Olympia: Katharina fliegt zum Sieg!
Sie hat eiserne Nerven bewiesen. Sturmböen, minus 15 Grad und die Frage: Kann sie starten und wenn ja, wann? Doch schließlich wurde die Sprungschanze trotz grimmiger Witterung freigegeben und Katharina Althaus sprang: 106,5 Meter! Silber für Deutschland!
"Die Wucht des Aufpralls zerstört die Gebärmutter!"
Natürlich sind die beiden Goldmedaillen von Biathletin Laura Dahlmeier auf den ersten Blick die spektakuläreren Siege bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang. Aber der Erfolg der deutschen Skispringerinnen ist deshalb ein so besonderer, weil es sie, wenn es nach dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gegangen wäre, eigentlich gar nicht geben dürfte: die Skispringerinnen. Jahrzehntelang hatte der IOC-Herrenclub, sekundiert vom Internationalen Skiverband (FIS), verhindert, dass Frauen bei internationalen Wettbewerben auf die Schanzen dürfen. Die Begründungen waren abenteuerlich.
“Die Wucht des Aufpralls zerstört die Gebärmutter”, hatte allen Ernstes FIS-Präsident Gian-Franco Kasper behauptet. Und der deutsche Ski-Verbandsfunktionär Helmut Weinbuch hatte vor Sport-Journalisten mit einem Stuhl-Sprung demonstriert, wie die “anders gekrümmte Wirbelsäule der Frau” beim Skispringen Schaden nähme.
Aber alle altväterliche Sorge half nichts. Die Frauen sprangen, und zwar gern und weit. Und sie protestierten gegen ihren Ausschluss, unterstützt von Vätern, die das Talent ihrer Töchter nicht verkümmern sehen wollten. 1999 kündigte EMMA den “fliegenden Girls eine verheißungsvolle Zukunft” an. Das stimmte zwar, aber die Prognose, dass das “Frauen-Skispringen schon 2002 in Salt Lake City olympisch werden soll”, erwies sich als arg optimistisch. Noch 15 Jahre sollte es dauern, bis die ersten Skispringerinnen bei Olympia starteten: 2014 in Sotschi.
Doch das IOC hatte die Frauen nicht ganz freiwillig auf die Schanze gelassen. 15 Skispringerinnen hatten dafür geklagt, bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver starten zu dürfen. Zwar wies das Oberste Gericht von British Columbia die Klage ab, weil allein das IOC zuständig sei. Aber die Sache war für den “rückständigen Herrenclub” (Die Zeit) so peinlich, dass mann sich entschied, dass 2014 in Sotschi die Zeit für die Skispringerinnen gekommen sei.
Und dann erst die “anders gekrümmte Wirbelsäule".
Prompt holte die deutsche Skispringerin Carina Vogt die Goldmedaille. Und jetzt Katharina Althaus. Die 21-jährige Oberstdorferin behielt trotz der widrigen Bedingungen ruhiges Blut, bis sie um 22 Uhr Ortszeit endlich springen durfte. Schon mit sechs Jahren wollte Katharina nichts lieber als es ihren beiden großen Brüdern nachtun. Mit 17 startete sie in Sotschi, für Pyeongchang trainierte die Weltcup-Zweite mit den Männern. Als sie ihren 106-Meter-Sprung geschafft hatte, sagte sie nur ein Wort: “Unglaublich!”
Das finden die IOC-Herren wahrscheinlich auch. Den Gebärmüttern von Katharina Althaus und Carina Vogt geht es dem Vernehmen nach übrigens gut.