LUFTNUMMER: Frauenministerin verhindert
Meint sie das wirklich ernst? Dass sich die deutschen Großunternehmen jetzt zu mehr Frauen in Führungspositionen bekennen würden, „ist der beste Beweis, dass meine Idee funktioniert“. Sagt Frauenministerin Kristina Schröder und meint ihre „Flexi-Quote“, also eine Quote, die die Unternehmen selbst festlegen dürfen. Wie fast alles, was aus dem Hause Schröder kommt, ist auch diese Idee erstaunlich.
Und so war es keine Überraschung, dass sich die DAX-Unternehmen, die soeben ihre Pläne zur Förderung von Frauen in Führungspositionen kundtaten, mit einer Luftnummer aus der Affäre zogen. So möchte Thyssen-Krupp seinen Frauenanteil bei „leitenden außertariflichen Mitarbeitern“ von 7,6 Prozent bis 2020 auf 15 Prozent erhöhen, genau wie BMW oder BASF. Volkswagen will in der „oberen Führungsebene“ auf elf Prozent kommen, Fresenius gibt gar kein Ziel an.
Halten die Konzerne ihre selbst formulierten Zielvorgaben nicht ein, droht ihnen laut Schröder’schem Gesetzentwurf ein Bußgeld von 25.000 Euro, das sie aus der Portokasse zahlen. Dabei hätte alles so schön sein können, wenn Ursula von der Leyen freie Hand gehabt hätte.
Anfang des Jahres hatte die Arbeitsministerin den Job der Frauenministerin gemacht und das Thema gesetzlich verordnete Quote in DAX-Konzernen auf die politische Tagesordnung gebracht. Schließlich sei Deutschland Schlusslicht bei Frauen in Führungspositionen, ein Fortschritt sei nicht zu sehen. Und ohne ein Quoten-Gesetz bewegten sich die Konzerne offenbar auch nicht.
Prompt fuhr ihr die Frauenministerin in die Parade und erklärte: Eine gesetzlich festgelegte Quote sei mit ihr nicht zu machen. Die Situation sei in jedem Unternehmen nun einmal verschieden, da könne man keine starren Vorgaben machen. Im ersten Punkt hat Ministerin Schröder durchaus Recht. Interessanterweise haben nämlich ausgerechnet die Konzerne mit vielen Frauen in der Belegschaft die wenigsten Frauen in Führungspositionen.
Die Metro-Gruppe zum Beispiel beschäftigt zwei Drittel Frauen, aber nur jede sechste Führungskraft ist weiblich. Ähnlich verhält es sich bei der Deutschen Post. Bei Daimler hingegen entspricht der Anteil der Frauen an der Belegschaft nahezu dem der Frauen im Management. Es geht also. Wenn mann will.
Frauenministerin Schröder ließ also in ihrem Hause einen Gesetzentwurf über eine „Flexi-Quote“ entwickeln - und kam mit dieser weichgespülten Variante den Unternehmen entgegen. Dass sie die unverbindlichen Erklärungen der Konzerne, die diese heute abgaben, als ihr Verdienst verbucht, gehört zu den erstaunlichen Dingen, die gemeinhin aus dem Hause Schröder verlautbart werden.
Denn schließlich geht die Drohkulisse, die die DAX-Unternehmen zu ihren minimalen Zugeständnissen bewegt hat, auf das Konto von Kollegin von der Leyen. Hätte die nicht das Damoklesschwert eines Quoten-Gesetzes aufgehängt, hätte es die Erklärung der Unternehmen überhaupt nicht gegeben.
Und so kamen die klaren Worte, die man eigentlich von der Frauenministerin erwartet hätte, denn auch aus dem Munde der Arbeitsministerin und Ex-Frauenministerin. Eine Quote von 3,7 Prozent in den Vorständen der Großkonzerne sei schlicht „unterirdisch“, erklärte Ursula von der Leyen. Und im Gegensatz zu Kristina Schröder hinterfragte von der Leyen auch die Verlautbarungen der Konzerne, die sich nicht wirklich klar dazu äußerten, was genau sie unter „Führungspositionen“ eigentlich verstehen. „Da werden Äpfel mit Birnen und Mandarinen verglichen“, kritisierte die Arbeitsministerin.
„Was wir hier in den vergangenen Monaten erlebt haben, ist mehr als alles, was in zehn Jahren passiert ist“, schwärmte hingegen die Frauenministerin. Mag sein. Aber ihr Verdienst ist das nicht. Im Gegenteil: Mit ihrer „Flexi-Quote“ hat Kristina Schröder eine effiziente Lösung effizient verhindert..
EMMAonline, 17.10.2011
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