Alice Schwarzer schreibt

Noch hängt das Etikett frech an mir – wie auch an dir...

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Anke, die Unkenrufe für deine Late-Night-Show fallen noch düsterer aus als befürchtet. Der Spiegel macht sich sogar Sorgen, dass du dich "lächerlich" machst. Und lächerlich ist ja bekanntlich nicht komisch.
Ich glaube, dass das normal ist in der Branche. Wenn was Neues kommt, gibt's erstmal Kontra.

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Findest du nicht, dass der Ton diesmal besonders hämisch ist?
Nö. Neulich habe ich ein Interview mit Haralds Bandleader gelesen, der daran erinnert, dass die von der Schmidt-Show das ganze erste Jahr über jeden Tag damit gerechnet haben, abgesetzt zu werden. Wegen der miserablen Kritiken.

In der Brigitte war über dich zu lesen …
… ha! Was ist denn mit denen?! Was ist mit dem Lebert los?! Hat der ein Problem?!

Das wollte ich dich fragen. Der Autor scheint dich ja sehr gut zu kennen …
Mich? Der hat noch nicht mit mir gesprochen.

Ach? Ich hatte den Eindruck, er verfolgt dein Leben seit Jahrzehnten aus größter Nähe. Woher sonst könnte er wissen, dass du "die Gesetze der Männer in Anspruch nimmst" und dir "junge schöne Geliebte" greifst, die du "nach einiger Zeit wieder wegwirfst"? – Hört sich, ehrlich gesagt, nach einem abgewiesenen Verehrer an …
Der muss mich verwechseln. Ich habe diesen Lebert noch nie gesehen. Und ich habe auch noch nie jemanden weggeworfen. Vor ein paar Monaten wurde mir doch in der Presse noch das Gegenteil vorgeworfen: Dass ich mich von den beiden Jungs hätte wegschmeißen lassen …

Du sprichst von Stuckrad-Barre und von Ruf …
So ist es.

Aber der Brigitte-Autor Stephan Lebert spricht von Legionen …
Das finde ich grundsätzlich als Image nicht schlecht. Da danke ich dem werten Herrn sehr!

Nach deiner Trennung von Andreas hast du ja in der Tat ein paar mal hart daneben gehauen, zum Beispiel mit Ruf.
Stimmt. Verlorene Zeit. Ich glaube heute, das war so eine Art Selbstbestrafung – dafür, dass ich Andreas verlassen hatte. Das Scheitern einer Ehe muss man ja auch erst mal verarbeiten. Und das mit dem Benjamin war ja auch eher kompliziert. Aber jetzt habe ich endlich den Richtigen gefunden: Claus. Wir machen seit über zehn Jahren Musik miteinander, aber verliebt haben wir uns erst vor ein paar Monaten. Das ist nicht so ein Schwätzer, der ist ganz handfest und bodenständig. Und er ist ein toller Musiker. Er hat auch selbst ein Kind und versteht mich und Emma.

Und was erwartest du sonst noch so von einer guten Beziehung?
Für mich ist es ganz wichtig, einen Hafen zu haben. Zu wissen, da ist jemand, dem ich nichts erklären muss. Und der auch meine musischen Seiten mit mir teilt.

Ich habe den Eindruck, im Beruf bist du sehr diszipliniert und selbstironisch – und in der Liebe eher chaotisch und sehnsüchtig.
Da ist was dran. Mein Beruf und mein privates Leben sind das komplette Gegenteil. Im Beruf habe ich große Freude am Ausflippen, weiß aber genau, was ich tue. Im Leben bin ich weniger bestimmt und brauche klar strukturierte Verhältnisse: Hier gehöre ich hin. Da ist ein Haus, in dem ist jemand drin. Und wenn es geht, möchte ich das auch schriftlich haben.

In mehreren Artikeln über dich tauchte in der letzten Zeit immer wieder die Frage nach dem "Kern" deiner Persönlichkeit auf. Du könntest zwar in tausend Rollen schlüpfen, aber selbst seist du innerlich hohl. Wie würdest du dich selber charakterisieren?
Puh … Also ich bin eigentlich sehr zurückgezogen in mir selbst. Ich bin ruhig, vorsichtig, bedacht … Und ich fühle in mir diese Mischung aus Vorsicht und Humor, für die ich lange gebraucht habe, die mir aber jetzt sehr gefällt.

