Auf dem Weg zu sich selbst

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"Ich habe früher oft geträumt, dass ich in die Isar falle. Wobei das Ertrinken zum Schluss immer angenehmer wurde. Ich bin untergegangen, alles war grün um mich herum, und ich wurde immer ruhiger. Dann bin ich aufgewacht. Mir war bewusst, ich muss jetzt aufwachen, sonst bin ich tot."

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Zum Glück ist Martina Gedeck aufgewacht. Und hat die Kraft, immer wieder andere Rollen zu verkörpern und neue Herausforderungen zu suchen. So wie in dem aktuellen TV-Film "Die Mutter" über die Suche einer Frau nach ihrer verschwundenen Tochter – und einem Weg zu sich selbst. Oder in "Verlorenes Land" als bayerische Bäuerin Maria und als Meisterköchin in "Bella Martha" von Sandra Nettelbeck oder als bucklige Hoferbin in "Hölleisengretl", mit Lieblingsregisseur Jo Baier. In mehr als 50 TV- und Kinofilmen hat die heute 38-Jährige mitgespielt. Doch das Erreichte genügt ihr nicht. Meisterschaft – das ist es, was die Schauspielerin anstrebt: "Ein Ziel, das ich nie aus dem Blick verliere." Von der Isar, an der sie aufwuchs, träumt die Wahl-Berlinerin immer seltener, aber die Magie des Wassers berührt sie nach wie vor. Wie bei dieser Fotositzung am Meer mit Jim Rakete. Heraus kam Gedecks "Lieblingsfoto".
So werden bedeutende Männer porträtiert. Die rechte Hand, unproportional groß, hält eine dicke Zigarre. Symbol für Tatkraft und Potenz. Der Trenchcoat mit dem aufgestellten Kragen signalisiert lässige Virilität. Eine Mischung aus Machtmensch und einsamem Wolf. Doch dann das Gesicht. Dieses Gesicht! Es widersetzt sich der Inszenierung. Nicht bewusst, eher intuitiv. Sofort nimmt es den Blick gefangen. Da schaut kein Mann melodramatisch in die Ferne, sondern eine melancholische Frau in die Nähe. Sie hat nichts Männliches. Aber auch nichts Weibliches. Zumindest keine in Szene gesetzte Weiblichkeit. Ungeschminkt und unverstellt scheinen ihre ausdrucksstarken braunen Augen etwas zu suchen. Was könnte es sein?
"Das hatte ich ja ganz vergessen", lacht Martina Gedeck, die leise den Raum betreten hat. Sie macht es sich auf dem Empire-Sofa mir gegenüber bequem und betrachtet das Foto. Durch die hohen Fenster fällt das Licht eines regnerischen Tages auf ihr klassisches Profil. Obwohl sie schlicht gekleidet ist – brauner Wollrock und grobe Strickjacke –, kommt es mir vor, als wäre sie hier zu Hause. In diesem Salon aus einer längst vergangenen Zeit, in der das kleine, aber feine Hotel an der Hamburger Außenalster noch ein hanseatisches Patrizierhaus war. Martina Gedeck ist alterslos schön. Auf eine angenehm altmodische Weise.
Die Stimme passt dazu, mit der sie jetzt die Geschichte des Fotos auf dem Internet-Print erzählt: Es war 1998. Da ließ die stern-Redaktion die Schauspielerin gleich von einem ganzen Dutzend Fotografen porträtieren. Zwölf Männerblicke auf eine Frau. Martina Gedeck fand das spannend. "Ich wollte sehen, wie die mich sehen." Ihre Bedingung: "Keine Nacktfotos!" Auf den meisten Aufnahmen hat sie sich kaum wiedererkannt: "Das war jedes Mal ein völlig anderer Mensch."
Doch dann tauchte Konrad R. Müller in Barcelona auf, wo Gedeck die schräge Kino-Komödie "Frau Rettich, die Czerni und ich" drehte. Der Fotograf setzte die Schauspielerin an den Strand und drückte ihr eine Zigarre in die Hand. Wohl weil er sonst vor allem Politiker abzulichten pflegt: Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder. "Der Fototermin hat nur eine Stunde gedauert. Drei Viertel der Zeit waren wir mit der Zigarre beschäftigt. Der Wind wehte stark, und sie ging immer wieder aus." Schließlich gab Müller das Zündeln auf und betätigte einfach den Auslöser. Dreimal, viermal, fünfmal. Mehr nicht. Und wirklich: "Der Mensch auf diesem Foto bin ich."
