Rassismus sticht Sexismus

Bushido bei Maischberger: „Ich weiß gar nicht, wo jetzt hier Frauen diskriminiert werden.“ © WDR/Max Kohr
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Es gab bei der Maischberger-Sendung zum Thema „Man wird ja wohl noch sagen dürfen! Wie diskriminierend ist Sprache?“ viele erstaunliche Momente. Der aus Feministinnensicht verblüffendste dürfte aber dieser gewesen sein: In der zweiten Hälfte der Sendung werden ein paar Textauszüge von Bushido eingespielt. Dessen quasi einziger Wortbeitrag war bis dato eine Bemerkung zu Marlies Krämer und ihrem Kampf für geschlechtergerechte Sprache gewesen. Sie lautete: „Die Dame leidet wohl unter Langeweile.“

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Nun also der Einspieler: „Armes Deutschland, ich ficke deine Nutten“, rappt Bushido. Und: „Mit der rechten werd ich wichsen, mit der linken dich schlagen“ in seinem Song „Mit dem Schwanz in der Hand“. Wer Bushidos Opus genauer kennt, weiß, dass diese Zeilen noch zu den harmloseren des Rappers gehören, der Frauen in seinen Songs vorzugsweise als „Fotzen“ und „Nutten“ bezeichnet. Das sei halt „eine extreme Form von Kunst“, sagt Bushido. Und: „Ich weiß gar nicht, wo jetzt hier Frauen diskriminiert werden.“ Wenn er über Sex mit Groupies rappe, dann „ficke ich halt Schlampen. Na und?“ So weit, so erwartbar. Und jetzt die Überraschung.

Alles nur "eine extreme Form von Kunst"?

„Wenn einer Frauen als Nutten und Fotzen bezeichnet – ist der dann ein Frauenfeind?“ fragt Moderatorin Maischberger. „Was denn sonst?“ fragt der Ex-TV-Moderator und bekennende Evangelikale Peter Hahne. „Auch in der Kunst muss man sich der Wirkung seiner Aussagen bewusst sein!“ findet der Kabarettist Florian Schröder. „Sie sind auf Schulhöfen nun mal Vorbild“, erklärt Moderatorin Annabelle Mandeng. „Was ist das denn für eine Haltung, wenn Sie von Frauen als Nutten und Fotzen sprechen?“

Teresa Bücker: Debatte verrutscht? © WDR/Max Kohr
Teresa Bücker: Debatte verrutscht? © WDR/Max Kohr

Und was sagt Teresa Bücker? Die selbsterklärte Feministin und Chefredakteurin des Online-Magazins Edition F hatte zu Beginn der Sendung Peter Hahne erläutert, dass „Zigeunerschnitzel“ ein rassistischer Begriff sei. Auch der „Negerkönig“ aus Pippi Langstrumpf, der inzwischen zum „Südseekönig“ umgeschrieben wurde, sei Kindern nicht zuzumuten. Sie lege, auch bei ihren eigenen Kindern, größten Wert auf geschlechtergerechte Sprache. Denn die sei nun mal Ausdruck einer Haltung.

Im Angesicht der Bushido-Texte aber scheint die Wirkmächtigkeit des Wortes plötzlich gar nicht mehr so stark: „Wir sollten die Jugendlichen nicht unterschätzen“, erklärt Bücker. Es stimme ja nicht, dass „die armen Jugendlichen das alles Wort für Wort glauben.“ Wer sich über diese Kehrtwende wundert, bekommt alsbald erklärt, wo die Feministin der Schuh drückt: „Wir sollten für den Sexismus in Deutschland nicht die Rapper verantwortlich machen.“

Nach der Sendung auf Twitter für ihre Nicht-Kritik kritisiert, legt die Edition F-Chefin nach: “Mein Ziel war es nicht, Sexismus etc. im Rap zu beschönigen. Aber ich finde die Debatte verrutscht, wenn so getan wird, als sei Rap schuld am Sexismus. Das zielt wiederum auf ‚Migranten‘ als ‚Alleinschuldige‘, was manche Leute gern so hätten.“

Ein klarer Fall von Silvester-Syndrom: Rassismus sticht Sexismus. Sobald (verbale) Gewalt von „Migranten“ ausgeht, fällt frau in den Beschwichtigungsmodus – anstatt das zu tun, was sie selbstverständlich getan hätte, wenn solche Texte von einer deutschtümelnden Band wie, sagen wir mal, „Frei.Wild“ abgesondert worden wären. Das ist übrigens rassistisch. Und selbst der einfache Gedanke, dass Rap natürlich nicht die Alleinschuld am Sexismus trägt, aber seinen Teil durch millionenfache Beschallung von Jugendhirnen dazu beiträgt, scheint der Chefredakteurin offenbar nicht denkbar.

Migrantentum? Bushido kommt aus Bonn, Kollegah wuchs im Hunsrück auf

By the way: Mit dem Migrantentum von Bushido ist es nicht allzu weit her. Anis Ferchichi ist zwar Sohn eines tunesischen Vaters, aber in Bonn geboren und in Berlin bei seiner deutschen Mutter aufgewachsen (und Kollegah alias Felix Blume im Hunsrück). Er hat ein Gymnasium besucht, ist Millionär und vierfacher Vater.

