Männer für AfD - Frauen gefühlvoll

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Normalerweise obliegt es EMMA, am Tag nach der Wahl über das unterschiedliche Verhalten von Wählerinnen und Wählern zu berichten. Obwohl der Gender Gap oft beachtlich breit ist, herrscht darüber normalerweise Schweigen.  

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Das war diesmal anders, zumindest in Bezug auf die AfD. Denn da ist der Gender Gap so enorm, dass selbst Jörg Schönenborn & KollegInnen nicht umhin kamen, ihn zu erwähnen: Er liegt bei bis zu zehn Prozent. Nimmt man die Altersgruppen hinzu, sogar bei bis zu 18 Prozent.

So wählte in Sachsen-Anhalt jeder dritte junge Mann zwischen 18 und 31 Jahren die Rechtspopulisten, aber nur jede zwölfte ältere Frau ab 60 Jahren. Grundsätzlich gilt: In Sachsen-Anhalt ist die AfD bei den Männern mit rund 30 Prozent stärkste Partei, danach folgt mit großem Abstand die CDU. Allerdings gilt das auch für die jungen Frauen. Bei den 18- bis 29-jährigen Wählerinnen machte fast jede dritte (27 %) ihr Kreuz bei Frauke Petrys Partei. Bei den Wählerinnen über 30 ist die CDU ganz klar stärkste Kraft.

In Sachsen-Anhalt ist die
Afd bei Männern stärkste Partei

Der Trend der letzten Jahre – die Kanzlerinnen-Partei läuft der SPD bei den Frauen den Rang ab – war in Rheinland-Pfalz außer Kraft gesetzt. Denn da kandidierten zwei Frauen. Und obwohl Julia Klöckner stark auf klare Kante gegenüber frauenfeindlichen Islam-Strömungen gesetzt hatte, wählten die Rheinland-Pfälzerinnen aller Altersgruppen die diesbezüglich eher zurückhaltende Malu Dreyer. Die Sozialdemokratin war – ebenfalls ungewöhnlich – auch bei den Männern stärkste Kraft. Ist das dem arg strapazierten Image der „herzenswarmen Landesmutter“ (FAZ) zu verdanken – gegen die eher selbstbewusst und sachlich auftretende Klöckner?

Nicht ganz so überraschend ist die Tatsache, dass der grüne Landesvater Winfried Kretschmann von erheblich mehr Baden-Württembergerinnen gewählt wurde als von Baden-Württembergern. Kretschmanns Grüne sind bei den Frauen aller Altersgruppen stärkste Partei. Außer in seiner eigenen. Die Frauen über 60 bevorzugten wie gehabt die CDU.

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Alice Schwarzer schreibt

Der AfD-Sieg ist keine Überraschung…

© imago
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Am gestrigen Wahlabend fiel, auch bei den Differenzierteren, immer wieder ein Satz: „Jetzt müssen wir Demokraten zusammenrücken.“ Wer ist „wir“? Sind die etablierten Parteien die Demokraten und die AfD ist das nicht? Aber dann hätte sie gar nicht zur Wahl antreten dürfen, denn das können in Deutschland nur demokratische Parteien.

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Es ist diese vereinfachende Einteilung in Gut & Böse, die das aktuelle politische Klima so vergiftet. Das Schüren der Paranoia wird zurecht der AfD vorgeworfen – aber nun machen es die etablierten Parteien mit der unbequemen Konkurrenz nicht anders. Und genau das ist es, was die Menschen in die Arme der AfD treibt. Parteichefin Frauke Petry (Foto) triumphiert.

Das Problem
ist der
Gegensatz
Gut oder Böse

Bisher gab es Deutschland rechts von der konservativen Mitte keine ernstzunehmende politische Kraft. Zu nachhaltig war der Schock der Nazizeit. Nie wieder! So kam es, dass zwar unsere Nachbarländer – wie Frankreich, die Niederlande oder Dänemark – schon seit Jahren starke rechtspopulistische Parteien haben, Deutschland bisher jedoch davon verschont geblieben ist. Das ist nun, 71 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus, vorbei. 