Kommen wir zur Working Woman. Hast du eigentlich Vorbilder?
Bei Ellen DeGeneres gefällt mir die Bandbreite. Die hat eine Show, macht eine Serie, steht auf der Bühne mit ihrer One-Woman-Show. Ich bin nicht wie sie, bei mir arbeiten viele Menschen zu. Aber ich hätte gerne die Gelassenheit, einfach mal alles auszuprobieren. Und den Freiraum.

Was wirst du in Ankes Late-Night-Show ausprobieren?
Es wird eine klassische Late-Night-Show mit allen bekannten Elementen.

Und was wird das Neue sein?
Dass ich eine Frau bin! Dass ich anders frage. Ich habe keine Lust auf so eine Schleimspur. Ich habe Lust auf ganz viel Leben und Lachen. Und ich mache viele Einspieler, alle Themen, die mir so Tag für Tag in der Zeitung entgegen springen. Klar, dass ich vorzugsweise Frauen parodieren werde. Ich bin ja selbst eine. Vor allem aber wünsche ich mir, dass man mich einfach mal machen lässt.

Und wie lange willst du das so machen?
Wann soll ich aufhören?

Gar nicht! Komisch kann man bis 100 sein.
Wo? Auf dem Mond? Im deutschen Fernsehen auf jeden Fall nicht. Da sehen ja sogar die Journalistinnen aus wie die Models.

Stört dich das?
Ja! Ich möchte diese ganze glatte Fassade runterreißen. Ich möchte zeigen, was dahinter steckt.

Und was steckt dahinter?
Betrug. Ich werde ja immer wieder mal gefragt, ob ich nicht in einer dieser Jurys der Superstars mitmache. Nein danke! Ich habe keinen Bock, da einmal die Woche neben irgendwelchen operierten Tanten zu sitzen. Ich will mein Glück nicht auf Jungsein, Schlanksein, Schönsein aufbauen. Ich will mehr.

Aber du machst ja auch scharfe Auftritte.
Okay. Aber dann sollen die Mädchen und Frauen auch wissen, wie die zustande kommen. Dass ich vor dem Auftritt drei Stunden in der Maske sitze. Und dann noch stundenlang ausgeleuchtet werde.

Und diese Kunstfotos werden dann auch noch retuschiert.
Alles wird total retuschiert. Ich zum Beispiel bin behaart auf den Armen und habe eine dicke Querfalte auf der Stirn – von all dem ist dann nix mehr zu sehen. Das Bild, das ich dann in der Öffentlichkeit gebe, ist nur eine Rolle. Eine Rolle, die andere Frauen im realen Leben einschüchtert. Darum muss ich darüber reden. Die Mädchen und Frauen sollen wissen, dass diese Glamour-Frauen, die sie sehen, alle Ersatzteillager sind. Ich will niemandem zu nahe treten, aber zum Beispiel Jeanette Biedermann, die ist noch keine 20, wirkt aber wie eine geliftete 40-Jährige. Aber die kleinen Mädchen, die ihre Platten kaufen, wollen wie Jeanette Biedermann aussehen …

… dabei sieht Jeanette Biedermann selber nicht aus wie Jeanette Biedermann.
Genau, eher wie eine Barbiepuppe. Total unecht. Ich will sowas nicht. Ich will kein Model, ich will ein Role Model sein.

Was verstehst du darunter?
Ich finde es super, wenn kleine pickelige Mädchen mich toll finden und verstehen: Man kann hübsch aussehen, muss aber nicht. Viel wichtiger ist für die, dass ich lustig bin und mich traue, auch hässlich zu sein.