Der stern hat es nie veröffentlicht. Genauso wenig wie die Bilder der übrigen elf Fotografen. Die Gedeck taugt eben nicht für Männerphantasien. Sie lächelt ironisch. "Gestern war ich noch hellblond", sagt die derzeit gefragteste Schauspielerin Deutschlands, die heute wieder braune Haare hat, ihr Naturton.
In der gerade abgedrehten Fernseh-Komödie, für die sie blond sein musste, ist Martina Gedeck die Friseuse Paula. Keine aus einem Blondinen-Witz, sondern eine alleinerziehende Mutter von zwei pubertierenden Töchtern, die von Stadt zu Stadt zieht: "Sex ist ihr Element. Doch sobald ihr einer näher kommt und mehr von ihr will, packt sie ihre Koffer." Äußerlich eine weltzugewandte Frau, scheinbar fröhlich und vital, aber mit verwundeter Seele: "Ihr Mann hat sie verlassen, als sie mit dem zweiten Kind schwanger war."
Von einem Augenblick auf den anderen sitzt nicht mehr Martina Gedeck auf dem Empire-Sofa – dort hockt nun die blonde Friseuse aus dem TV-Film. Lasziv, nach einer Liebesnacht. Paula steht auf und geht durchs Zimmer, die Hüften wiegend. Mit perlender Sopranstimme erzählt sie: "Meine Mutter hat mir immer Bücher zu lesen gegeben, in denen Frauen in weißen Kleidern auf einer Insel inmitten von Blumen auf ihren Geliebten warten." Pause. Eine Oktave tiefer, mit Blick zum Fenster hinaus, sagt die Friseuse: "Ich bin katholisch erzogen. Und als ich zum ersten Mal Bock hatte, im Stehen hinter einer Kneipe zu vögeln, dachte ich, mit mir stimmt was nicht. Seitdem habe ich manchmal diesen nervösen Tick …" – sie dreht sich um und zeigt auf ihr rechtes Auge, über dem das Lid zuckt.
Martina Gedeck war schon häufiger blond. Zuletzt in "Grüne Wüste" von Anno Saul (2001). Davor in "Alles Bob!" (1999), "Viehjud Levi" (1999), "Ich habe nein gesagt" (1999) und in "Der Laden" (1998) von Jo Baier, einem ihrer Lieblingsregisseure. Im letzten Teil des preisgekrönten TV-Dreiteilers spielt sie Elvira, Schwägerin von Esau Matt: ein Deserteur. Als der 1946 nach Hause in die damals so genannte SBZ, die Sowjetisch besetzte Zone, zurückkehrt, findet er den Kolonialwarenladen seiner Kindheit geschlossen vor. Für die Großfamilie sorgt die platinblond gefärbte Elvira, die Frau seines jüngeren Bruders, indem sie es mit russischen Soldaten treibt. Eine wenig sympathische Nymphomanin, anscheinend nur auf Sex und Geld aus.
Doch dann kommt der Tag, an dem die Frau von Esaus älterem Bruder ein Kind zur Welt bringt und es nicht will, weil es das Produkt einer Gruppenvergewaltigung ist. Elvira hilft bei der Geburt und nimmt das blutige Etwas auf den Arm. Das Gesicht des Säuglings sehen wir nicht, aber das von Elvira. Ein unmerkliches Lächeln breitet sich darauf aus. Langsam, wie in Zeitlupe, verwandelt es sich in ein kindliches Strahlen: "So ein hübsches Mädel. Wenn du es nicht magst, behalt ich es."
Der Spiegel charakterisiert die Gedeck als "Pandora, die irgendwo die Büchse mit den gefährlichen Leidenschaften versteckt hält". Pandora? Ja, vielleicht. Doch vor allem Meisterin der Zwischentöne. Und Reisende in Zwischenwelten. Heute ist sie in Hamburg, hier beginnen morgen die Dreharbeiten für ein TV-Melodram. Gestern war sie in Landshut, wo die TV-Komödie über die Friseuse spielt: "Ich spüre immer noch das Kopfsteinpflaster unter den Stöckelschuhen der Blonden."
