Geschlechtergerechte Männer-Uni
Ulrike Brands, Sie sind Gleichstellungsbeauftragte der RWTH Aachen, eine der geschlechtergerechtesten Unis Deutschlands. Was machen Sie richtig?
Gut läuft: Wir haben uns auf den Weg gemacht. Also Strategien für Gleichstellung entwickelt.
Welche?
Erstens ist das Thema bei uns ganz oben aufgehängt: im Rektorat. Früher mussten wir Gleichstellungsbeauftragten ja eher umgekehrt schauen, wie wir das Thema in die Hochschulpolitik überhaupt einbringen können. Zweitens wurden strategische Ziele für die Hochschule entwickelt: Bis 2020 wollen wir einen Professorinnen-Anteil von 20 Prozent erreichen. Für eine technische Hochschule ist das viel. Aktuell haben wir gut 14 Prozent. Drittens wird bei der Veränderung der Organisationskultur angesetzt zur Verbesserung der Familiengerechtigkeit, Personalentwicklung und Diskriminierungsfreiheit.
Und ganz konkret?
Es gibt an der RWTH, die ja männerlastig ist, zum Beispiel ein Väterprojekt. Weder wollen die Frauen heute nur Erzieherinnen, noch wollen die Männer nur Ernährer sein. Wir haben zunächst mal die Gefühlslage an der Hochschule untersucht, um herauszufinden, was die – potenziellen - Väter sich wünschen. Und haben dann Diskussionsrunden und ganz pragmatisch Vater-Kind-Aktionen initiiert, die auf gute Resonanz stoßen.
Und der Mangel an Studentinnen in MINT-Fächern?
Es gibt den klassischen Girls‘ Day, da kommen jährlich über 400 Mädchen. Und dann gibt es für Schülerinnen der Mittel- und Oberstufe eine ganze Reihe an Angeboten, in dem sie sich ausprobieren können, mit dem Ziel, die Mädchen zu bestärken und das Spektrum der Möglichkeiten aufzufächern. Wir sind aber etwas frustriert.
Wieso?
Wir können nicht erkennen, dass unsere zahlreichen Aktivitäten zu einer nennenswerten Steigerung des Studentinnenanteils in den MINT-Fächern führen. Im Maschinenbau haben wir immer noch nur elf Prozent Frauen. Das liegt auch daran, dass solche Projekte viel früher starten müssen: In der Kita und in der Grundschule. Wir wollen jetzt versuchen, mehr Marketing für MINT-Fächer zu machen.
Virale Youtube-Videos?
Ja, zum Beispiel. Wir müssen die Sprache der jungen Frauen treffen.
Was läuft denn noch nicht so gut?
Bis zur Promotion läuft eigentlich alles gut. Zumindest verlieren wir bis dahin nicht viele Frauen. Das ändert sich nach der Promotion. Das ist dann die Lebensphase, wo so viele Dinge zusammenkommen und die Frauen sich gegen eine wissenschaftliche Karriere entscheiden. Da ist etwas in der Academia faul, sage ich mal. Die Karrierewege sind zu unsicher. Und die Wissenschaftskultur ist ja auch von der Geschichte her eher auf den zölibatär lebenden Wissenschaftler ausgerichtet. Frauen wollen Karriere und Familie. Und das geht einfach immer noch zu stark zu ihren Lasten. Da gehen die Frauen eben lieber in die Industrie, weil es da einfacher zu sein scheint.