Sie finden natürlich auch toll, dass du eine begehrte Frau bist.
Tja, viel Zeit habe ich ja nicht mehr. Lange kann ich nicht mehr behaupten, jung zu sein. Und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht anbiedere. Dass ich den 14-Jährigen nicht vorgaukele: Ich bin eine von euch, ich weiß, wie ihr lebt. Irgendwann weiß ich es nämlich nicht mehr. Aber ich kann ihnen immer sagen: Es ist okay, dass ihr es klasse findet, ein Popstar zu sein. Nur, das ist eine Ausnahmesituation, die nichts mit eurem Leben zu tun hat. Ihr müsst überlegen, warum ihr es toll findet, vor anderen aufzutreten, von Fremden erkannt zu werden – und diese Erkenntnisse dann in euren Alltag mit rein nehmen. Denn letztendlich geht es einzig und allein darum, das Selbstbewusstsein zu stärken.

Unter diesem Aspekt werden die Fotos, die dein Sender jetzt zur Promotion rausgibt, eher einschüchternd sein. Denn du siehst darauf eher aus wie ein Model als ein Rolemodel.
Vielleicht muss ich da in Zukunft mehr drauf achten. Wenn ich zum Beispiel bei einem Fotoshooting rumalbere und einen auf Doof-sexy mache, dann kommen auch Doof-sexy-Fotos dabei raus.

Kann man gleichzeitig Objekt und Subjekt sein?
Ich nehme das nicht so tragisch. Aber ich habe in der Tat grundsätzliche Probleme mit Promotion. Auch die Interviews fallen mir immer schwerer. Weil man nur ein Programmpunkt von vielen ist, und die Interviewer oft so gleichgültig sind. Und das ist beim Fotografieren nicht anders. Man wird bei solchen Gelegenheiten nicht wirklich wahrgenommen. Aber Geschäft ist Geschäft. Und ich habe einen ziemlichen Abstand dazu.

Rezipieren Frauen dich eigentlich anders als Männer?
Nee, null. Frauen kommen und fragen mich nach einem Autogramm für sich und für ihre Männer – und Männer fragen mich nach einem Autogramm für sich und für ihre Frauen. Nur die männlichen Journalisten reagieren oft anders, finden meine Sketche "männerfeindlich" oder dass "die Männer immer Opfer sind". So ein Quatsch. Ich möchte auch gar nicht, dass die Leute sich wegen mir streiten, Stil: Was, die findest du toll? Nö, die ganze Familie soll mich mögen. Ich will keinem einzigen Mitglied der Familie etwas vormachen. Weder den kleinen pubertierenden Mädchen, noch den Männern und schon gar nicht den älter werdenden Frauen. Ich will alle Facetten zeigen können, die gehören alle zu mir.

In einem Jahr wirst du 40 – und dann?
Älterwerden finde ich sehr entspannend. Ich mache mir nur über eines Gedanken: Ab wann ich mich lächerlich mache. Ich schimpfe ja immer über Frauen, die sich lächerlich machen und will nicht, dass mir das passiert.

Meinst du, es wird dir schwer fallen, dich von dem Etikett "sexy" zu verabschieden?
Nein. Ich definiere mich ja nicht darüber. Für mich ist das Älterwerden eine große Herausforderung. Ich bin die erste im aktuellen Showgeschäft, die so jung angefangen hat und jetzt öffentlich älter wird, ohne sich raffen oder botoxen zu lassen. Aber noch hängt ja das Etikett "frech" an mir – wie übrigens auch an dir. Und frech hat ja immer auch was mit jugendlich zu tun.

Und noch hängt auch das Etikett "sexy" an dir.
Mmm.

Gab es eigentlich früher schon Komikerinnen, die auch sexy waren?
(überlegt) Helen Vita?

Und Lieselotte Pulver in "Eins, zwei, drei". Da war sie Monroe!
Marilyn … Das war ja ihr Geheimnis, nicht nur sexy zu sein, sondern auch komisch. Und rührend. Sie hat nie nur aufs Sexysein gebaut. Sie hat sich nie über Männer definiert, sie war immer selbstkritisch. Und lernbegierig. Und mutig.

Und Madonna?
Ich finde, die sollte auch souveräner die Showtreppe runter gehen. Aber sie hat offensichtlich Angst, zu fallen.

Das Problem ist, dass neuerdings ihre Bedürftigkeit zu spüren ist. Diese Blöße darf eine Frau sich nie öffentlich geben.
Wie alt ist sie jetzt eigentlich?