Landshut an der Isar, "dieser beeindruckende Fluss", ist Gedecks Heimat. Ein Gewirr aus Gassen und Winkeln. Alle führen zum katholischen St.-Martins-Münster mit dem höchsten Backsteinturm der Welt. Auf einem Berg darüber thront die trutzige Burg Trausnitz. Früher Wahrzeichen eines gotischen Handelszentrums, das heute ein verschlafenes Provinzstädtchen ist.
Dort wächst die Schauspielerin als älteste von drei Töchtern einer Hausfrau und eines Lebensmittelkaufmanns auf. Die Kinder sind evangelisch, die Eltern treten "recht bald aus der Kirche aus". Und das im tiefschwarzen Niederbayern, wo noch Anfang der 70er Jahre in der Grundschule KatholikInnen und ProtestantInnen in getrennten Bänken sitzen. Martina geht jeden Sonntag in die Kirche. Nicht ihren Eltern, sondern ihrer besten Freundin zuliebe, der Tochter des evangelischen Pfarrers. Das sieht die Großmutter mütterlicherseits, "eine echte Matriarchin", gar nicht gerne. "Meine Oma hatte eine vehemente Abneigung gegen alle Pfaffen. Sie hat eine Klosterschule besucht, ein so genanntes Institut. Dort hat sie sehr gelitten. Das muss extrem streng gewesen sein damals."
Martina Gedeck, die in rund 50 TV-Filmen und Serien mitspielte, sieht in ihrer Kindheit kaum fern: "Wir hatten keinen Fernseher. Bei meiner Großmutter durften wir manchmal ‚Pan Tau‘ und ‚Augsburger Puppenkiste‘ gucken. Vorgefertigtes wurde uns selten vorgesetzt. Meine Eltern legten viel Wert auf Phantasie. Draußen Hütten bauen, auf Bäume klettern und Schnitzeljagden veranstalten, drinnen lesen. Ich habe Bücher verschlungen. Jeden Tag eins." Das kleine Mädchen liebt seine niederbayerische Heimat. Aber die Familie zieht nach Berlin, Martina ist zehn: "Es war nicht leicht, aus Landshut wegzugehen. Ich war dieser Landschaft sehr verbunden."
In der Preußenmetropole auf den engen Hinterhöfen verstehen die anderen Kinder sie wegen ihres Dialekts nicht. Fühlte sie sich wie eine Außenseiterin? "Nein, nie." Obwohl sie insgesamt achtmal die Schule wechseln muss: "Meine familiäre Situation war sehr stabil, meine Eltern mochten sich. Das war für mich eine innere Sicherheitszone. Meine Mutter nahm uns Mädchen ernst. Wir waren genauso frei wie Jungs."
Der Knick kommt mit 15, in Amerika. "Als ich als Austauschschülerin nach USA reiste, wusste ich nicht einmal, wie man Kalorien zählt. Bei uns wurde regelmäßig gegessen, immer selbst zubereitet, kein Fast-Food. In den Staaten nahm ich von Tag zu Tag mehr zu. Und ich verstand gar nicht, wieso." Martina kehrt als dicke 16-Jährige nach Deutschland zurück. "Gott, war das schrecklich! In dem Alter ist das hierzulande für ein Mädchen eine Katastrophe." Ganz ohne Diäten, dank des gesunden Essens ihrer Mutter, hat sie bald wieder ihre "normale Figur".
Ihre Mutter war "der wichtigste Mensch" in ihrem Leben: "Sie hat mich nie gebremst, sondern stets ermutigt, meine Talente zu entdecken und daran zu arbeiten." Doch mit der schauspielerischen Begabung ihrer Tochter hatte selbst diese Mutter nicht gerechnet. "Ich war keine Theatergängerin. Als ich mich zur Aufnahmeprüfung fürs Max-Reinhardt-Seminar an der Hochschule der Künste angemeldet habe, gingen meine Eltern nicht unbedingt davon aus, dass ich bestehe. Ich übrigens auch nicht."
