Silvester: Der zensierte Beitrag
Die Ereignisse von Köln haben die deutsche Gesellschaft stark verängstigt. War noch im Flüchtlingssommer 2015 eine eindeutige Mehrheit der Bevölkerung für die Aufnahme von Flüchtlingen, drehte sich dieses Bild bei Umfragen ab dem Januar 2016 um.
In der Silvesternacht waren hunderte Frauen Opfer sexueller Übergriffe auf dem Domplatz von Köln geworden. Die meisten Täter kamen aus Nordafrika und waren als Flüchtlinge eingereist. Aber nicht nur die Straftaten selbst riefen Wut und Angst hervor, sondern auch das Versagen der Polizei und die unterdrückte Berichterstattung. Es dauerte fünf Tage bis Polizei und Politik Berichte in Sozialen Medien über die Übergriffe bestätigte. Einzelne Polizisten und Medienvertreter berichteten von Anweisungen in der Vergangenheit, die man so deuten musste, dass ein Zusammenhang zwischen Herkunft der Täter und bestimmten Straftaten vertuscht werden sollte.
Nun schien der Beweis erbracht: "dem Volk" wurde etwas verschwiegen
Für die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) und Bewegungen wie Pegida war das Wasser auf ihre Mühlen. Auf ihren Demonstrationen hatten sie schon zuvor gerne „Lügenpresse“ skandiert. Nun schien der Beweis erbracht, dass „dem Volk“ verschwiegen werden sollte, wie gefährlich Flüchtlinge und Migranten seien. Das Bild des kriminellen muslimischen Ausländers, der deutsche Frauen tätlich angreift und begrabscht, war wie gemacht für ihre Propaganda.
Das Bild des wollüstigen Orientalen ist Teil der über tausend Jahre währenden Auseinandersetzung zwischen christlichem Abendland und muslimischen Morgenland, richtete sich aber genauso gegen Juden. Schon mittelalterliche Darstellungen zeigen Muslime und Juden in der Kopulation mit Frauen, Männern und Tieren sowie als Onanisten.
Der Verweis auf dieses uralte Feindbild diente nun nach den Ereignissen von Köln auf der anderen Seite des politischen Spektrums dazu, eine Diskussion über den Zusammenhang von Herkunft und sexuellen Straftaten als "rassistisch" motiviert abzulehnen. Die Medien spiegelten diese Polarisierung. Einerseits erschienen immer mehr Berichte über sexuelle Belästigungen und Vergewaltigungen, die von muslimischen Flüchtlingen begangen worden waren. Auf der anderen Seite schrieben Kommentatoren gegen die These an, die Kultur oder Religion der Täter hätten etwas mit den Übergriffen zu tun.
Dabei wurden verschiedene Phänomen vermischt. Dem Grabschen in Schwimmbädern wurden große Artikel gewidmet. Doch Schwimmbadbetreiber wiegelten ab: Weder gibt es einen Anstieg solcher Regelverstöße, noch sind Flüchtlinge als Täter besonders häufig anzutreffen.
Silvesternacht in Köln: "Straftaten einer neuen Dimension"
Etwas ähnliches wie die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln und in geringerem Maße in Hamburg, Bielfeld, Stuttgart und Frankfurt hatte es hingegen in dieser Form bisher in Deutschland nicht gegeben. Der Kölner Polizeipräsident sprach von „Straftaten einer völlig neuen Dimension“.
Viele Opfer beschreiben ein Spießrutenlaufen durch eine Masse von über 1000 Männern. Frauen wurden gezielt herausgegriffen und eingekreist. Andere aus der Männergruppe schafften die männlichen Begleiter der Frauen bei Seite. Die Täter agierten in Gruppen mit verteilten Rollen. Zwar wurde rund die Hälfte der Opfer auch bestohlen. Doch viele Opfer glauben, dass Diebstahl nicht das Hauptziel gewesen sei. Vielmehr sei es darum gegangen, Frauen gezielt zu demütigen.