Mitte vierzig … Du hast ja zum ersten Mal mit 19 eins reingekriegt, als Moderatorin im ZDF bist du als "zu dick" rausbugsiert worden. Hatte das Folgen für dich?
Ich habe erstmal verdrängt. Studiert und Rundfunk gemacht, da sah mich ja niemand. Aber ich habe ab da natürlich alle Diäten gemacht, die es überhaupt gab. Ich kenn' mich in diesen Jahren nur diätend. Sowas beschäftigt einen den ganzen Tag. Dieser Blick von außen. Wenn du dir in der Kantine einen Nachtisch nimmst, heißt es: Lass mal Anke, nimm lieber einen Apfel. – Das ist fürchterlich demütigend!

Aber du bist nicht in richtige Ess-Störungen gekippt?
Gottseidank nicht. Ich war wohl doch zu stabil dafür. Aber es hätte mich leicht erwischen können, die Zielgruppe war ich. Dabei fand ich mich selber gar nicht hässlich. Ich war nur moppelig, ein pubertierender Teenie eben. Aber ich habe gespürt, dass man von mir erwartet, dünn zu sein.

In der Zeit hattest du ja deinen ersten Freund. Hat der das auch erwartet?
Zwischen uns war das nie Thema. Das kam nur von außen. Vor allem vom Fernsehen.

Und heute? Ist es da noch ein Thema?
Nein. Das ist mir scheißegal.

Aber du bist ziemlich schlank.
Irgendwann nach all den Wunderdiäten hab ich das vegetarische Essen entdeckt. Und dabei bin ich geblieben. Kam mir auch entgegen wegen der Tiertransporte und so.

Angefangen hast du ja – nach deiner Entdeckung im Schulchor mit elf – als Kinderreporterin für den Rundfunk. Einmal hast du, glaube ich, sogar Astrid Lindgren interviewt …
Das war toll! Zwei Stunden in ihrer Küche. Und die hat mich richtig ernst genommen. Und mir danach noch eine Postkarte geschickt. Kann ich dir zeigen.

Auch später beim SWF warst du Moderatorin und Interviewerin. An welchem Punkt hast du eigentlich den Schritt in die Schauspielerei gemacht?
In Wahrheit habe ich doch schon als Moderatorin in den Talkrunden gespielt und geheuchelt. Zum Beispiel, wenn ich Rainer Langhans zum "Konzept Harem" zu befragen hatte.

Oh Gott! Wann war das denn?
Vor acht Jahren, in einer Jugendsendung für den Südwestfunk. Du heuchelst ja all den Menschen, die mit dir im Studio sitzen, vor: Ich tu dir nichts. Aber in Wahrheit willst du, dass es eine interessante Runde wird. Du willst sie sehenswert machen, besonders. Ich möchte, dass Menschen durch Sendungen von mir Anstöße kriegen, dass sie danach Neues und Anderes sehen oder denken. Und das ist im Journalismus unter den herrschenden Bedingungen – 30 oder maximal 60 Minuten für eine Sendung – fast nicht zu leisten. Ich war hinterher nie zufrieden. Darum habe ich damit angefangen, meine gesammelten Erfahrungen zu verdichten, zu pointieren, zu parodieren.

Wie bereitest du dich denn vor, wenn du deine Prototypen und Personen entwickelst?
Das sind nie real existierende Personen. Ich bau' mir die immer aus ganz vielen Details zusammen.

Weißt du immer, was deine Figuren im nächsten Augenblick tun werden? Oder verselbständigen die sich manchmal?
Du baust 50 Prozent dieser Person – und wenn sie dann losgeht, hast du keine Kontrolle mehr. Dann kann es richtig gefährlich werden. Ich weiß oft selbst nicht, was die im nächsten Augenblick alles tun wird.

Bei dir wechseln sich ja die Perioden von Drehzeiten und Pausen extrem ab. Die Drehmonate mit einem 12-Stunden-Tag …
… 16-Stunden-Tag!

