Ist das dein Ernst, Amnesty?
„Women have the right to chose what to wear. It’s simple“. So lautet der Claim des neuen Kampagnen-Clips von Amnesty International. „Frauen haben das Recht zu wählen, was sie anziehen. Es ist ganz einfach.“ Ganz so einfach scheint es dann eben doch nicht zu sein. Denn so geht es weiter: „Aber warum bestehen dann so viele Regierungen darauf, Frauen vorzuschreiben, was sie anziehen sollen und was nicht?“
Wer meint, die Menschenrechtsorganisation benenne nun Länder wie Saudi-Arabien, Afghanistan oder den Iran, irrt. Vielmehr sehen wir jetzt eine Frau mit schwarzem Gesichtsschleier mit Augenschlitz - und Amnesty beklagt das „Verbot der Vollverschleierung in Frankreich und der Schweiz“.
Sodann zeigt der Clip die „Mädchen von der Revolutionsstraße“, die im Iran todesmutig dafür kämpfen, sich nicht verschleiern zu müssen. Und Amnesty fordert: „Governments stop telling women what to wear!“
That's all.
And all.#islamism Vs #feminism pic.twitter.com/N1O87BLgPU— Vincent (@Vincent_Viton) July 23, 2019
Auf Twitter hagelt es jetzt Proteste: „Hijab, jilbab, niqab... are not clothes. They are islamist flags“, erklärt Userin SJR Jaouen. („Hijab, Jilbab, Nikab… sind keine Kleidung. Sie sind die Flagge der Islamisten.“) „I am very disapointed of you amnesty. You are not fighting for freedom but for women submission“, klagt Andrea A. („Ich bin sehr enttäuscht von dir, Amnesty. Du kämpfst nicht für die Freiheit, sondern für die Unterdrückung von Frauen.“)
Und Majid Oukacha schreibt: „La propagande moyenâgeuse d'Amnesty International, qui se plaint qu'en France les femmes ne puissent pas porter de burqas, est surréaliste.“ (Die „mittelalterliche Propaganda“ von Amnesty, „die sich darüber beklagt, dass Frauen in Frankreich keine Burka tragen dürfen, ist surreal.“)
I quit following you @amnesty
Women die fighting for the freedom that you deny supporting the salafist values #Hijab has nothing to do with islam but with women submission
Shame on you #amnesty !— Andrea A 🇫🇷🇺🇾 ☮️🕊🐞 (@andreaaarch) July 23, 2019
Der ganz und gar reale Hintergrund der Aktion: Amnesty International geht nicht zum ersten Mal auf Kuschelkurs mit dem Scharia-Islam. Bereits 2010 hatte die damalige Leiterin der „Gender Unit“ von Amnesty, Gita Sahgal, schwere Vorwürfe gegen ihre eigene Organisation erhoben. Damals hatte AI für ihre Kampagne für die Schließung von Guantanamo ausgerechnet Moazzam Begg als Aushängeschild ausgewählt, einen bekennenden Anhänger der Taliban. „Mit Englands größtem Unterstützer der Taliban gemeinsam auf der Bühne zu stehen, ist ein großer Fehler“, erklärte Gita Sahgal. Kurz darauf wurde sie wegen „unüberbrückbarer Differenzen“ entlassen.
In Algerien wurden gleich drei ai-Mitglieder von ihren Posten entbunden, weil sie ebenfalls darüber geklagt hatten, dass die Menschenrechts-Organisation die Menschenrechtsverletzungen durch Islamisten nicht ernst nehme. In dem Land hatte der in den 1990er Jahren von den „Gotteskriegern“ angezettelte Bürgerkrieg über 200.000 Menschen das Leben gekostet.
Und jetzt also der Kampagnen-Clip, in dem islamistische Regime mit ihrem Verschleierungszwang in einem Atemzug angeklagt werden mit Demokratien, die mit ihren Verboten der demonstrativen Vollverschleierung den Kampf gegen den frauenfeindlichen Fundamentalismus aufgenommen haben. Gut, dass so viele Menschen diesen perfiden Trick durchschauen.
In der aktuellen Zeit schreibt Alice Schwarzer über genau dieses Probelm: Die Verwechslung von Islam, dem Glauben, und Islamismus, der Ideologie – und die für die Islamisten zentrale Funktion der Verschleierung.