Meryl Streep: Mut und Hingabe

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"Was braucht es, um - bei was auch immer - die erste Frau zu sein? Es braucht Mut. Und es braucht Hingabe. Deborah Sampson war die erste Frau, die sich für unser Land im wahrsten Sinne des Wortes „die Kugel gegeben“ hat. Sie diente im Unabhängigkeitskrieg, getarnt als Mann, in George Washingtons Armee. Sie hat gekämpft, um ein Dokument zu verteidigen, das sie als Frau damals nicht verteidigte. "Alle Männer sind gleich" stand darin. Frauen wurden nicht darin erwähnt.

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Und als sie im Kampf angeschossen wurde, bekam sie Angst, dass ihr Geheimnis auffliegen würde. Also zog sie ein Taschenmesser heraus, schnitt sich die Kugel aus dem Bein - und nähte sich selbst wieder zusammen. Das ist Mut!

Und Hingabe? Auch Hillary stand in den letzten 40 Jahren oft unter Beschuss - man nehme nur ihren Kampf für Familien und Kinder. Wie macht sie das? Woher nimmt sie dieses Durchhaltevermögen, diese Hingabe?

Ein starker Wille, ein großes Herz und eine brennenden Leidenschaft

Woher nehmen alle Pionierinnen ihre Stärke? Sandra Day O'Connor (die erste Richterin an einem Obersten US-Gerichtshof). Rosa Parks, die afroamerikanische Bürgerrechtlerin. Amelia Erhart, die Flugpionierin und Frauenrechtlerin. Sally Ride, die erste US-Amerikanerin im Weltraum. Deborah Sampson, die sich als Mann ausgab, um im Bürgerkrieg mitkämpfen zu können. Harriet Tubman, die afroamerikanische Aktivistin, die Sklaven zur Flucht verhalf. Shirley Chrisholm, die erste afroamerikanische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus. Madeline Albright, die erste amerikanische Außenministerin. Eleanor Roosevelt, die Ehefrau des Präsidenten, die sich für soziale Gerechtigkeit engagierte. All diese Frauen haben viel gemeinsam. Einen starken Willen, ein großes Herz und die brennende Leidenschaft für ihre Sache. Sie sind gegen alle Widerstände angetreten und haben so anderen den Weg bereitet, Männern und Frauen. Generation um Generation. So wie Hillary! So wie Amerika! 

Und heute Abend, 200 Jahre nachdem Debra Sampson gekämpft hat und fast 100 Jahre nachdem Frauen das Wahlrecht erhalten haben, habt auch ihr mit der Nominierung von Hillary Clinton Geschichte geschrieben. Und ihr werdet nochmal Geschichte schreiben im November: Denn dann wird Hillary als erste Frau unser Präsident werden.

Und sie wird eine großartige Präsidentin sein. Die erste in einer langen Reihe von vielen Frauen. Die mit Mut und Hingabe dienen."

Hier geht es zum Video der Rede von Meryl Streep.

 

 

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Alice Schwarzer schreibt

Hillary greift nach den Sternen!

© Imago/UPI Photo
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Sie setzt auf Wir statt Ich. Sie setzt, im Gegensatz zu Trump, auf Hoffnung statt Angst. Sie setzt auf die Frauen! Und sie macht doch tatsächlich den guten alten Slogan der Frauenbewegung, „Gemeinsam sind wir stark!“, zu ihrem Motto: Stronger together! An keiner Stelle brandete der Jubel in dem nicht fanatischen, wie bei Trump, aber freundlich-euphorisch gestimmten Saal der Demokraten so hoch wie beim Frauenthema. In Anspielung auf die „gläserne Decke“, an die Frauen auf dem Weg nach oben stoßen, rief sie den mitreißenden Satz in den Saal: „Wo es keine Decken gibt, ist nur der Himmel die Grenze!“ Hillary greift nach den Sternen.