Über ein solches Phänomen berichteten ägyptische Blogger erstmals vor zehn Jahren aus Kairo. Beim Aid El Fitr Fest zum Ende des Ramadan 2006 filmte ein Blogger, wie Frauen gezielt von Männergruppen eingekreist, betatscht und entkleidet wurden. Das Schauerspiel wiederholt sich jedes Jahr. Ab dem Revolutionsjahr 2011 finden solche gemeinschaftlichen Übergriffe regelmäßig auf Demonstrationen statt – meist auf Frauen, aber auch auf Männer. Ein Video aus dem Jahr 2012 zeigt wie eine Gruppe von mehr als 100 Männern gemeinschaftlich agiert. Sie bilden mehrere Kreise um die beiden Opfer, die wie eine undurchdringbare Mauer wirken. Helfer einer Organisation, die sich zum Schutz solcher Opfer gegründet hat, versuchen die Mauer zu durchbrechen, werden aber brutal abgewehrt.
Politisch motiviert: Angriffe auf Frauen in Ägypten und Tunesien
Auch in Tunesien erleben Frauen solche Angriffe auf Demonstrationen. Für die arabischen Demonstrantinnen und Demonstranten ist klar: Diese Angriffe sind politisch motiviert. Zunächst vermuten sie das alte Regime dahinter, doch bald wird deutlich, dass zumindest einige der Angriffe von Islamisten ausgehen. Einige Opfer berichten, wie „Bärtige“ sie gemeinschaftlich belästigt haben. Die inzwischen im Parlament die Mehrheit stellenden Muslimbrüder und Salafisten geben den Opfern die Schuld und verteidigen in einigen Fällen sogar die Täter.
Der salafistische Prediger Abu Islam geht soweit, die Übergriffe als „halal“, also als religiös erlaubt zu bezeichnen: „Diese Mädchen sind nackt, unanständig und Prostituierte und keine rote Linie. Sie gehen dorthin, um vergewaltigt zu werden. Nebenbei sind 90% von ihnen Kreuzfahrer" (gemeint ist: Christinnen) . Der Prediger wird später verhaftet, aber nicht weil er zur Vergewaltigung aufgerufen hat, sondern weil er das Christentum diffamiert hat – unter anderem hat er eine Bibel öffentlich zerrissen. Das ist in Ägypten verboten, wo mehr als 10% der Bevölkerung dem koptischen Christentum anhängen.
Auch in Tunesien, Algerien und Marokko vertreten Prediger die These, dass unverschleierte Frauen Huren sind. Mit den Revolutionen ist ein Kulturkampf in den arabischen Gesellschaften ausgebrochen, der sich fast ausschließlich an der Rolle der Frau festmacht. Die erste Forderung der ägyptischen Salafisten nach ihrer Wahl ins Parlament ist das Verbot von Bikinis am Strand. Dabei versinkt das Land zu diesem Zeitpunkt im Chaos: Kriminelle regieren die Straße, die Menschen hungern.
Flüchtlinge aus diesen Ländern bringen den Kulturkampf mit
Auf der anderen Seite verurteilen Frauen wie Männer in den Ländern Nordafrikas immer wieder auf Massendemonstrationen die Sicht der Islamisten. Für sie geht die Forderung nach Freiheit und Demokratie mit der Gleichberechtigung von Frauen einher. Wahlergebnisse und Größe der Demonstrationen lassen darauf schließen, dass dies die Mehrheit der Bevölkerung ist, wenn auch nur eine knappe.
Wenn nun Flüchtlinge aus diesen Ländern nach Europa kommen, bringen sie einen Teil dieses Kulturkampfes mit. Wer von „Vergewaltigungskultur“ spricht, die in diesen Ländern vorherrsche, verkennt den politischen Charakter des Phänomens. Es gehört zum politischen Programm der Islamisten, Frauen, die ohne Kopftuch oder ohne männlichen Begleiter auf die Straße gehen, zu diffamieren und als Freiwild freizugeben.
