Altersarmut: Mehr Geld im Alter

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Es ist eigentlich längst kein Geheimtipp mehr, und doch nutzt es nur ein Teil der Berechtigten: Wer Angehörige oder Nachbarn mindestens zehn Stunden in der Woche ehrenamtlich pflegt, kann die eigene Rente dauerhaft und deutlich erhöhen. Je nach Pflegegrad gibt es zwischen 6 und 32 Euro Rente pro Monat zusätzlich – und das bis zum Lebensende. Besonders interessant dabei ist, dass auch RentnerInnen auf diesem Weg ihre Rente erhöhen können.

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Bezahlt werden die Rentenbeiträge dabei von der Pflegekasse – und zwar als eine Art staatliche „Belohnung“ für die ehrenamtliche Tätigkeit. Rund 800.000 pflegende Frauen und Männer profitieren derzeit von diesen seit Anfang 2017 im zweiten Pflegestärkungsgesetz eingeführten Leistungen. Die potentielle Zahl der Berechtigten dürfte bei 2,6 Millionen Pflegebedürftigen um ein Vielfaches höher sein.

Diese Leistung ist Teil eines Paketes, mit dem die Große Koalition zwischen SPD und Union die Altersarmut bekämpfen will. Die zentrale Maßnahme dabei ist die seit Anfang 2021 eingeführte „Grundrente“, von der bis zu 1,3 Millionen GeringverdienerInnen profitieren sollen. Ein Großteil davon werden Frauen sein, die lange in die Rentenkasse eingezahlt haben, aber durch ihre niedrigen (Teilzeit-)Gehälter sehr wenig Rente zu erwarten haben.

Die Grundrente wird von der Rentenkasse automatisch berechnet und ausgezahlt. Jetzt, im Sommer, soll es soweit sein: Zwischen 75 und maximal 420 Euro im Monat liegt der Zuschlag, den dann alle zur Verfügung haben, die als Alleinstehende nicht mehr als 1.250 Euro und als Verheiratete nicht mehr als 1.950 Euro im Monat haben. Wer in diese Gruppe fällt, wird zumindest mit der ersten Überweisung ausnahmsweise einmal gerne auf das Bankkonto schauen: Die bereits verstrichenen Monate des Jahres 2021 sollen dann auf einen Schlag nachgezahlt werden.

Rentnerinnen sind weltweit beliebt wegen ihrer Zuverlässigkeit - u.a. als Miet-Oma.

Gerade weil Frauen durch ihre im Vergleich zu den Männern niedrigeren Gehältern besonders von Armut im Alter bedroht sind, sollte jede spätestens mit 60 – besser mit 55 Jahren – einen Termin bei den RentenberaterInnnen von der Deutschen Rentenversicherung machen. Denn wenig ist in Deutschland so kompliziert wie die Pflege-und Rentengesetze. Es gibt eben auch etliche Möglichkeiten, die Rente aufzustocken. Bis auf die neu eingeführte Grundrente allerdings muss frau sich darum selber kümmern.

Wer beispielsweise angesichts der niedrigen Zinsen Geld auf dem Konto hat, sich aber nicht an den Aktienmarkt traut, kann sich „Rentenpunkte“ kaufen. Auch Einmalzahlungen wie Boni oder Abfindungen kann frau ab dem 55. Lebensjahr einsetzen, um die eigene Rente später aufzustocken. Aufgrund der derzeitigen Beitragssätze lohne sich das noch bis zum Jahr 2023 ganz besonders, rät der renommierte Versicherungsmathematiker Werner Siepe.

Dass frau mit einem Minijob brutto für netto das eigene Einkommen aufstocken kann, weiß wahrscheinlich inzwischen jede und jeder. Wer aber kennt die Übungsleiterpauschale in Höhe von 3.000 steuerfreien Euro im Jahr? Oder die Ehrenamtspauschale in Höhe von 840 Euro per annum? Und wer weiß, dass sich diese Pauschalen mit Minijobs kombinieren lassen? Und dass es Übungsleiterinnen keinesfalls nur im Sport, sondern auch bei vielen kulturellen Aktivitäten gibt? Klar: Zuerst muss frau natürlich einen Verein oder ein Ehrenamt finden, die diese Gelder überhaupt bezahlen. Doch insbesondere all jene, die ohnehin ehrenamtlich engagiert sind, könnten hier fündig werden.

Wenn alle Möglichkeiten ausgereizt sind, das eigene Einkommen aufzustocken, bleibt natürlich noch die Ausgabenseite. Auch hier gibt es vieles, an das frau auf Anhieb vielleicht nicht denkt: Wer tierlieb ist, könnte den nächsten Urlaub nach dem Ende der Corona-Pandemie eventuell als Hunde- oder Katzensitterin verbringen und dabei die Unterkunftskosten sparen. Das geht weltweit, besonders beliebt wegen ihrer Zuverlässigkeit sind Rentner und Rentnerinnen.

