Kinderbetreuung: LeserInnen-Forum:
Über Kinderbetreuung in Leipzig und das richtige Signal
Ich bin 36 Jahre alt und lebe in Leipzig. Mit meiner Schwester wuchs ich in der DDR bei meiner alleinerziehenden und immer berufstätigen Mutter auf. Meine Mutter brachte mir bei, dass Frauen ihr eigenes Leben leben und ihr eigenes Geld verdienen müssen.
1997 wurde meine Tochter in das vereinte Deutschland geboren und ich hielt es damals auch für normal, Kinder zu haben und den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Mein Partner und Vater unsere Tochter war nicht bereit, Erziehungszeit zu nehmen (Obwohl ich mehr verdiente als er!) Doch als unsere Tochter 1997 geboren wurde, hätte ich sie sofort nach dem Mutterschutz in eine Kinderkrippe meiner Wahl geben können. Da gab es vier Einrichtungen in unserer Nähe. Ich blieb dennoch 18 Monate zu Hause und bin im Nachhinein sehr froh darüber, dass ich diese Zeit mit meiner Tochter hatte.
Mit 18 Monaten gab ich Nina von 7.30 bis 16 Uhr montags bis freitags in die Kinderkrippe und später dann in den Kindergarten. Für den Krippenplatz bezahlten wir ohne Essen 150 Euro, für den Kindergartenplatz 91,20 Euro im Monat.
In diesem Jahr kam unsere Tochter in die Schule, hervorragend vorbereitet durch den Kindergarten. Es ist ganz normal, dass sie auch dort ihr Mittagessen bekommt und von 7 bis 17 Uhr im Hort für 50 Euro im Monat betreut wird (auch in den Ferien).
Seit 1998 bin ich ständige Leserin der EMMA. Ich konnte lange Zeit die Warnungen von euch an die Ostfrauen in diversen Artikeln nicht verstehen, dass wir ohne Kampf die ostdeutschen „Errungenschaften“ der Emanzipation verlieren würden. In meiner Naivität dachte ich, das Niveau der Kinderbetreuung und Berufstätigkeit von Frauen im Osten Deutschlands wird in kürzester Zeit die Regel in ganz Deutschland sein. Ich musste nun einsehen, wie recht Ihr habt
Seit 2000 las ich verstärkt in den sächsischen Zeitungen, dass die Ausgaben für Kinderbetreuung immer weiter gekürzt werden. Das ging soweit, dass die Stadt Dresden allen Eltern die Verträge für die Betreuung in Kinderkrippen kündigte, es sollten nur die Eltern neue Verträge bekommen, die Arbeit haben (dieser Plan wurde aber gekippt). 2002 zogen wir um. Zu diesem Zeitpunkt war nicht mehr daran zu denken, einen Kindergartenplatz in Wohnortnähe zu bekommen, und Krippenplätze sind so rar, dass man sich dafür schon schwanger anmelden muss. Dennoch kam ich relativ problemlos zu einem Kindergartenplatz auf dem Weg zur Arbeitstelle.
Die Situation ist derzeit in Leipzig so: Für jedes Kind gibt es eine Betreuungsmöglichkeit, auch kurzfristig, wenn auch möglicherweise am anderen Ende der Stadt. Im Oktober machte die Stadt Leipzig den Vorstoß, weiter an der Kinderbetreuung zu sparen und Kitas und Horte zu schließen. Wir haben uns gewehrt. Erfolgreich. Seit dem 24. November sind diese Pläne wieder vom Tisch, PolitikerInnen sei Dank! Im Gegenteil – die Stadt Leipzig plant 2004 rund 2000 weitere Kitaplätze zu schaffen und dafür 4,3 Millionen Euro mehr auszugeben! Vielleicht hat das ja was mit der Olympiabewerbung zu tun – aber egal weshalb, es ist das richtige Signal!
Ich bin jedes Mal schockiert, lese ich über die nahezu aussichtslose Suche nach Kinderbetreuung jenseits der Elbe. Und dazu, wie teuer ein Platz im Westen ist! Hochachtung für die Frauen, die trotzdem Kinder bekommen. Ich hätte wahrscheinlich kein Kind bekommen, wenn das bedeutet hätte, nicht mehr arbeiten zu können.
Ihr Westfrauen, die ihr arbeiten wollt und Kinder haben, lasst euch das nicht gefallen! Geht zu euren Stadtvätern und -müttern und haltet ihnen vor, wie das im Osten Deutschlands gemacht wird. Seid neidisch auf uns und fordert das selbe Recht für euch und eure Kinder!