Knesset beschließt Freierbestrafung!

Aliza Lavie (mi) und Mitstreiterinnen. Foto: www.alizalavie.com
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„Überglücklich“ sei sie, erklärte Aliza Lavie, dass „Israel sich endlich der Riege der Länder angeschlossen hat, die klarmachen: Prostitution ist unakzeptabel und hat desaströse Konsequenzen!“ Und sie kündigte an: „Das Gesetz wird dazu beitragen, die Nachfrage zu reduzieren, denn sie ist es, die diese ganze Industrie antreibt.

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"Das Gesetz wird dazu beitragen, die Nachfrage zu reduzieren"

Ohne eine einzige Gegenstimme hatte die Knesset noch am letzten Tag des alten Jahres beschlossen: Künftig soll das sogenannte Nordische Modell auch in Israel gelten. Das heißt: Wer einen anderen Menschen für Sex bezahlt, wird mit einer Geldbuße von umgerechnet 450 Euro bestraft. Bei Wiederholung verdoppelt sich die Strafe, in bestimmten Fällen kann die Staatsanwaltschaft auch Anklage erheben.

Zehn Jahre lang hatte Aliza Lavie, Abgeordnete der liberalen Yesh Atid, unermüdlich für das Gesetz gekämpft und immer mehr Verbündete gewonnen. Schließlich hatte im Juli 2017 ein überparteiliches Bündnis dem Parlament zwei Gesetzentwürfe vorgelegt – einen für die Freierbestrafung, einen für Ausstiegsprogramme. Damit wollten die Abgeordneten Justizministerin Ayelet Shaked zum Handeln zwingen.

Die Ministerin sympathisierte zwar selbst mit dem Nordischen Modell, das Prostitution als Verstoß gegen die Menschenwürde definiert, ließ sich aber Zeit mit einem Gesetzentwurf. Doch immerhin gab sie eine Untersuchung in Auftrag. Ein Ergebnis: Drei von vier Prostituierten gaben an, aus „finanzieller Not“ in die Prostitution geraten zu sein. Ebenso viele wollten aussteigen, wenn sie denn könnten.

„So lange Prostitution nicht kriminalisiert ist, signalisieren wir unseren Kindern, dass sie okay ist“, erklärte Justizministerin Shaked. Sie gründete das „Committee to Reduce Prostitution“, in dem neben dem Justizministerium auch das Ministerium für öffentliche Sicherheit sowie das Bildungs- und Sozialministerium beteiligt waren, und legte schließlich einen eigenen Gesetzentwurf vor. Die Knesset verabschiedete ihn einstimmig.

„Nach jahrelangem Kampf haben wir eine seltene Übereinstimmung zwischen Knesset-Abgeordneten aller Fraktionen, der Regierung und der Zivilgesellschaft erreicht“, erklärt Aliza Lavie. Mindestens ebenso wichtig wie die Bestrafung der Sexkäufer ist der Politikerin die Unterstützung jener, die Opfer der sogenannten „Sexindustrie“ geworden sind.

"Aber bevor wir feiern, haben wir einen langen Weg vor uns."

Das Gesetz wird erst in 18 Monaten in Kraft treten, denn bis dahin sollen Ausstiegsprogramme aufgebaut werden, „damit sich die Frauen und Mädchen eine neue Existenz aufbauen können“. Lavie: „Ich will sicherstellen, dass das Gesetz in seiner Gesamtheit funktioniert und die Rehabilitation, Sicherheit und Gesundheit all jener schützt, die in der Prostitution zu Schaden gekommen sind.“

Außerdem wollen die Abgeordnete und ihre Mitstreiterinnen Präventionsprogramme entwickeln, um „schon von einem frühen Alter an ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen“. Lavie, Kommunikationswissenschaftlerin und Mutter von vier Kindern, erklärt: „Bevor wir das Gesetz feiern, haben wir noch einen langen Weg vor uns.“

Nicht so lang wie der Weg, den Deutschland noch vor sich hat. Schweden, Norwegen, Island, Irland, Nordirland, Schottland, Frankreich und Kanada sind ihn schon erfolgreich gegangen.