Wer Kinder gerne mag, kann als Miet-Oma durch die Welt ziehen. Dabei übernehmen die Eltern am Zielort oft sogar die Anreise und zahlen manchmal ganz wie bei jungen Au-Pairs ein Taschengeld. Und wem weder Tiere noch Kinder liegen, kann auch einfach nur Häuser beaufsichtigen, deren Eigentümer lange abwesend sind. Auch dafür gibt es inzwischen jede Menge Angebote weltweit im Web.

Überhaupt das Wohnen: Hier liegen wahrscheinlich die größten Sparpotentiale im Alter. Wer sein Haus oder seine Eigentumswohnung weiter bewohnen und trotzdem zu Geld machen will, kann über sogenannte Reverse-Hypotheken nachdenken. Dabei wird das Eigentum zwar verkauft, die Verkäuferin behält aber ein lebenslanges Wohnrecht und bekommt einen Teil des Verkaufspreises entweder auf einen Schlag oder als jährliche Abschlagszahlungen. Instandhaltungskosten werden in manchen Verträgen geteilt, manchmal zahlt sie auch nur der Käufer. Noch ist dieses Segment des Immobilienmarktes relativ neu. Es ist deshalb auf jeden Fall zu empfehlen, mehrere Angebote und auf jeden Fall fachliche Unterstützung einzuholen.

Mieterinnen haben es bei den angespannten Immobilienmärkten derzeit sehr schwer. Oft kostet eine kleinere Wohnung mehr als die bestehende zu große mit einem günstigen Altvertrag. Manche kommunalen Wohnungsbaugesellschaften haben dies erkannt und helfen nicht nur beim Umzug, sondern bieten auch die kleinere Wohnung zu ähnlichen Konditionen wie die alte an. Wer bei einer großen Gesellschaft mietet, sollte auf jeden Fall nachfragen.

Die größten Sparpotentiale im Alter liegen beim Wohnen

Eine weitere Möglichkeit bei zu groß gewordenen Wohnungen ist auch, ein Zimmer zu vermieten. Oder vielleicht sogar eine Alters-WG aufmachen? In Deutschland gibt es das noch sehr selten. Doch in den USA war es vor Corona ein so klarer Trend, dass es dort etliche Vermittlungs-Webseiten für das Zusammenleben in der zweiten Lebenshälfte gibt.

Exotischer ist eine neue Wohnform namens Cluster-Wohnen: Dabei hat jede ihr eigenes Zimmer mit Bad und kleiner Küchenzeile auf meistens maximal 30 Quadratmetern. Diese persönlichen Bereiche gruppieren sich um eine große Küche und meistens einen großzügigen Aufenthaltsraum sowie Terrassen oder Balkone. Insgesamt haben Clusterwohnungen dann oft mehrere hundert Quadratmeter und vier bis acht BewohnerInnen. Vorreiter in Europa sind die Schweizer: Allein in Zürich gibt es mehrere große Genossenschaftsprojekte mit Clusterwohnungen.

In Deutschland im Trend hingegen sind Tiny Houses. Wer handwerklich begabt ist, kann sich ab rund 25.000 Euro sein Refugium selbst zusammenbauen. Im Schnitt liegen die Mini-Häuser bei 60.000 Euro. So viel hat auch Christiane Grewe in ihren Alterssitz investiert. Die 64-jährige Erzieherin hat unter Anleitung einer Zimmerfrau und mit Freunden drei Jahre an dem 30-Quadratmeter-Holzhaus gewerkelt. Noch steht es auf einer Kuhwiese bei Freunden südlich von München, ohne Strom- und Wasseranschluss.

Weil die Wohnform noch so neu ist, wissen viele Kommunen nicht damit umzugehen. Oft muss die Bausatzung geändert werden. Christiane Grewe ist dabei so flexibel wie ihr neues Haus. Am liebsten würde sie es irgendwo aufstellen, wo es auch andere Mini-Häuser gibt und die Gruppe Dinge wie Waschmaschinen gemeinsam nutzen kann. „Das macht einfach Sinn“, sagte sie dem Wohnportal Wohnglueck.de: „Ich finde die Vorstellung, mein Wohnen mit anderen zu teilen und dennoch eigenen Raum um mich zu haben, sehr schön.“

IM NETZ:
www.finanztip.de/blog/wer-andere-pflegt-verdient-eine-zusatzrente-so-sichern-sie-sich-ihr-rentenplus/
www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Familie-und-Kinder/Angehoerige-pflegen/angehoerige-pflegen_node.html

Urlaub mal anders, Tier-Sitting etc:
housecarers.com
haushueter.org
mindmyhouse.com
nomador.com
rentagrandma.com
granny-aupair.com

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