Zwangsheirat: Neue Studie

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Das fand eine Studie heraus, die das Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben hatte. Dabei ist das nur die Spitze des Eisbergs. „Nur die mutigsten Mädchen suchen aktiv Hilfe bei einer Beratungsstelle. Wir gehen von einer weit höheren Dunkelziffer aus“, erklärt Christa Stolle von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, die an der Studie mitwirkte. Außerdem gab ein Viertel der Betroffenen an, dass weitere Familienmitglieder von Zwangsverheiratung betroffen sind. Ein Drittel der Betroffenen ist unter 17 Jahre, die jüngste Hilfesuchende war neun Jahre alt. Und die Untersuchung hat weitere beunruhigende Fakten ans Licht gebracht.

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„Auffallend ist, dass die Betroffenen vermeintlich gut integriert sind“, sagt Christa Stolle. Ein Drittel der Hilfesuchenden ist in Deutschland geboren, fast die Hälfte besitzt einen deutschen Pass. Umso bedrückender, dass jedes dritte Mädchen angab, dass sie mit dem Tod oder Waffengewalt bedroht wurde und in den Familien der Betroffenen überhaupt ein Klima der Gewalt zu herrschen scheint: Zwei Drittel der Befragten hatten in ihrer Familie körperliche Gewalt erlebt. Die gleiche Zahl muss aufgrund der erzwungenen Heirat Schule oder Ausbildung abbrechen.

Sehr oft, nämlich in 52 Prozent der Fälle, soll die erzwungene Hochzeit im Ausland stattfinden. Daher war es längst überfällig, dass mit dem im Juli 2011 verabschiedeten Gesetz, das Zwangsverheiratung erstmals zum eigenständigen Straftatbestand machte, auch ein Rückkehrrecht der Betroffenen nach Deutschland beschlossen wurde. Allerdings greift das Gesetz genau in diesen Fällen nicht, denn Zwangsverheiratung wurde nicht in den Katalog der Auslandsstraftaten aufgenommen. Terre des Femmes fordert den Gesetzgeber auf, „dies nun endlich nachzuholen!“

„Es gilt jetzt, niedrigschwellige Hilfsangebote auszubauen und die Zahl der Beratungsstellen zu erhöhen“, kündigt die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer an. Deren Arbeit dürfe aber nicht erst beginnen, wenn der Notfall bereits eingetreten ist, kritisiert die Frauenrechtsorganisation, die bereits 2003 eine Präventionskampagne gegen Zwangsverheiratung startete (Foto). „Die SozialarbeiterInnen müssen dorthin gehen, wo die potenziell Betroffenen anzutreffen sind: in Jugendzentren, Mädchencafés und Schulen.“ Das Thema Zwangsverheiratung müsse in die Lehrpläne ab der 7. Klasse aufgenommen werden.

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