Nadine Keßler ist Weltfußballerin!

Nadine Keßler (re) im Zweikampf mit Peggy Kuznik (1. FFC Frankfurt) Foto: Imago/foto2press
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„Ich kann es gar nicht fassen und bin total überwältigt!“ sagte die Geehrte. Denn dass sie an diesem Abend zur „Weltfußballerin 2014“ gekürt werden könnte, hätte sie „nie im Leben in Erwägung gezogen“. Wollen wir das mal glauben – auch wenn es schwer zu glauben ist. Denn Nadine Keßler hat bisher alles gewonnen, was es für eine Kickerin auf den Fußballplätzen dieser Welt zu gewinnen gibt.

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Für Zweikampf- und Führungs- 
stärke berühmt

Mit ihrem VfL Wolfsburg holte sie in der Saison 2012/13 als erste deutsche Mannschaft überhaupt das Triple: Sie gewann die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Im selben Jahr wurde sie mit der Nationalmannschaft Europameisterin, siegte mit dem VfL ein zweites Mal bei der Champions League und wurde konsequenterweise 2014 zur „Europa Fußballerin des Jahres“ gewählt.

Dass Nadine Keßler dennoch daran zweifelte, dass die Jury ihr in Zürich den „Ballon d’Or“ überreichen würde, dürfte an der heftigen Konkurrenz gelegen haben: Mit der 26-Jährigen studierten Fitnessökonomin aus der Pfalz waren unter den letzten drei Anwärterinnen die brasilianische Ballzauberin und fünffache Weltfußballerin Marta und die amerikanische Kapitänin Abby Wambach, ihres Zeichens Weltmeisterin, Olympiasiegerin und Weltfußballerin 2013. 

Aber die Jury entschied sich für die „Leitwölfin“ aus Niedersachsen. Die ist für ihre Zweikampf- und Führungsstärke berühmt-berüchtigt, die sie früh schulen konnte, weil sie bis zur B-Jugend ausschließlich mit Jungs kickte. Keßler ist hart im Nehmen: Auch nach sieben Knie-Operationen trat sie immer wieder in Bestform auf den Platz. Zum Champions League-Finale 2014 trat sie mit einer geschienten gebrochenen Hand und einem gebrochenen Zeh an. Die Wölfinnen gewannen trotzdem.  

Jetzt fehlt Nadine Keßler nur noch der WM-Titel

Überhaupt hat der VfL Wolfsburg in den letzten Jahren den deutschen Frauenfußball aufgemischt. Lange Zeit hatten der 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam die Spitzentitel quasi abonniert. Diese Zeiten sind vorbei, auch dank Weltfußballerin Keßler, die 2011 von Turbine Potsdam nach Wolfsburg wechselte. Und natürlich dank Trainer Ralf Kellermann, der zum „Welttrainer“ im Frauenfußball gewählt wurde – und nun mit Welttrainer Jogi Löw ein deutsches Doppel bildet.

Der einzige Titel, der Nadine Keßler – nach Birgit Prinz und Nadine Angerer deutsche Weltfußballerin Nr. 3 - nun noch fehlt, ist die Weltmeisterschaft. Aber das lässt sich ja ändern: Vom 6. Juni bis 5. Juli kämpfen die Fußballfrauen bei der WM in Kanada um den Titel. Würden die deutschen Kickerinnen ihn gewinnen, wäre das ein Triple. Wie man das holt, weiß Weltfußballerin Keßler ja schon.

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Natze Angerer und ihr Alltag

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Sie läuft weiterhin jeden Morgen die vielen Treppen von ihrer Dachwohnung am Prenzlauer Berg in Berlin zum Bäcker gegenüber, um frische Brötchen zu holen. Sie fährt weiterhin jeden Vormittag in ihrem Vereinskombi eine knappe dreiviertel Stunde nach Potsdam an den Luftschiffhafen, um bei der Turbine Potsdam ihr erstes von zwei Tagestrainings zu absolvieren.

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Die geborene Fränkin und Wahl-Berlinerin führt auch als Weltmeisterin ihr geregeltes Leben als Fußballprofi weiter. Nur, dass ihr nun oft wildfremde Menschen zuwinken, ihr die Hand geben und sie beglückwünschen.

Der Bäcker lädt Nadine Angerer jetzt immer zum Kaffee ein und kleine Mädchen werden von ihren Eltern auf dem Gehsteig ermutigt, sich von der neuen Fußball-Heldin ein Autogramm zu holen.

Zeitungen, Radiosender und Fernseh-Talkrunden melden sich im Stundentakt bei ihr, selbst bei Thomas Gottschalk war sie mit Birgit Prinz zu Gast. "Das ist schon alles sehr ungewohnt", sagt die weltbeste Torhüterin, "und bestimmt nicht die Normalität."