Gedecks Theaterleidenschaft wird in New Jersey entfacht, wo die Austauschschülerin in einem Villenvorort lebt: "Eine ganz andere Welt, aber mir gefiel’s." Im Schauspielkurs an der Highschool spielt sie ihre erste Rolle: "Ein Stück von Turgenjew. Die handhabten das sehr professionell. Man musste vorsprechen. Ich hatte mich für die jugendliche Liebhaberin präpariert, aber dann wurde ich als alte russische Magd besetzt."
Nach vier Jahren am renommierten Berliner Max-Reinhardt-Seminar ist die damals 22-Jährige die einzige von sieben Frauen in ihrer Schauspielklasse, der kein Engagement angeboten wird. Nicht mal an einer Provinzbühne. "Das war eine Typfrage. Ich war nicht lieblich-mädchenhaft genug für die ‚Julia’, sondern eher eine Charakterdarstellerin. Doch innerlich war ich noch sehr kindlich. Als ich älter wurde, bin ich sozusagen langsam reingewachsen in mich selbst."
Ihre erste "richtig interessante Rolle" spielt sie 1994: "Hölleisengretl", ein TV-Film nach dem düsteren Heimatroman von Oscar Maria Graf, Regie Jo Baier. Gretl bewirtschaftet einen Bauernhof im bayerischen Voralpenland. Erbin ist sie, weil ihre Brüder im Krieg gefallen sind. Einen Mann hat sie nicht, denn sie hat einen Buckel. Schon der Vater verachtete Gretl deswegen. Alle verachten sie. Der sonntägliche Kirchgang ist jedes Mal ein Spießrutenlauf. Wenn die Dorfleute sie anstarren, reckt die hagere Frau mit dem verhärmten Gesicht den Kopf noch etwas höher, schiebt das Kinn vor und starrt zurück. Mit eiskalten Augen, in denen gleichzeitig ihre Verletztheit aufblitzt, ihre Sehnsucht nach Liebe.
Als sie sich auf diese schwierige Rolle vorbereitete, hat Martina Gedeck nach Vorbildern gesucht: "Eine bucklige Frau konnte ich ja schlecht fragen." Das wäre ihr "zu intim" gewesen, geradezu "unanständig". Stattdessen hat sie den "Glöckner von Notre Dame" studiert. In der alten Schwarzweiß-Fassung mit Charles Laughton: "Ein Meister seines Fachs." Sie orientiert sich meist an männlichen Darstellern, "da ich dann automatisch eine Imitation vermeide". Fürs Komödienfach sind Stan Laurel, Oliver Hardy und Jack Lemmon die "Lehrmeister". Meisterschaft – das ist es, was Martina Gedeck anstrebt: "Ein Ziel, das ich vermutlich nie erreiche, aber man darf es nicht aus dem Blick verlieren."
Bei den Darstellerinnen schätzt sie vor allem Bette Davis, Marilyn Monroe und Katherine Hepburn: "Wunderbare Komödiantinnen. Aber damals wurden in den USA ja auch intelligente Screwball Comedies für Frauen geschrieben." Will meinen: In diesen Hollywood-Filmen aus den 30er und 40er Jahren durften die Protagonistinnen ungehemmt schlau, verschroben, boshaft oder tolpatschig sein. Sie hatten den dominanten Part, ihre männlichen Partner waren lediglich der "sidekick". "Auf so was warten wir hier in Deutschland noch. Wahrscheinlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag."
Einen Hauch von Screwball hat "Bella Martha" von Sandra Nettelbeck (Regie und Buch). Ein unverhoffter Publikumserfolg, für den Gedeck im Juni als "beste Hauptdarstellerin" mit dem Deutschen Filmpreis 2002 ausgezeichnet wurde. Ihre Heldin Martha Klein zählt zur raren Spezies der Meisterköchinnen, die besessen ist von ihrem Beruf. Für die Liebe oder fürs Kinderkriegen hat sie keine Zeit. Eine perfektionistische Einzelgängerin, die mit ihrer Kochkunst die Menschen verzaubert. Wie üblich im deutschen Film endet diese verquer-versponnene Diva schließlich doch in einer Art Kleinfamilie: mit der Tochter einer tödlich verunglückten Schwester als Ersatzkind und einem lebenslustigen italienischen Koch als Lover.