Es sind nicht die Ewiggestrigen, es sind die Jungen, die die AfD wählen. So haben 29 Prozent der 25-34-Jährigen in Sachsen-Anhalt die AfD gewählt, aber nur 18 Prozent der über 60-Jährigen.

Und  ja, es sind wie immer mehr Männer als Frauen, die rechts wählen. In Sachsen-Anhalt waren es bei 24 Prozent gesamt 29 Prozent Männer, aber nur 19 Prozent Frauen. Doch auch das könnte sich ändern. Denn das Hauptmotiv der Menschen, die AfD zu wählen, ist die Angst. Und das zentrale Angst-Thema der AfD ist nicht etwa zum Beispiel Armut, sondern ist „der Islam“ – und der betrifft die Frauen besonders.

Da rächt sich, dass in all diesen Ländern alle Parteien – von links bis konservativ – seit über einem Vierteljahrhundert das Problem ignoriert haben. Politik wie Medien haben bisher im Guten wie im Bösen nur selten eine Unterscheidung gemacht zwischen dem Islam als Glauben und dem Islamismus als politische Strategie; keine Unterscheidung zwischen der Mehrheit der demokratischen Muslime und der, dank Agitation, steigenden Minderheit der Scharia-Muslime auch mitten unter uns. Dabei sind eigentlich nur die es, die Probleme machen. Doch statt die agitierenden Islamisten zu bekämpfen, wurden sie beharrlich ignoriert oder verharmlost. So haben die jetzt angeschlagenen Parteien den Vereinfachern von AfD das Feld überlassen – und die Menschen im Stich gelassen (nicht zuletzt die nichtradikalen Muslime). 

In allen westeuropäischen Ländern, in denen die Rechtspopulisten erstarken – und das tun sie quasi überall – ist „der Islam“ ihr zentrales Thema. Es sind die Parallelgesellschaften, mit ihren verschleierten Töchtern; es ist die Offensive des Scharia-Islams, von der Abschaffung der Nikolaus-Feier im Kindergarten bis hin zu Akzeptanz der Burka; es sind die weltweit mordenden Gotteskrieger, die den Menschen Angst machen. Verständlicherweise.

Flüchtlings-Problem? Die Silvesternacht, in der der zentralste Platz einer deutschen Millionenstadt zehn Stunden lang ein rechtsfreier Raum war, hat die Willkommenskultur dann zum Kippen gebracht. Und seither wird noch nicht einmal differenziert, dass unter den 83 heute Beschuldigten dieser Nacht nur drei echte Flüchtlinge, nämlich Syrer, sind – jedoch 33 Marokkaner und 29 Algerier, die angereist waren, woher auch immer (vielleicht sogar aus Belgien und Frankreich). 

In Europa
herrscht die 
Angst vor
"dem Islam"

Eine fatale Rolle hat es auch gespielt, dass die Gewaltnacht von Köln zunächst von der Polizei verschwiegen und von der Politik verharmlost worden war. Das entsprach exakt dem Misstrauen und den Befürchtungen, die heute nicht nur Rechte, sondern auch ganz normale BürgerInnen in die Arme der AfD treiben: Man verheimlicht uns was! Die Politik nimmt uns nicht ernst! Lügenpresse! So ergab eine aktuelle Stern-Umfrage: 47 Prozent aller Deutschen glaubt, dass „man bei uns nicht alles sagen darf, weil man sonst Nachteile erleiden könnte“ – und bei den AfD-Anhängern sind sogar 83 Prozent davon überzeugt.

Ja, es gibt bei der AfD Rechtsradikale wie Höcke & Co. Aber noch sind sie in der Minderheit. Die Deutschen sollten endlich lernen, zwischen rechts und rechtsradikal zu unterscheiden. Und die selbstgerechten Demokraten der etablierten Parteien sollten nicht länger versuchen, sich die Konkurrenz vom Hals zu halten, sondern sich auseinandersetzen mit den Protest-Demokraten der AfD. Diese Anderen müssen eingeklagt werden. Und die Einen müssen es endlich selber besser machen!

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