Rassismus sticht Sexismus
Es gab bei der Maischberger-Sendung zum Thema „Man wird ja wohl noch sagen dürfen! Wie diskriminierend ist Sprache?“ viele erstaunliche Momente. Der aus Feministinnensicht verblüffendste dürfte aber dieser gewesen sein: In der zweiten Hälfte der Sendung werden ein paar Textauszüge von Bushido eingespielt. Dessen quasi einziger Wortbeitrag war bis dato eine Bemerkung zu Marlies Krämer und ihrem Kampf für geschlechtergerechte Sprache gewesen. Sie lautete: „Die Dame leidet wohl unter Langeweile.“
Nun also der Einspieler: „Armes Deutschland, ich ficke deine Nutten“, rappt Bushido. Und: „Mit der rechten werd ich wichsen, mit der linken dich schlagen“ in seinem Song „Mit dem Schwanz in der Hand“. Wer Bushidos Opus genauer kennt, weiß, dass diese Zeilen noch zu den harmloseren des Rappers gehören, der Frauen in seinen Songs vorzugsweise als „Fotzen“ und „Nutten“ bezeichnet. Das sei halt „eine extreme Form von Kunst“, sagt Bushido. Und: „Ich weiß gar nicht, wo jetzt hier Frauen diskriminiert werden.“ Wenn er über Sex mit Groupies rappe, dann „ficke ich halt Schlampen. Na und?“ So weit, so erwartbar. Und jetzt die Überraschung.
Alles nur "eine extreme Form von Kunst"?
„Wenn einer Frauen als Nutten und Fotzen bezeichnet – ist der dann ein Frauenfeind?“ fragt Moderatorin Maischberger. „Was denn sonst?“ fragt der Ex-TV-Moderator und bekennende Evangelikale Peter Hahne. „Auch in der Kunst muss man sich der Wirkung seiner Aussagen bewusst sein!“ findet der Kabarettist Florian Schröder. „Sie sind auf Schulhöfen nun mal Vorbild“, erklärt Moderatorin Annabelle Mandeng. „Was ist das denn für eine Haltung, wenn Sie von Frauen als Nutten und Fotzen sprechen?“
Und was sagt Teresa Bücker? Die selbsterklärte Feministin und Chefredakteurin des Online-Magazins Edition F hatte zu Beginn der Sendung Peter Hahne erläutert, dass „Zigeunerschnitzel“ ein rassistischer Begriff sei. Auch der „Negerkönig“ aus Pippi Langstrumpf, der inzwischen zum „Südseekönig“ umgeschrieben wurde, sei Kindern nicht zuzumuten. Sie lege, auch bei ihren eigenen Kindern, größten Wert auf geschlechtergerechte Sprache. Denn die sei nun mal Ausdruck einer Haltung.
Im Angesicht der Bushido-Texte aber scheint die Wirkmächtigkeit des Wortes plötzlich gar nicht mehr so stark: „Wir sollten die Jugendlichen nicht unterschätzen“, erklärt Bücker. Es stimme ja nicht, dass „die armen Jugendlichen das alles Wort für Wort glauben.“ Wer sich über diese Kehrtwende wundert, bekommt alsbald erklärt, wo die Feministin der Schuh drückt: „Wir sollten für den Sexismus in Deutschland nicht die Rapper verantwortlich machen.“
Nach der Sendung auf Twitter für ihre Nicht-Kritik kritisiert, legt die Edition F-Chefin nach: “Mein Ziel war es nicht, Sexismus etc. im Rap zu beschönigen. Aber ich finde die Debatte verrutscht, wenn so getan wird, als sei Rap schuld am Sexismus. Das zielt wiederum auf ‚Migranten‘ als ‚Alleinschuldige‘, was manche Leute gern so hätten.“
Ein klarer Fall von Silvester-Syndrom: Rassismus sticht Sexismus. Sobald (verbale) Gewalt von „Migranten“ ausgeht, fällt frau in den Beschwichtigungsmodus – anstatt das zu tun, was sie selbstverständlich getan hätte, wenn solche Texte von einer deutschtümelnden Band wie, sagen wir mal, „Frei.Wild“ abgesondert worden wären. Das ist übrigens rassistisch. Und selbst der einfache Gedanke, dass Rap natürlich nicht die Alleinschuld am Sexismus trägt, aber seinen Teil durch millionenfache Beschallung von Jugendhirnen dazu beiträgt, scheint der Chefredakteurin offenbar nicht denkbar.
Migrantentum? Bushido kommt aus Bonn, Kollegah wuchs im Hunsrück auf
By the way: Mit dem Migrantentum von Bushido ist es nicht allzu weit her. Anis Ferchichi ist zwar Sohn eines tunesischen Vaters, aber in Bonn geboren und in Berlin bei seiner deutschen Mutter aufgewachsen (und Kollegah alias Felix Blume im Hunsrück). Er hat ein Gymnasium besucht, ist Millionär und vierfacher Vater.
Es wäre auch schön gewesen, wenn Teresa Bücker angesichts des „Kunst“-Mantras in die Runde geworfen hätte, was Moderatorin Maischberger versäumte. Nämlich die enge Verbandelung Bushidos mit dem Abou-Chaker-Clan zu erwähnen, den die Berliner Polizei der Organisierten Kriminalität zurechnet und der unter anderem mehrere Straßenstriche abkassieren soll. Auch ein Hells Angels-Chef tauchte mal in einem Bushido-Video auf. Die Hells Angels sind dafür bekannt, in Bordellen gern die „Security“ zu übernehmen. So viel zum Thema „Nutten“ und „Kunst“.
Und so blieb es am Ende leider Peter Hahne überlassen zu sagen: „Ich habe das Problem, dass der Feminismus, der hier sitzt, nicht aufschreit bei diesen schrecklichen Sachen.“ Da ist er nicht der einzige.