Maas und Jolie gegen sexuelle Gewalt
Angelina Jolie lässt nicht locker. Diesmal hat sich die UNHCR-Sonderbotschafterin mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas zusammengetan - für ihren inzwischen jahrelangen Kampf gegen sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe. „Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt werden als Kriegs- und Terrortaktik weltweit genutzt. Diese Straffreiheit hat verheerende Konsequenzen", heißt es in ihrem gemeinsamen Gastbeitrag in der Washington Post.
Die Bundesregierung hat seit dem 1. April erstmals seit fast sieben Jahren für einen Monat den Vorsitz im mächtigsten UN-Gremium - und hat das Vorgehen gegen sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten zu einem der Schwerpunkte im UN-Sicherheitsrat gemacht. Ziel: eine UN-Resolution gegen sexuelle Gewalt in Krisengebieten.
Schon zuvor hatten Maas und Jolie mit Überlebenden aus Ländern wie Irak, Bosnien und Sierra Leone gesprochen. Die hätten sie eindringlich gebeten, gegen den Mangel an strafrechtlicher Verfolgung zu kämpfen, der dazu führt, dass sexuelle Gewalt in Kriegs- und Krisengebieten weiterhin grassiert. Ohne dass die Täter je zur Rechenschaft gezogen werden.
Dabei ist es inzwischen schon über 40 Jahre her, dass die US-Feministin Susan Brownmiller diese Kriegs-Strategie in ihrem wegweisenden Buch „Gegen unseren Willen“ analysiert hat; als wesentlichen Bestandteil der Demoralisierung und Erniedrigung der Gegner in Kriegszeiten. Im Juni 2008 haben die Vereinten Nationen dann die Resolution 1820 verabschiedet. Darin erklärten sie „Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt“ zum „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Getan hat sich seither: zu wenig.
Niemand weiß das so gut wie der Arzt und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege, der eine Klinik für traumatisierte Frauen im Kongo betreibt. Er behandelt inzwischen drei Generationen vergewaltigter Frauen: Mutter, Tochter und Enkel im Kleinkindalter. Mukwege wird heute auf einer Sondersitzung im UN-Sicherheitsrat unter dem Vorsitz Deutschlands sprechen, auf der es um konkrete Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten gehen soll. Neben Mukwege spricht auch die Jesidin Nadia Murad, die monatelang von IS-Kämpfern festgehalten und vergewaltigt wurde. Für den Mut, von diesem Grauen öffentlich zu berichten, ist sie im vergangenen Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden. Die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney wird ebenso erwartet.
Maas und Jolie plädieren für drei Schritte, um sexueller Gewalt in Krisengebieten zu begegnen. Zunächst müsse eine Verbesserung der Ermittlungsmöglichkeiten für diese Straftaten erreicht werden, schreiben sie. Um Täter zur Verantwortung zu ziehen, wollen sie Mechanismen zur Beweisfindung stärken. Ein entscheidender Schritt sei es zudem, eine konsequente Strafverfolgung herzustellen. Schließlich soll die Unterstützung von Opfern stärker in den Fokus rücken, indem diese vollen Zugang zu Justiz sowie finanzieller und emotionaler Unterstützung erhalten. Das schließe auch Männer ein, die Opfer sexueller Gewalt geworden seien sowie Kinder von Vergewaltigungsopfern.
Vergleichbare Forderungen hatte Jolie schon vor fünf Jahren zusammen mit dem früheren britischen Außenminister William Hague aufgestellt. 146 Seiten lang war das gemeinsame Protokoll, das Richtlinien festlegt, wie Mitarbeiter von internationalen Organisationen in Kriegs- und Konfliktgebieten sexuelle Gewalt erkennen, dokumentieren, analysieren und bekämpfen können.
„Es herrscht dringender Handlungsbedarf!“ schreiben Jolie und Maas in der Washington Post. So ist es.