Leserinnenbrief:0 Wie tief kann frau
Bis vor einigen Monaten war auch ich begeisterte EMMA-Leserin und schon als ich meine Abo-Kündigung schreiben musste, weil mein Hartz IV mir als alleinerziehende Mutter (ich habe eine zwölfjährige Tochter) diese Ausgaben nicht mehr erlaubte, hatte ich kurz den Gedanken: Vielleicht sollte ich meine erlebte Geschichte mal an die EMMA-Redaktion schicken? "Wie tief kann frau fallen und alle schauen zu", könnte ich sie überschreiben.
Als ich nun im Dezember 2008 aufgrund einer chronischen Krankheit bei Hartz IV rausgeschmissen wurde und das Sozialamt anlaufen musste, um für Januar 2009 Grundsicherung zu beantragen, da bat ich den vor mir sitzenden "Sozial-Gott" mir zu erklären, warum man mir ab Januar 2009 zehn Euro Hartz IV weniger zahlen wollte? Dieser entgegnete mir in seiner selbstherrlichen Art: "Das ist doch ganz klar! Sie wissen doch wohl, dass ab Januar 2009 das Kindergeld um zehn Euro erhöht wurde. Und die werden ihnen vom Hartz IV wieder abgezogen …" (und ein arrogantes Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit).
Ich hatte nur Bruchteile von Sekunden Zeit mich zu entscheiden, in welche Richtung meine Wut sich nun entladen sollte. Entweder steche ich jetzt mit dem Brieföffner auf diesen Beamten ein oder ich breche in Tränen aus. Gott sei Dank hatte ich Tränen … und konnte das Amt fluchtartig verlassen.
Wieso ist das für diesen Mann ganz klar?, hämmerte es in meinem Kopf, der weiß doch gar nicht, wie das ist, wenn frau alleinerziehend ist und sich auf diese zehn Euro mehr im Monat richtig echt freut.
Kann das Frau von der Leyen so gewollt haben? Ging es ihr wirklich nur um politische Furore? Weiß sie überhaupt davon, dass einer "Hartz-IV-Frau" diese Kindergelderhöhung von ihrem verdammt wenigen Geld wieder abgezogen wird? Hat sie die Freibetrags-Klausel einfach nur vergessen? Das Kind wird mit zehn Euro "belohnt" und die Mutter, die das Kind versorgt und erzieht, wird mit zehn Euro Abzug "bestraft"? Das ist für mich Betrug und Verrat an der Frau und Mutter.
Ich fühle mich in meiner Menschenwürde tief verletzt und frage mich, ob das nicht auch verfassungswidrig ist. Ebenso wie gerade vom Bundessozialgericht entschieden wurde, dass der Regelsatz für Kinder bei Hartz IV verfassungswidrig sei. Oder die "Verarmungs-Scheidungen" nach dem neuen Scheidungsgesetz: Ich werde zurzeit vom Sozialamt gezwungen, meinen Unterhalt einzuklagen, und mit Briefen des gegnerischen Anwalts bombardiert, "Stalking" in schriftlicher Form, offiziell legitimiert, mit dem die Rechtsanwälte sich dann auch noch ihren dicken Porsche verdienen können.
Ich denke dabei an all die Frauen, die ähnlichen Behörden-Psycho-Terror erlebt haben und auch in diesem System an ihre absoluten Grenzen gestoßen sind.
Andrea H., 47, ein Kind, geschieden, Montessori-Pädagogin
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