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Iran: Die Lage eskaliert

Narges Mohammadi: In Lebensgefahr! Wie so viele, denn die Lage in Iran eskaliert! - Foto: IMAGO
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Das ist das Neueste aus Iran: Frauen, die sich weigern, sich zu verschleiern, werden in ein frisch eingerichtetes psychiatrisches Zentrum eingeliefert, sie gelten als „psychisch krank“. Der Besuch des Zentrums sei „freiwillig“, wird behauptet. Es gehe darin um „die wissenschaftliche und psychologische Behandlung von Mädchen und jungen Frauen, damit sie zukünftig eine islamische Identität anstreben“. Das Zentrum ist Teil des „Ministeriums für die Förderung der Tugend und zur Verhinderung des Lasters“, das direkt dem obersten Führer des Iran, Ali Khamenei, unterstellt ist. Seine Leiterin, Mehri Talebi Darestani, erklärte, es diene „der Förderung von Würde, Bescheidenheit, Keuschheit und dem ­Tragen des Hijab“, der Ganzkörperverschleierung.

Die Lage in Iran eskaliert. Auf der internationalen Bühne wird der Iran im Zusammenhang mit dem explosiven Israel/Hamas-Konflikt gerade wie ein rohes Ei behandelt. Was da im Inneren des Landes passiert – da guckt man jetzt lieber noch mehr weg als seit 45 Jahren. Und was da passiert, ist anscheinend dramatischer als alles bisher. Die Revolte der Frauen wird aufs Brutalste unterdrückt. Die letzten verbliebenen öffentlichen Stimmen, wie die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, ersticken im Blut; Intellektuelle und KünstlerInnen, wie Filmemacher Mohammad Rasoulof, fliehen unter Lebensgefahr ins Exil.

Iran war 1979, bei der Machtübernahme von Ayatollah Khomeini, der Ausgangspunkt des Kreuzzuges des Islamismus. Im Namen des Glaubens nimmt der politische Islam seither die muslimische Welt und Communities im Herzen der westlichen Welt in Geiselhaft und unterdrückt auch die Frauen und alle Andersdenkenden im eigenen Land. Symbol der Frauenunterdrückung war vom ersten Tag an die Verhüllung der Frauen, das Kopftuch bzw. der Hijab.

Die erste Frauengeneration in Iran, die den Schah mit vertrieben und zu Beginn große Hoffnungen auf Ayatollah Khomeini gesetzt hatte, hat sich gegen den Gottesstaat aufgelehnt und das teuer bezahlt: Ihr verrutschter Schleier wurde ihnen so manches Mal mit Nägeln in den Kopf geschlagen. Sie wurden im Gefängnis Evin gefoltert. Sie wurden heimlich ermordet oder öffentlich gesteinigt. Die zweite Generation war gelähmt vor Entsetzen. 

Die dritte Generation, die jetzt jungen Frauen, ist es nun leid! Sie wollen sich nicht länger beugen. Sie wollen sich nicht länger verschleiern. Ihre Kampfparole lautet: „Frau! Leben! Freiheit!“ Und koste es ihr Leben!

So wie im Fall der Studentin Ahoo Daryaei, die sich am 2. November 2024 aus Protest gegen die Rüge und Belästigung durch die „Sittenwächter“ wg. Kopftuch bis auf die Unterwäsche entkleidete und halbnackt in aller Ruhe über den Campus ging – bis die „Sittenwächter“ sie wegschleiften. Es hat Ahoo offensichtlich einfach gereicht. Sie konnte und wollte nicht mehr! Sie soll eine Zeitlang in der Psychiatrie gewesen und jetzt bei ihren Eltern sein. Ahoo dürfte eine der Kandidatinnen für das neue Tugend-Zentrum sein.

Werden die „Sittenwächter“ die rebellischen jungen Frauen noch einmal unsichtbar machen und unter den Schleier zwingen können? Werden sie alle Männer, die nicht fünfmal am Tag auf dem Gebetsteppich auf die Knie fallen, verjagen oder ermorden? Und vor allem werden wir, der Westen, weiterhin tatenlos zusehen?

Auch die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi schwebt in akuter Lebensgefahr. Mohammadi, Leiterin des iranischen „Menschenrechtszentrums“ und Mutter von zwei Kindern, war schon bei der Verleihung des Friedensnobelpreises vor einem Jahr im Gefängnis und wurde im Mai 2024 erneut vor Gericht gezerrt. Man verurteilte sie zu weiteren 15 Monaten Haft. Grund: Sie habe ­Propaganda gegen das islamische System betrieben, indem sie behauptet habe, die Frauen in iranischen Gefängnissen würden Opfer sexueller Gewalt.

Jetzt ist Narges Mohammadi schwer erkrankt. Ihr wurde ein Tumor am Schienbein entfernt. Die Ärzte pochten auf „drei Monate intensive Pflege“. Doch die Patientin wurde umgehend zurück in ihre Zelle in dem Foltergefängnis Evin gebracht, dessen hygie­nische Verhältnisse berüchtigt sind. Politische Gefangene sind für sie in den Hungerstreik getreten – um die Welt zu alarmieren. Gerade erreicht uns die Nachricht, dass Narges Mohammadi wegen ihres Gesundheitszustands für drei Wochen aus der Haft entlassen wird. Was wird danach mit ihr passieren? Kann das Leben der mutigen Freiheitskämpferin gerettet werden? 

 

 

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