Hast du das immer so durchgezogen, auch nachdem deine Tochter auf der Welt war?
Ich bin zehn Tage nach der Geburt – die nicht einfach war, Kaiserschnitt! – wieder voll reingesprungen. Ich hatte einfach Angst, meinen Job zu verlieren. Denn während ich im Krankenhaus war, sah ich in der Wochenshow, dass man in der Sendung Ersatz für mich hatte, mit eingeblendeter Bauchbinde "Schwangerschaftsvertretung". Sehr lustig, aber ich fand das gar nicht. Ich dachte: Moment mal … So selbstbewusst war ich noch nicht, dass ich mich für unentbehrlich hielt. Und ich hätte das auch anmaßend gefunden. Aber ich hatte das große Glück, dass es kein Problem für Emmas Vater war, zurück zu stecken und zu Hause zu arbeiten. Im Gegenteil, Andreas hat das regelrecht genossen, seine Musik zu Hause zu komponieren. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause kam, habe ich dann Emma übernommen, eingekauft, gekocht. Ich liebe das! Wenn ich so den ganzen Tag lang oder Monate lang gedreht habe, bin ich gerne für ein paar Wochen Hausfrau. Aber es ist natürlich ein Luxus, dass ich beide Extreme leben kann: da ein totales Rockleben und hier dann die fürsorgliche Mutter, die sich darum kümmert, dass Emma pünktlich zur Schule geht und der Füller im Ranzen ist. Na ja, und dann hatte ich natürlich von Anfang an auch noch meine Eltern im Rücken, die beide begeistert sind, wenn sie Emma nehmen können.

Und wie läuft das jetzt, nach der Trennung?
Wir sprechen uns ab, machen sehr genau Pläne, immer gleich für zwei, drei Monate. Wer hat wann Termine? Wann hat Emma Kindergeburtstage? Für die kaufe meistens ich die Geschenke, weil ich besser weiß, was kleine Mädchen wollen.

Ist Emmas Leben bei Mutter oder Vater unterschiedlich? Und versucht sie vielleicht sogar manchmal, euch gegeneinander auszuspielen?
Nein, das hat sie noch nie gemacht. Aber bei mir ist sie sehr Mädchen – mit Prinzessinnenkleidchen, Schminke, Tanzen – und beim Vater geht sie eher mit Fußball spielen und so. Die Mütter ihrer Freundinnen erkennen schon an Emmas Frisur, ob sie gerade Mutterwoche hat oder Vaterwoche: Beim Vater trägt sie einen praktischen Pferdeschwanz, bei der Mutter hat sie Zöpfe und Spangen.

Wenn ich dich mit Emma erlebe, fällt mir auf, dass du einerseits sehr spielerisch mit ihr umgehst, andererseits aber auch sehr streng sein kannst.
Ja, ich erziehe Emma durchaus auch so, wie meine Eltern mich erzogen haben. Doch mir gefällt es, ein bisschen mehr Raum zu lassen, eben spielerischer zu sein. Kinder wollen ja alle so gerne spielen, die Welt ist viel zu erwachsen für sie. Aber wenn es acht ist, ist es acht, dann muss sie ins Bett. Egal wie albern wir vorher zusammen waren. Ich hoffe, ich überfordere sie damit nicht. Aber ich glaube, sie versteht, dass mit mir alles hundertprozentig ist: der Spaß und auch der Ernst. Auch wenn wir zusammen verreisen, was wir oft tun, richte ich mich nach ihr und sie sich nach mir. Im Sommer wollte sie unbedingt nach Venedig, weil sie einen Film gesehen hatte, wo Venedig bald untergeht. Und vorher wollte sie noch einmal hin. Also haben wir vormittags am Lido gebadet und sind nachmittags in die Ausstellungen auf der Biennale gegangen. Ich wäre ganz gern in den deutschen Pavillon gegangen, aber sie wollte lieber in den russischen, weil da so ganz naturalistische, bunte Bilder hingen – na, dann gehe ich halt ein andermal in den deutschen.

Ihr seid nicht nur Mutter und Tochter, ihr seid auch Schwestern.
Genau!

Und ist Emma manchmal auch deine Mutter?
(überlegt länger) Ja. Sie kopiert dann meine Mutter. So wie neulich, als ich Mittelohrentzündung hatte. Da hat sie mich sehr streng ermahnt und war ganz schrecklich vernünftig.