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Yeah, Hillary Clinton, 69, ist nach 44 Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika die erste Präsidentschaftskandidatin, die von einer der großen Parteien nominiert wurde! Und ihre Chancen sind groß, sehr groß. Das ist seit dieser besonnenen und glaubhaften Rede noch deutlicher.

"Ich bin glücklich hier zu stehen, als die Tochter meiner Mutter und die Mutter meiner Tochter"

Wirklich anrührend und auch aufschlussreich waren Hillarys Worte über ihre Mutter und ihre Kindheit. Schließlich ist das der Stoff, aus dem sie ist.

Hillary Rodham, die Universitäts-Stipendiatin und – vor Bill – höchstbezahlte Juristin der USA, ist die Tochter eines von den Eltern verstoßenen Kindes und späteren Dienstmädchens. Diese Frau hat sie dazu erzogen, stark zu werden. „Wenn Kinder mich hänselten“, erzählte sie, „und ich ins Haus laufen wollte, verschloss meine Mutter die Tür und sagte: Geh hin, zeig’s ihnen.“

„Wir haben heute einen Meilenstein erreicht“, erklärte die Präsidentschaftskandidatin. „Es ist das erste Mal, dass eine der großen Parteien eine Frau nominiert hat. Ich bin glücklich, hier zu stehen: als die Tochter meiner Mutter und die Mutter meiner Tochter. Für alle Großmütter wie für alle kleinen Mädchen. Und ich bin auch glücklich für die Jungen und Männer. Denn immer dann, wenn eine Hürde fällt, macht das den Weg für jede und jeden frei.“

Die Sanders-Bewegung hat die Kandidatin nochmal zu einem Ruck nach links genötigt, und das ist gut so. Clinton kündigte der Wall Street den Kampf an. Der Wall Street, die einst ihr Mann Bill Clinton als Präsident durch Gesetzesänderungen von der Kette gelassen hatte. „Ich bin überzeugt“, sagte Hillary, „dass die Wall Street nie wieder die Main Street sein darf“ (Will sagen: Nie mehr das Gesetz machen darf). Es wäre zu schön, wenn eine Präsidentin Clinton das wahrmachen würde!

Ihr „Wir“ war so bunt wie ihre ZuhörerInnenschaft an diesem Tag: weiß wie colored, jung wie alt, männlich wie weiblich. Und ihre Passagen über Trump, das Großmaul, waren entlarvend. Unter anderem machte Clinton darauf aufmerksam, dass der Milliardär in ausländischen Billigländern produzieren lässt, nicht in Amerika.

Ihre Stärke ist
ein Trost für alle
gedemütigten
Frauen 

Und so wie er neben Tochter Chelsea da stand, konnte man sich Bill plötzlich sehr gut als First Husband im Weißen Haus vorstellen. Das war auch an diesem Abend glaubhaft: Der Typ hat diese Frau zwar ohne Ende betrogen und damit gedemütigt, aber er nimmt sie ernst. Seine Freude, immer wieder mal unterbrochen von Staunen, seine Frau da vorne so strahlend stehen zu sehen, war echt.

„Bill, dieses Gespräch, das wir vor 45 Jahren in der Uni-Bibliothek geführt haben, ist immer noch ein starkes Band“, sagte Hillary zu ihm gewandt. „Dieses Gespräch, in dem wir bis heute sind, hat uns in guten Zeiten begleitet, die uns mit Freude erfüllt haben. Und in harten Zeiten, die uns auf die Probe gestellt haben.“

Hillary Clinton hätte an diesen harten Zeiten auch zerbrechen können. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sie geht gestärkt und strahlend daraus hervor. Was für ein Trost und eine Hoffnung für alle gedemütigten Frauen. Die 69-jährige Hillary ist im Jahr 2016 stark, glaubhaft und zukunftsweisend. Jetzt muss sie es nur noch tun.

Go on, Hillary!

Alice Schwarzer

Hier geht es zur Rede von Hillary Clinton.
 

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