Es war ja auch nicht normal, was die 28-jährige deutsche Nationaltorhüterin im September in China und vor allem am 30. September beim Finale in Shanghai geleistet hat. Zum Beispiel in der 64. Minute des WM-Endspiels beim Elfmeter für Brasilien.

"Als der Pfiff kam, ist mir nur kurz das Adrenalin durch den Körper geschossen, dann war ich ganz ruhig", sagt Angerer. "Was anderes kannst du dir ja auch gar nicht leisten." Und: "Ich bin fast verrückt geworden", erzählt Petra Angerer, ihre Mutter, selbst früher Triathletin.

Sie war zusammen mit Ehemann Norbert zu der Tochter nach China gereist. Vom Oberrang im ausverkaufen Hongkou-Stadion verfolgten die Eltern, wie ihre Tochter den schwierigsten Moment im Turnier bestehen musste.

In den vorausgegangenen fünf Partien hatte die Torwartin keinen einzigen Gegentreffer kassieren müssen. Vier Minuten später hatte Angerer sogar den 17 Jahre alten WM-Rekord von Italiens Walter Zenga - 517 Minuten ohne Gegentor - übertroffen.

Während sich in Lohr am Main, Angerers Geburtsort, FreundInnen und Verwandte in einem Restaurant um den Großbildfernseher versammelt hatten, nahm sich Weltfußballerin Marta auf dem Rasen in Shanghai vor 31.000 ZuschauerInnen den Ball, lief an, schoss und - Nadine Angerer hielt. So, wie sie die ganze WM über jeden Ball gehalten hatte.

Deutschland war Weltmeisterin, zum zweiten Mal nach 2003. Und Angerer wurde als beste Torhüterin der WM gefeiert. "Natze Angerer - Fußballgott", brüllte Melanie Behringer begeistert. "Ich hatte das Spiel der Brasilianerinnen gegen Australien gesehen, da hatte Marta einen Elfmeter und hat ihn in die linke Torwartecke geschossen. Diesmal, dachte ich mir, nimmt sie bestimmt die andere." Genau so war es. Erst als sie den Ball abgewehrt hatte, den Annike Krahn dann endgültig vom Feld beförderte, schrie Angerer ihre Anspannung heraus. Brüllend und jubelnd wie ein Neuseeländer beim Haka-Tanz machte sie einen Satz ins Feld auf ihre Mitspielerinnen zu, die ihr Sekunden später um den Hals lagen.

DFB-Präsident Theo Zwanziger ist davon überzeugt, dass Angerer eine der vom DFB gesuchten Spielerinnen ist, die den Frauenfußball in Deutschland bis zur nächsten WM 2011 prägen und führen werden. "Auf Nadine wird eine Menge zukommen", sagte Zwanziger in Shanghai.

"Aber sie ist eine hochintelligente Frau und eine starke Persönlichkeit, sie ist dazu in der Lage." Wenn Angerer solche Sätze hört, wird sie noch immer leicht rot. Die 28-Jährige ist den Erfolg und die Anerkennung als Nationaltorfrau nicht gewohnt. Noch nicht.

Schließlich wusste die gelernte Physiotherapeutin lange nicht, ob sie bei dieser WM überhaupt spielen würde. Seit 1996 gehört Angerer zum Kader der deutschen Nationalmannschaft, nachdem sie als Teenager von der Stürmerin zur Torfrau umgeschult hatte. "Sie hat Jahrhundertreflexe, so etwas ist sehr selten", erkannte schon die damalige Bundestrainerin Tina Theune-Meyer

Doch von Anfang an musste sich die jüngere Angerer mit der Rolle der Nummer Zwei im Tor begnügen, denn Deutschland hatte in der älteren und erfahreneren Silke Rottenberg bereits eine Weltklassetorhüterin. Angerer verfolgte weiter ihre sportliche Karriere, ging von Franken nach München erst zum FC Wacker, dann zum FC Bayern und wechselte schließlich zum 1. FFC Turbine Potsdam, mit dem sie inzwischen Meisterschaft, DFB-Pokal und Uefa-Cup gewonnen hat.

"München, das ist nichts für mich", sagt Angerer, die inzwischen 54 Länderspiele gesammelt hat, "Berlin ist ehrlicher, da ist mehr Leben." Und dann verletzte Rottenberg sich das Kreuzband - Angerers Stunde hatte geschlagen.

Nadine Angerer weiß schon genau, was sie mit den 50.000 Euro WM-Prämie und den 5.000 Euro für die Olympiaqualifikation machen wird, die jede Weltmeisterin nun vom DFB bekommt. Irgendwann nämlich will Angerer wieder nach Afrika, wo sie später einmal leben will.

"Vielleicht mache ich ein Backpackers auf oder arbeite in einem Krankenhaus, das wäre ein Traum." In einer kleinen Gemeinschaft leben und anderen helfen - das würde Deutschlands neuer Heldin Spaß machen. "Aber davor wäre ein Olympiasieg in Peking auch nicht schlecht, oder?"

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