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Knesset für Freierbestrafung!

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Es war ein „historischer Moment“, sagt die Knesset-Abgeordnete Aliza Lavie. Denn es passiert selten, dass sich im israelischen Parlament die Parteien einig sind – oft trennen sie bekanntlich Welten. In dieser Frage jedoch stimmten alle anwesenden 74 Abgeordneten dafür: Männer, die Frauen kaufen, sollen künftig bestraft werden! Und: Frauen und Männer in der Prostitution sollen beim Ausstieg aktiv unterstützt werden.

Eine Überraschung war die Entscheidung der Knesset in erster Lesung nicht. Denn die beiden Gesetzentwürfe – der eine für die Freierbestrafung, der andere für die Ausstiegsprogramme – wurden von einer parteiübergreifenden Politikerinnen-Allianz aus Regierungsparteien und Opposition eingebracht: von Aliza Lavie (Foto Mitte) von der liberalen Yesh Atid, Zehava Ga-Lon von der linken Meretz und Shuli Moalem-Refaeli von der nationalreligiösen  Habayit Hayehudi. Und schon im Vorfeld hatten 71 Abgeordnete (von 120) ihre Zustimmung erklärt.

Menschenhandel und das Betreiben von Bordellen ist in Israel schon heute strafbar. Seit zehn Jahren kämpfen Politikerinnen darum, das so genannte Nordische Modell auch in Israel einzuführen. Seit Schweden 1999 als erstes Land der Welt Prostitution als Verstoß gegen die Menschenwürde verurteilt und das so ­genannte „Sexkaufverbot“ eingeführt hatte, folgten immer mehr Länder diesem Beispiel: In Norwegen, Island, Irland, Nord­irland, Frankreich und Kanada macht sich heute strafbar, wer einen Menschen für Sex kauft. Die Prostituierten selbst wurden immer gleichzeitig entkriminalisiert.

So soll es in absehbarer Zeit auch in ­Israel sein. Vor einigen Monaten hatte Justizministerin Ayelet Shaked (Foto) eine Untersuchung zum Thema in Auftrag ­gegeben. Die Ministerin will die Ergebnisse demnächst präsentieren. Sie ist eine ­absolute Befürworterin der Freierbestrafung und erklärte: „Solange Prostitution nicht kriminalisiert ist, signalisieren wir unseren Kindern, dass sie okay ist.“

Ministerin Shaked wird auch selbst einen Gesetzentwurf einbringen. Inhaltliche Differenzen scheint es zwar keine zu geben. „Aber als Regierung bevorzugen wir ein Gesetz, das von der Regierung kommt“, erklärte die Justizministerin. Vermutlich wollten die drei Abgeordneten – Lavie, Ga-Lon und Moalem-Refaeli – mit ihren so genannten „Private Bills“, also den von ihnen eingebrachten Entwürfen, aufs Tempo drücken. Das hat funktioniert. Ministerin Shaked hat versprochen zu handeln.

„Das Gesetz wird dazu beitragen, die Nachfrage zu reduzieren, denn sie ist es, die diese ganze Industrie antreibt“, erklärte Aliza Lavie, die auch Sprecherin des Knesset-Komitees zur Bekämpfung von Menschenhandel und Prostitution ist. „Es wird außerdem helfen, die vielen Frauen und Männer, die aus der Prostitution aussteigen wollen oder ausgestiegen sind, wieder in die Gesellschaft zu integrieren.“ Geht es nach Lavies Entwurf, sollen Freier entweder eine Geldstrafe erhalten oder zum Besuch eines Kurses auf der so genannten „John’s School“ verdonnert werden (John = der englische Slang-Ausdruck für Freier).

Dass Israel die Freierbestrafung einführen wird, steht also außer Frage. „Die Unterstützung für das Gesetz aus Politik und Zivilgesellschaft ist beispiellos“, sagt Aliza Lavie. „Ich bin sicher, dass Israel spätestens im nächsten Jahr der Riege fortschritt­licher Staaten folgt.“
Bleibt also nur eine Frage: Wann folgt Deutschland?

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