Das Kopftuch ist ihr Markenzeichen, über dessen massenhafte Verbreitung sie seit den 1980er Jahren ihre kulturelle Stärke deutlich machen konnten. Das heißt nicht, dass jede Kopftuchträgerin Islamistin ist, im Gegenteil gibt es sogar anti-islamistische Kopftücher. Die Salafisten versuchen nun ihre Stärke durch die Durchsetzung des Niqab im Straßenbild zu zeigen.
Mit dem Zurückdrängen der Frau aus dem öffentlichen Raum erreichen Islamisten vor allem die Zu-Kurz-Gekommenen. Das frauenfeindliche Rollenverständnis bietet den Verlierern der Gesellschaft die Möglichkeit, ihre eigene Ohnmacht durch Macht über Frauen auszugleichen. Weil sie in den sich modernisierenden Gesellschaften keinen Platz finden, macht ihnen die Auflösung traditioneller Familienbande Angst. Zugleich erleben sie, wie Frauen in Positionen in der Gesellschaft drängen, die sie nicht erreichen können. Wie auch in Europa machen Frauen in Nordafrika inzwischen die Hälfte der Universitätsabsolventen aus.
Die Täter fühlen sich in Europa sogar moralisch im Recht
Die frauenverachtende Ideologie trifft auf einen sexuellen Notstand bei jungen Männern. Muslimische Frauen müssen ihr Jungfernhäutchen bis zur Ehe bewahren, stehen also nicht zur Verfügung, sofern sie nicht den wohlhabenden Schichten angehören, die sich die Haut vor der Hochzeit operativ rekonstruieren lassen. Von einem Bräutigam wird viel Geld verlangt, so dass sich sozial schwächere eine Ehe erst spät im Leben leisten können.
Wer nun in entsprechenden Moscheen, im Fernsehen oder Radio gehört hat, dass Frauen ohne Kopftuch auf der Straße sexuell belästigt werden wollen, für den ist das Begrabschen von Frauen nicht einmal ein Kavaliersdelikt. Da solche Reden nicht selten mit Christenfeindlichkeit vermischt sind, fühlen sich solche Täter in Europa sogar moralisch im Recht.
Teil der „Kultur“ ist ein solches Verhalten indes nicht. Das zeigt die große Mehrheit der Flüchtlinge, die auf die Ereignisse in Köln schockiert und mit Abscheu reagiert hat. Viele dieser Reaktionen fielen schärfer aus als die der deutschen Bevölkerung. Die meisten Flüchtlinge, die sich zu Wort meldeten, appellierten an den deutschen Staat, die Täter hart zu bestrafen. Wer so etwas tue habe sein Gastrecht verspielt. Solche Reaktionen haben viel mehr mit der Kultur zu tun, aus der die Flüchtlinge kommen. Gastrecht ist in arabischen Gesellschaften heilig. Strafen sind hart.
Im politischen Programm der Islamisten: Frauen ohne Kopftuch als Freiwild
Hier tut sich nun tatsächlich ein kulturelles Problem auf: Die relative Milde des deutschen Strafrechts wirkt auf Menschen, die anderes gewöhnt sind, als setze der Staat sein Gewaltmonopol nicht durch. Wenn, wie in Köln, der Staat tatsächlich versagt, ist diese Wirkung umso fataler. Der milde Umgang mit Straftätern und der Vorrang von Resozialisation gehört aber zu unseren kulturellen Errungenschaften, die wir nicht aufgeben wollen. Darum ist hier kulturelle Vermittlung nötig.
Die menschenverachtende Ideologie des Islamismus muss hingegen bekämpft werden. Die deutsche Gesellschaft kann sich hierbei der Unterstützung der Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten aus muslimisch geprägten Ländern sicher sein: Sie wissen mit was sie es zu tun haben und sind die ersten Opfer der Islamisten.
Hannah Wettig