das Strafverfahren muss früher einsetzen. Sonst macht der Täter immer weiter.“