Humor: Die Tagebücher der Eva Braun

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Auf den ersten Blick sehen die 18 Bände in dem hellblauen, verblichenen Leinen aus wie Poesiealben. Doch was drin steht, ist keine Dichtung, sondern Wahrheit. Die Wahrheit pber das stille Dulden einer Frau an der Seite eines grausamen Diktators. Diesmal muss wirklich die Geschichte neu geschrieben werden - die Geschichte der deutschen Frau!
Sicher, Eva war eine Mittäterin, aber sie war auch ein Opfer - und sie war eine Widerstandskämpferin; auf undramatische, unauffällige, bescheidene Art und Weise, wie es Frauenart ist. Die Beherztheit, mit der sie bis zuletzt an seiner Seite blieb und auch seinen Tod teilte, nötigt Respekt ab.
Die insgesamt 21 Tagebücher der Eva Braun haben einen langen Irrweg hinter sich. Bei ihrer Entdeckung wurden sie zunächst den Herren-Journalen in Hamburg angeboten. Doch diese, die mit falschen Hitler-Tagebüchern Skandal und mit echten Goebbels-Tagebüchern Auflage machten, waren an den sensationellen Dokumenten nicht interessiert - sie sind ja auch nur von einer Frau. EMMA hingegen erkannte gleich die politische Dimension der Tagebücher, die einen einmaligen Einblick in die Verstrickung von alltäglichem Sexismus und finalem Rassismus geben.
Am 22. März 1992 hielten wir hier in Köln die Tagebücher der Eva Braun erstmals in Händen. Wir gestehen: Ein Schauer überlief uns - was für ein schrecklicher, aber was für ein großer Moment! Nicht nur die Geschichte der Deutschen, die Geschichte der Frauen muss neu geschrieben werden!
In dieser Nummer beginnen wir den sechsteiligen Vorabdruck der Tagebücher. In der nächsten Folge: Warum Eva Braun sich von Hitler ein Kind wünschte. Was Hitler ihr bei der Machtübernahme ins Ohr flüsterte. Und wie Eva beinahe eine Jüdin gerettet hätte.

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25.III.43

Liebe Herta,
ach weißt du, manchmal bin ich schon traurig, dass ich nicht zwei so herzige Maderln hab wie du. Aber der Führer sagt immer: "Meine Frau ist Deutschland." Da bleibt für mich nicht viel Platz. Vielleicht bin ich ihm ja nur für das Eine gut ...? Ob es normal ist, dass ein Mann nur zwei, dreimal im Jahr will? Und dass es immer ganz dunkel sein muss und alles so schnell geht und so weh tut?
Neulich waren Gs da (Goebbels, Anm.d.Red.). Der Dr. Goebbels hat sich so komisch benommen. Beim Kaffee hat er mich dreimal gefragt: Wollen Sie den totalen Kuchen? Erst als ich am 18. Februar seine Rede im Sportpalast hörte (Wollt ihr den totalen Krieg?!), da habe ich mich gefragt: Ob er wohl mit mir am Obersalzberg geübt hat? Dabei wollte ich gar keinen Kuchen.
Gestern war der Führer nach langer Zeit mal wieder da. Sein Mundgeruch ist wieder stärker geworden, hat wohl wieder Magenschmerzen. Manchmal denke ich, es wäre auch für ihn besser, wenn er es sich einfach mit mir hier am Obersalzberg gemütlich machen würde. Neulich habe ich ihm das gesagt, da hat er mir nur ganz still über den Kopf gestrichen und gesagt: "Tschapperl, heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt."
In Eile, Deine Eva
25.VII.44
Liebes Hertalein,
erinnerst du dich, wie wir gelacht haben bei der Jause im Hochlenzer (Gasthof, Anm. d. Red.). Und wie Negus und Stasi im Königs see um die Wette geschwommen sind? Wenn ich bedenke, dass zur gleichen Zeit (am Nachmittag des 20. Juli, Anm.d.Red.) der Führer nur knapp dem Tode entronnen ist (Blondi leider auch). Wie oft habe ich gedacht, dass es so einfach wäre, den Führer umzubringen. Immer steht sein dunkler Magensaft unverschlossen neben ihm. Ein unachtsamer Moment, und schon kann da Gift drin sein ... Der Führer ist jetzt da, er schläft noch. Ich schreibe unten auf der Terrasse, um ihn nicht zu stören. Kaffee bringt uns diese Manziarly erst, wenn er aufsteht  sonst stört ihn das Fließen in der Wasserleitung. Heute nacht habe ich ihn noch um drei Uhr mit dem Expander hantieren hören, und dabei hat er gemurmelt: "Stalin, wir kommen!" Hoffentlich geht alles gut ...
Deine Eva
29.IV.45
Mein geliebtes Hertalein,
heute Nacht bin ich endlich seine Frau geworden. Jetzt heiße ich Eva Hitler. Aber ich kann mich noch gar nicht dran gewöhnen, bei der Trauung habe ich mich vor Aufregung verschrieben. Hier im Führerbunker komme ich kaum zur Ruhe. Nein, nicht wie du denkst wegen der Bomben und der anrückenden Amerikaner und Russen. Wegen Magda (Goebbels, Anm.d.Red.)! Du kannst dir nicht vorstellen, wie gemein die mit mir ist. Nach der Trauung hat sie mir noch nicht mal gratuliert und hat der Frau Christian (Hitlers Sekretärin, Anm. d. Red.) ins Ohr gezischelt: "Na, jetzt hat sie's ja endlich geschafft." Ich hab's genau gehört.

Dabei sollte die sich besser um ihre aufdringlichen, lauten Kinder kümmern. Der Führer kann kaum einen Gedanken fassen. Und Blondi hat auch noch geworfen! Negus und Stasi werden immer dünner, Blondi frisst ihnen alles weg. Und der Führer will nicht mehr Futter bewilligen, er sagt, das sei zu teuer. Ach, wie gern denk ich an den Obersalzberg zurück. Am liebsten saßen wir im Kaminzimmer. Wenn alles still war im Haus, dann hat er so manches mal meine Hand gehalten und gesagt: "Später, kleine Schnacksi, werde ich alles wieder gut machen, was ich dir im Leben angetan habe." Wir wollten uns in Linz ein Häuschen bauen. Daraus wird jetzt wohl nichts mehr, Herta.
Wie immer in Eile
Deine Eva
EMMA September 1992

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