Hannelore Kraft: Wortbruch beim FMT

NRW-Ministerpräsidentin Kraft hat auch noch das letzte Drittel Förderung gestrichen. - © imago/Sven Simon
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Ausgerechnet die rotgrüne Regierung. Ein Jahr zuvor hatte Kraft die rückwirkende Kürzung von 2011 über 140.000 Euro nachträglich gerechtfertigt und geschrieben:

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„Mit der Förderentscheidung der damaligen Landesregierung (unter Rüttgers, Anm.d.Red.) wurde davon ausgegangen, dass sich auch der Bund mit einem gleich hohen Betrag an der Förderung des FMT beteiligt. (...) Damals wurde von einer jeweils hälftigen Finanzierung zwischen Bund und Land ausgegangen. (...) Ich hoffe, dass es Ihnen gelingen wird, die immer intendierte komplementäre Finanzierung Ihres FrauenMediaTurms mit Hilfe von Bund, Land und Drittmitteln erfolgreich zu gewährleisten.“

Dieses Wort brach Kraft nur zehn Monate später. Der Bund fördert zwar zurzeit mit 150.000 Euro im Jahr, also rund zwei Dritteln, ein Projekt des FMT sowie die Hälfte der Betriebskosten. Und auch Drittmittel werden fleißig eingeworben. Aber im März dieses Jahres ließ die sozialdemokratische Ministerpräsidentin ihre Staatssekretäre mitteilen, dass NRW auch noch das letzte Drittel, 70.000 Euro, streicht. Von einer Förderung „der Hälfte“ durch NRW ist nicht mehr die Rede. NRW, in dessen Herzen am Rhein der FMT steht, ist bei Null angelangt.

Wäre da nicht der Bund und wäre da nicht der Vorstand, der unentwegt Drittelmittel einwirbt (die allerdings niemals ausreichen können) – die einzige feministische Universalbibliothek in Deutschland müsste schließen.

Der FrauenMediaTurm wurde 1984 gegründet, initiiert von Alice Schwarzer, die seither auch die ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der gemeinnützigen Stiftung ist. Die ersten 20 Jahre konnte das Archiv von privaten Mitteln existieren, seither ringt der FMT um öffentliche Förderung. Der FrauenMediaTurm, seit 1994 untergebracht in dem modern ausgebauten mittelalterlichen Bayenturm, birgt zehntausende von Büchern und Zeitschriften, erschlossene Schrift- und Bilddokumente plus grauer Literatur und Nachlässe. Alle Dokumente sind computergestützt erschlossen und über die Webseite recherchierbar (www.frauenmediaturm.de). Man und frau kann beim FMT Dokumentationen bestellen, Bücher ausleihen oder vor Ort in der Spitze des Turms recherchieren, forschen oder zu seinem Vergnügen lesen.

Der FMT ist seit Jahren im Verbund mit allen deutschsprachigen feministischen Archiven (i.d.a.), er kooperiert mit dem Hochschulbibliothekszentrum NRW, in dessen Datenpool er alle seine Daten permanent einspeist, sowie neuerdings mit dem Verbund der Kölner Bibliotheken (KölnBib).

Der FMT ist fünf Tage in der Woche von 10 bis 17 Uhr geöffnet und kann, nach Voranmeldung, besichtigt und konsultiert werden. Der FMT veranstaltet Kongresse und veröffentlicht Publikationen. Er tut all das mit drei bis vier, partiell Teilzeit angestellten Mitarbeiterinnen sowie der ehrenamtlichen Arbeit seines Vorstandes und Beirates. Und für so ein, weit über die Grenzen hinaus, außergewöhnliches Pilotprojekt sind einem rotgrün regierten Land 210.000 Euro im Jahr zu viel?

Bereits 2012 hatte EMMA berichtet, dass die rotgrüne Regierung von Ministerpräsidentin Kraft von den Grünen erpresst worden sei. Die Grünen hätten mit dem Bruch der Koalition in Düsseldorf gedroht, wenn NRW dem FrauenMediaTurm nicht die Mittel streichen würde (sic). Diesem Bericht wurde nie widersprochen.

Zum Glück sieht der Bund das anders. Die Verhandlungen laufen. Der FMT kann hoffen, auch in Zukunft ein Hort der Sicherung der Geschichte der Frauen zu sein. Denn: Ohne Geschichte keine Zukunft.

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