Todesmutig gegen das Kopftuch
Die Erleichterung währte nicht lange. Am Sonntag waren die iranischen Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elaha Mohammadi aus der Haft aus dem Foltergefängnis in Evin entlassen worden – und nur einen Tag später läuft ein neues Strafverfahren gegen sie. Warum? Weil sie auch nach der Entlassung kein Kopftuch tragen.
Iranerinnen kämpfen todesmutig gegen das Kopftuch, in Deutschland wird es "verteidigt"
Beide veröffentlichten Fotos, auf denen sie die Finger zum Victory-Zeichen in die Höhe streckten, so wie tausende Frauen der Protestbewegung „Frau-Leben-Freiheit“ es seit 2022 machen.
Die beiden preisgekrönten Journalistinnen Elahe Mohammadi und Nilufar Hamedi sind wurden auf Kaution entlassen. Sie hatten trotz aller Gefahren die Umstände des Tods von Jina Mahsa Amini öffentlich gemacht und berichtet.
Sie gehen stolzen Hauptes. Sie lassen sich nicht brechen. pic.twitter.com/sqLNLVGuZB— Gilda Sahebi (@GildaSahebi) January 14, 2024
Nilufar Hamedi und Elaha Mohammadi sind nicht irgendwelche Journalistinnen. Hamedi hatte im September 2022 als erste über die damals noch im Koma liegende Kurdin Jina Mahsa Amini berichtet, der von der Sittenpolizei wegen ihres verrutschten Kopftuchs so lange auf den Kopf geschlagen wurde, bis sie ins Koma fiel. Im Krankenhaus starb sie an den Hirnblutungen. Ihr Tod hatte die jüngste Protestwelle der Iranerinnen ausgelöst. Sie gehen seither auf die Straßen - mit offenem Haar. Ihre Kopftücher verbrennen sie öffentlich.
Während in Deutschland mit Vorliebe Konvertitinnen für „das Recht auf das Kopftuch" (auch in Schulen z.B.) streiten, riskieren diese Iranerinnen ihr Leben im Kampf gegen das Kopftuch, das Symbol der Unterdrückung und Entrechtung.
Nilufar Hamedi hatte auch ein Foto der trauernden Eltern von Masha auf dem Gang des Krankenhauses veröffentlicht, das später von Medien weltweit aufgegriffen wurde. Elaha Mohammadi hatte über Aminis Beerdigung in deren Heimatstadt Saqqez berichtet. Tausende Frauen kamen zu der Beerdigung und riefen: „Frau! Leben! Freiheit!“. Und sie riefen zum Sturz der Regierung auf.
Hamedi und Mohammadi waren im Oktober wegen „Verstößen gegen die nationale Sicherheit“ und angeblicher „Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden; Hamedi zu sieben und Mohammadi zu sechs Jahren. Nach 17 Monaten Haft waren sie gegen eine Kaution von 180.000 Euro vorzeitig freigelassen worden. Ihre Freilassung wurde von den Frauen im Iran als Sieg gefeiert. Nur währte dieser Sieg nicht lang.
Und eine weitere Hiobsbotschaft folgte. Die Trägerin des Friedensnobelpreises, Narges Mohammadi, ist zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt worden. Über ihren Instagram-Account teilte die Familie von Mohammadi mit, dass sie zu weiteren 15 Monaten Gefängnis verurteilt wurde und nicht mehr politisch aktiv sein darf. Auch ihr Smartphone darf sie nicht mehr benutzen. Ihre politische Auslöschung sozusagen.
Heshmati weigerte sich, während der Auspeitschung das Kopftuch zu tragen
Dennoch bleibt der Widerstand der iranischen Frauen ungebrochen. Erst vor kurzem wurde die 33 Jahre alte Kurdin Roya Heshmati zu 74 Peitschenhieben verurteilt, weil sie kein Kopftuch trug. Auch Heshmati weigerte sich standhaft, ein Kopftuch zu tragen - selbst bei der Auspeitschung. Was für ein Mut! Und wieder verbrannten Frauen in Solidarität mit ihr Kopftücher auf den Straßen.
Die Iranerinnen riskieren ihr Leben im Kampf gegen das Kopftuch und das Regime – und sie werden damit nicht mehr aufhören.
Reaktionen der deutschen „feministischen Außenpolitik“? Fehlanzeige. Deutschland bleibt weiterhin der eifrigste Befürworter des „Rechtes“ auf das Kopftuch und ist größter Handelspartner vom Iran. Was für ein Zynismus.