Wer ist Nasrin Sotoudeh?
Wer ist Nasrin Sotoudeh? Nasrin wurde 1963 in Teheran in einer bürgerlichen, gläubigen aber weltoffenen Familie geboren. Nach ihrem 1995 abgeschlossenen Studium durfte die Regimekritikerin erst ab 2003 als Anwältin praktizieren. In der Wartezeit engagierte sie sich als Journalistin für die Rechte von Kindern und Frauen. Sie vertrat vor allem Frauenrechtlerinnen und politische Gefangene. Nicht selten unbezahlt. Der erklärten Gegnerin der Todesstrafe gelang es mehrfach, Verurteilte vor dem Tod zu retten, darunter auch Minderjährige vor der Steinigung.
2006 engagierte Sotoudeh sich bei der Aktion „Eine Million Unterschriften“
Als Aktivistin engagierte Nasrin sich 2006 in der von Shirin Ebadi (Friedensnobelpreisträgerin 2003) initiierten Aktion „Eine Million Unterschriften“ gegen die Diskriminierung von Frauen im iranischen Rechtssystem.
Ihr Mann Reza Khandan, Journalist und Menschenrechtler, unterstützte von Anbeginn an den Kampf seiner Frau. Die beiden haben zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Die lebt seit diesem Sommer im Exil in Amsterdam.
2012 war Sotoudeh die Anwältin der „grünen Revolution“. So wurde die Protestwelle der Jugendlichen gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinejad genannt. Unter anderem verteidigte sie ihre Kollegin, die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi (die inzwischen im Londoner Exil lebt), und die Künstlerin Parastou Forouhar.
Die Anwältin war von nun an die Symbolfigur des gewaltfreien Widerstandes der Menschen gegen das iranische Gewaltregime.
Im September 2018 wurde Sotoudeh erstmals selber verhaftet. Sie kam in das berüchtigte Evin-Gefängnis, in dem man den Widerstand der Frauen nicht nur durch Folter, sondern auch durch Vergewaltigung zu brechen versucht. Der große Filmemacher Jafar Panahi, ein Freund, machte 2000 einen quasi dokumentarischen Spielfilm über die gebrochenen und ungebrochenen Frauen im Evin-Gefängnis („Der Kreis“). Auch er, der gerade erst wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde, wurde von Sotoudeh verteidigt.
Es begannen die Jahre zwischen Kanzlei und Gefängniszelle, oft in Einzelhaft. Ohne die internationale Solidarität wäre Nasrin Sotoudeh wie so viele wohl irgendwann einfach im Gefängnis verschwunden. Nur die internationale Solidarität hat sie geschützt, vor allem die aus Frankreich. Deutschland, in dem gerne für das „Recht auf das Kopftuch“ gestritten wird, vor allem von Linken, war da bisher eher zurückhaltend.
Umso bemerkenswerter, dass in diesem für den Iran so entscheidenden Moment, wo der Kampf der Menschen um Freiheit untergeht in den dramatischen Kriegen wie in Israel oder der Ukraine, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, an der Seite der Alice-Schwarzer-Stiftung Nasrin Sotoudeh ehrt. Die Stiftung ehrt damit alle Iranerinnen und Iraner, die Widerstand leisten gegen 44 Jahre Gewaltregime.
Am 5. Oktober schrieb Nasrin Sotoudeh an Alice Schwarzer: „Liebe Alice, wenn du diese E-Mail erhältst, geht alles gut.“ Will heißen: Bin ich gerade nicht im Gefängnis und lebe noch. Und sie schließt mit den Worten: „Ich hoffe, dass wir uns so bald wie möglich treffen können.“