Nicola Leibinger-Kammüller: Die Pionierin

Foto: Trumpf GmbH + Co. KG
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Als Nicola Leibinger-Kammüller 2005 die Firma Trumpf im schwäbischen Ditzingen übernahm, dem europaweit größten Hersteller für Werkzeugmaschinen, war sie eine absolute Exotin. Eine Mutter von vier Kindern und promovierte Literaturwissenschaftlerin, die auch noch Japanologie studiert hatte und lange nichts von den Plänen des Vaters wusste. Vater Berthold Leibinger hatte sich trotzdem für sie entschieden. Nicht für den Sohn, einem Ass in Lasertechnik, oder den Schwiegersohn, der schon den Werkzeugmaschinenbereich leitete, sondern für seine älteste Tochter, die bis dato in der PR-Abteilung des Unternehmens arbeitete.

„Er glaubte die Firma bei mir offenbar in guten Händen. Vielleicht, weil ich die Älteste unter uns drei Geschwistern war und mich schon früher in der Rolle befand, nach dem Rechten zu sehen. Und er war seiner Zeit auch insofern voraus, als dass er davon überzeugt war, dass auch eine an Thomas Mann geschulte Philologin im Maschinenbau reüssieren würde, wenn sie einen scharfen Verstand hat, Empathie zeigt und entscheiden kann“, erzählt Nicola Leibinger-Kammüller. „Sie verkörpert all das, was Doris, meine Frau, und ich über die Jahrzehnte entwickelt haben“, sagte der Vater, der 2018 gestorben ist, anerkennend in einem Interview. Er meinte damit die großen Leitwerte der Familie: Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Integrität.

Den Rat, sich möglichst schnell vom Vater abzugrenzen, den sie damals von vielen Seiten bekam, hat sie nie angenommen, „Es gab gar keinen Grund dazu, Dinge dramatisch zu verändern. Ich wollte von meinem Vater lernen.“

Aber das Thema Frauenförderung lag ihr von Anfang an am Herzen. Seit 2011 können die knapp 10.000 MitarbeiterInnen ihre Arbeitszeiten alle zwei Jahre je nach Lebensphase maßschneidern, von 15 bis 40 Stunden pro Woche. Mit nahegelegenen Kindergärten hat die Mutter von vier Kindern Verträge geschlossen für kostenlose Kinderbetreuung bis 19 Uhr. Für viele Frauen hat sie Heimarbeitsplätze geschaffen und im Betrieb gibt es ein Bestellsystem für Wochenendeinkäufe. Doch sie weiß auch: „Die Dinge sind komplexer, als sie in politischen Verlautbarungen klingen. Wir haben noch einen langen Weg zu gehen, besonders wenn es um die Wahl technischer Fächer geht.“ Daher ihre Forderung an Frauen: „Traut euch mehr zu! Macht Ansprüche geltend! Aber macht euch auch bewusst, was eine entsprechende Position im Top Management am Ende des Tages bedeutet.“ Wenn es in der Firma darum gehe, wichtige Positionen zu besetzen, versucht sie mindestens eine Frau als Kandidatin zu haben, eine implizite Quote, die staatliche lehnt sie ab: „Die geht in vielen Branchen einfach an der Realität vorbei."

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