Emma geht auf eine internationale Schule.
Weil ich's gut finde, dass sie genau wie ich von Anfang an viele Sprachen spricht. Das finde ich ganz wichtig. Ich bin ja in Montreal geboren, weil mein Vater, ein Kaufmann, einfach gerne in Kanada leben wollte. Am Küchentisch haben wir, meine Schwester und ich, Deutsch gesprochen, auf der Straße Englisch und Französisch. Als wir dann nach Rösrath gezogen sind, habe ich das Französisch ein wenig verloren. Ich war ja erst fünf. Und inzwischen verbessert Emma mein amerikanisch-kanadisches Kauderwelsch.

Was hat eigentlich deine Mutter gemacht?
Erstmal ist sie wegen meinem Vater nach Kanada gezogen. In Deutschland war sie dann wieder berufstätig, bei einer Werbeagentur. Und wir waren begeisterte Schlüsselkinder! Man kam nach Hause, da stand das Essen warm – und dann waren wir frei. Ich fand das immer gut.

Sieht Emma dich eigentlich manchmal im Fernsehen?
Nie direkt. Ich zeige ihr aber auf Video diese oder jene Szene, die kindgerecht ist.

Auch die, wo du eine Mutter spielst, die ihr Kind fertig macht, weil es ihre keine Freisprechanlage schenkt, sondern nur eine selbstgebastelte Holzente?
(lacht) Klar. Aber ich musste Emma den Sketch zwei, dreimal zeigen, bis sie die Komik verstand. Sie hat es dann sogar geschafft, diese Mutter – die ja von ihrer eigenen gespielt wird – nicht zu mögen. Gar nicht vertragen aber kann sie, wenn über mich gelacht wird. Sie versteht noch nicht, dass das kein Auslachen ist, sondern ein anderes Lachen.

Wenn du deine Kindheit so mit der deiner Tochter vergleichst, gibt es da Unterschiede?
Absolut! Das Fernsehen! Der Luxus! Da versuche ich, ihr eine klare Haltung beizubringen. Fernsehen findet überhaupt nicht statt, aber ihre Mitschülerinnen sprechen über das, was sie gesehen haben. Und auch eine gewisse Bescheidenheit ist selbstverständlich – alles andere ist "Ausnahme". Das darf dann auch Spaß machen, aber sie soll sich dessen bewusst sein, das es nicht selbstverständlich ist, einfach so ein teures Teil zu kriegen. Ich freue mich auch, dass sie soviel liest. Wenn ich sie abends zum Essen rufe, sitzt sie in ihrem Zimmer und sagt oft: Moment, noch ein Kapitel.

Und bei der Kleidung?
Bei H&M weiß ich ja schon nicht, wo ich meine Klamotten kaufen soll: in der Kinderabteilung oder in der Erwachsenenabteilung. Die Mädchen sehen heute aus wie Frauen. Ich sage Emma immer: Es ist falsch, dass du jetzt schon so rumlaufen willst wie eine Frau. Sieh dir meine Fingernägel an. Die sind gelb, weil ich sie monatelang immer wieder in vier verschiedenen Farben lackieren musste für meine vier Rollen. Mit dem Resultat, dass ich gelbe Fingernägel habe. Im Urlaub ist es was anderes, so zum Spaß für ein paar Tage. Da lackieren wir uns so zum Spaß für ein paar Tage die Zehennägel, am liebsten in Lila. Aber in ihrer Schule ist sowas nicht gerne gesehen. Da trägt sie eine Schuluniform: hellblaue Bluse, blauer Rock oder Hose, blaue Strickjacke. Ich finde das gut.

Was wünschst du dir nach der Late-Night-Show?
Ich finde, ich wäre eine super Familienministerin! Oder?

Mal was anderes.
Und wie! Alles wäre frauenfreundlicher. Alle könnten Kinder haben und einen Beruf! Wie Andreas und ich. Ich würde Gesetze dafür machen, dass die Männer in Babypause gehen! Aber eigentlich müsste ich vorher noch beim Fernsehen aufräumen.

Na, dann mal los.

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