Es wäre auch schön gewesen, wenn Teresa Bücker angesichts des „Kunst“-Mantras in die Runde geworfen hätte, was Moderatorin Maischberger versäumte. Nämlich die enge Verbandelung Bushidos mit dem Abou-Chaker-Clan zu erwähnen, den die Berliner Polizei der Organisierten Kriminalität zurechnet und der unter anderem mehrere Straßenstriche abkassieren soll. Auch ein Hells Angels-Chef tauchte mal in einem Bushido-Video auf. Die Hells Angels sind dafür bekannt, in Bordellen gern die „Security“ zu übernehmen. So viel zum Thema „Nutten“ und „Kunst“.

Und so blieb es am Ende leider Peter Hahne überlassen zu sagen: „Ich habe das Problem, dass der Feminismus, der hier sitzt, nicht aufschreit bei diesen schrecklichen Sachen.“ Da ist er nicht der einzige.

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Alice Schwarzer schreibt

Alice Schwarzer antwortet Bushido

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Hey Bushido,

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als ich dich vor drei Jahren in meine Talkshow einlud, um mit dir über deine kruden und menschenverachtenden Songs zu reden, da hast du gekniffen. Jetzt sehe ich im Internet, dass du davon träumst, mit mir zu sprechen. Und in deiner Phantasie stellst du dir vor, dass ich zu dir sage: "Hey, Bushido, wie waren denn die Titten damals von deiner Mutter? Als du als kleiner Junge daran gesaugt hast." Und du würdest mir antworten: "Ey, Fotze! Fick dich ins Knie!"

Hallo? Seit wann habe ich pornografische Phantasien mit stillenden Müttern? Die hast du! Und genau das ist dein Problem.

Wir sind für dich nur Fotzen,
die man von hinten fickt.

Das Fass mit mir machst du jetzt auf, weil dein Film läuft. Und da kannst du jede Werbung gebrauchen. Was läge da näher, als ein öffentlicher Fight mit Alice Schwarzer?

Ich tu dir den Gefallen aber nicht. Denn, ganz ehrlich: Ich kann dich nicht ernst nehmen. Du redest viel von Ehre und Respekt, aber du redest davon, wie der Blinde von der Farbe.

Und jetzt ist es dir noch nicht einmal zu blöd, für deinen PR-Gag auch noch obszön über deine eigene Mutter zu labern. Dabei liebst du sie doch angeblich so. Nicht zuletzt, weil sie ein Leben lang bedingungslos – zu bedingungslos? – zu dir gehalten hat.

Ja, schon klar, Bushido: Du bist irgendwie zerrissen. Zwischen dieser deutschen, ergebenen Mutter und diesem tunesischen, abwesenden Vater. Der war schwach - aber stark genug, deine Mutter regelmäßig zu verprügeln.

Und welche Lehren hast du Muttersohn daraus gezogen? Die, gewalttätige Männer zu verachten? Nein, im Gegenteil: Du identifizierst dich mit dem Täter! Auch du verachtest die Frauen. Wir sind für dich nur Fotzen, die man von hinten fickt.

Deine Idole sind gewalttätige, "echte" Männer. Männer, wie Arafat Abou Chaker, nach deiner eigenen Aussage "einer der mächtigsten und berüchtigtsten Männer Berlins". Das sieht die Polizei genauso.

Dieser libanesische Clanchef hat dich vor sechs Jahren auf deine Bitte hin aus dem Knebel-Vertrag mit deiner alten Plattenfirma Aggro rausgehauen. Vermutlich auf seine Art. Jetzt bist du in seinem Label ersguterjunge GmbH sein Goldesel. Humor scheint er zu haben, dein Arafat.

Mit ihm bewohnst du jetzt samt Mama und vielen, vielen stiernackigen Bodyguards anscheinend eine Villa im biederen Lichterfelde. So heißt es in den Medien. Da grillst du, schneidest die Hecken und hörst Depeche Mode. Okay. Ich gönn es dir. Nur erzähl uns nichts vom Ghetto, von Verzweiflung und Ehre.

Dein Leben war, abgesehen von ein paar Ausrutschern, immer eines auf dem Sofa. Du bist als Anis Mohamed Youssef Ferchichi im kleinbürgerlichen Berlin-Tempelhof aufgewachsen und hast das Gymnasium kurz vor dem Abi geschmissen. Es folgten Drogen, Heim und eine Lehre als Anstreicher (mit Bestnote abgeschlossen). Nicht so aufregend, klar.

Da bist du auf den Trichter mit dem Gangsta-Rap gekommen. Aber der Punkt ist: Du siehst nur so aus. Du spielst nur. Der einzige echte Gangsta in deiner Nähe ist vermutlich dein Beschützer Arafat.

Du aber tust dir nur selber leid und bist von Mutters Rockzipfel nie weggekommen. Ganz wie die verunsicherten Jungs und Mädels, denen du deinen 80.000-Euro-Stundenlohn beim Konzert verdankst.

Dein Leben war immer eines auf dem Sofa.

Jetzt gehst du also Mainstream in Berliner Salons, trägst steingraue Edeljackets und dinierst mit deiner Filmmutti Hannelore Elsner im Borchardt oder machst Smalltalk mit CSU-Seehofer. Der hält dich vermutlich, ganz wie dein midlifekrisender Filmproduzent Eichinger, für ein Sesam-öffne-dich zur rebellischen Jugend.

Du bist aber nur ein kleinbürgerlicher Spießer, der die echt Verzweifelten abzapft. Also ganz ehrlich, Bushido: Respekt kann ich davor nicht haben.

Es grüßt dich und vor allem deine Mutter

Alice Schwarzer

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