Der Film fand zunächst keinen Verleih. Schon das Drehbuch stieß auf Skepsis. "Was für eine merkwürdige Frau. Will die denn nun ‘nen Mann oder nicht?" bekamen Martina Gedeck und Sandra Nettelbeck von Produzenten zu hören. Und dann die Presseinterviews zum Kinostart im April. Da wurde die Hauptdarstellerin doch tatsächlich gefragt: "Diese Martha wirkt so depressiv. Ist sie krank?" – "Nein, die arbeitet!", lautete Gedecks trockene Antwort.
Obwohl das ein halbes Jahr her ist, ist die Schauspielerin immer noch wütend: "Bei einem männlichen Küchenchef würden solche Fragen nicht gestellt. Da ist es selbstverständlich, dass der rund um die Uhr ackert. Nehmen Sie eine Managerin, eine Journalistin oder einen Tischler! Es gibt eine Phase im Leben, zwischen 35 und 45, wo der Beruf einfach Priorität haben muss, wenn man so was wie Meisterschaft erreichen will."
Nicht nur Martha, auch Martina arbeitet ohne Pause. Gestern noch eine Blonde in Landshut und ab morgen eine Braunhaarige in Hamburg. Da die sich einfach nicht damit abfinden kann, dass ihre Tochter vor acht Jahren verschwand, wird sie von ihrem Mann in die Psychiatrie eingeliefert. "Ähnliche Figuren hab’ ich zwar schon gespielt, doch dieses Mal will ich es anders machen. Mehr von innen heraus, verstehen Sie? Ich suche …" Pause. Blick aus dem Fenster. "… das Wesentliche!"
Plötzlich ist die Frau auf dem Empire-Sofa nicht mehr die in sich selbst ruhende Martina Gedeck, sondern Clara, ein verstörter weiblicher Mensch. Sie lächelt wie ein kleines Mädchen, das um Anerkennung buhlt. "Früher hätte ich das auf diese Art gespielt … Sie wissen schon, Frauen verhalten sich oft so. Aber in dieser hier steckt mehr." Pause. Blick zur kunstvoll modellierten Stuckdecke: "Renitenz! Nur wusste sie’s bisher noch nicht. Man hat ihr immer diktiert, was sie zu fühlen hat. Jetzt ist sie auf dem Weg herauszufinden, was sie wirklich fühlt."
Um das Verschwinden einer Tochter geht es auch am 30. Oktober in dem ARD-Film "Die Mutter", Regie Matti Geschonnek, nach einem Roman von Petra Hammesfahr. Einen Tag nach ihrem 16. Geburtstag kommt Rena Zardiss nicht nach Hause. Parallel zu den Ermittlungen der Polizei verfolgt die Mutter die Spur des Mädchens und macht Entdeckungen, die ihr trügerisches Familiengück als Illusion entlarven. Martina Gedeck war schon begeistert von dem Roman: "Wie eine an den Punkt gerät, an dem sie feststellen muss, dass sie so wie bisher nicht weiterleben kann – für mich hat das was von einer griechischen Tragödie. Antigone zum Beispiel."
Die derzeit gefragteste Schauspielerin Deutschlands, die so wohltuend uneitel ist und so unbeirrbar auf der Suche, verabschiedet sich. Auf dem Tisch im Salon des kleinen, aber feinen Hotels an der Hamburger Außenalster liegt noch der Internet-Print des Fotos mit der Zigarre vom Beginn unseres Gesprächs. Bevor sie ging, hat Martina Gedeck ihr liebstes Bild von sich beschrieben. Jim Rakete hat es gemacht, nachts, am Mittelmeer bei Perpignan. Die Wellen spiegeln das Mondlicht, und Martina Gedeck sitzt auf einem gestrandeten Baumstamm. Halb im Wasser, halb am Ufer. Im Muster ihres weiten Pullovers setzt sich die Maserung des Treibholzes fort. "Als ob ich ein Teil von ihm wäre."  
Cornelia Filter, EMMA 6/2002

 

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