Hart umkämpft: Recht auf Abtreibung
Es ist nicht wirklich eine Überraschung. Das in Westeuropa in den 1970er und 1980er Jahren auf Druck der Emanzipationsbewegung eingeführte Recht auf Abtreibung wird 30 Jahre später in der ganzen westlichen Welt wieder in Frage gestellt. Nur Frankreich geht nach vorne und machte gerade aus der Quasi-Fristenlösung (mit Indikation) eine uneingeschränkte Fristenlösung: Das Recht von Frauen in den ersten drei Monaten zu entscheiden, ob sie Mutter werden oder nicht.
In allen anderen Ländern kommt der Druck der katholischen Kirche und der mit ihr verbandelten so genannten „LebensschützerInnen“ zum Tragen. Auch in Deutschland, das das eh schon relative Recht auf Abtreibung seit Jahre Schrittchen für Schrittchen einschränkt.
78 Prozent aller SpanierInnen sind für die Fristenregelung.
In Spanien will die seit zwei Jahren regierende konservative Regierung nun die 1985 eingeführte Indikations-Lösung, die Zapatero 2010 in eine Fristenregelung verwandelte, abschaffen und ein stark repressives Gesetz einführen: Ungewollt schwangere Frauen sollen in Zukunft nur noch im Fall einer Vergewaltigung und bei schwerer gesundheitlicher Gefahr für die Schwangere abtreiben können. Mädchen unter 18 Jahren brauchten selbst im Fall einer Vergewaltigung die elterliche Einwilligung zum Abbruch. Und auch bei schwerer Missbildung des Fötus soll die Frau in Zukunft gezwungen werden können, auszutragen.
Der Protest dagegen ist allerdings groß. 78 Prozent aller SpanierInnen sind pro Fristenregelung, unter den konservativen WählerInnen 57 Prozent. Und selbst 50 Prozent aller Gläubigen wollen es bei der Fristenlösung belassen.
Doch Justizminister Gallardón will es durchziehen. Er wirft den BefürworterInnen des Rechts auf Abtreibung laut taz einen „grausamen Indidividualismus“ vor und erklärte polemisch: „Wer sagt mir, dass diejenigen, die ihren Individualismus am Ungeborenen ausleben wollen, dies nicht auch irgendwann mit Geborenen tun?“ Das ist O-Ton Lebensschützer und Vatikan.
Über hunderttausend Menschen waren am Samstag durch Madrid gezogen mit dem Slogan: „Freiheit zu entscheiden!“ Aufgerufen zu der Demonstration gegen die Gesetzespläne hatten hunderte von Frauenorganisationen sowie die Sozialisten und die Gewerkschaften. Selbst die konservative Regierungsministerin Celia Villalobos forderte jetzt, dass ihre Partei den einzelnen Abgeordneten das Recht gibt, „frei nach ihrem Gewissen“ abzustimmen. Was vermutlich bedeuten würde, dass die Abschaffung des Rechts auf Abtreibung nicht durchkommt: Das spanische Gewissen schlägt pro Fristenregelung.