Dildo-Show zum Weltfrauentag?

"Sexpertin" Nadine Beck sammelt mit großer Leidenschaft Dildos und möchte sie allen zeigen. - Foto: Björn Wisker
Artikel teilen

Im beschaulichen Offenburg, einen Steinwurf von der französischen Grenze entfernt, soll der Weltfrauentag auf ganz besondere Weise begangen werden: Mit einer Ausstellung über „Sexspielzeuge“. Im Ritterhaus, dem Familienmuseum der Stadt, wird am Freitagabend die Ausstellung „Why not? 150+ Jahre Vibratoren, Sex & Tabus“ eröffnet. In der oberen Etage des Ritterhauses läuft zurzeit eine Ausstellung für Kinder über „Wald, Fluss und Wiese“, in der unteren Etage eine über die Offenburger Geschichte (von Offenburg startete die „Badische Revolution“, die ab 1848 ganz Mitteleuropa erfasste).

"Es gibt viele Themen, die uns wichtiger wären. Femizide, Gewalt gegen Frauen!"

Dazwischen nun Dildos, gebrauchte und neue, Dildos aus der DDR, Masturbationsgeräte von 1900, „Vulvakunst“ und Massagestäbe aus dem Hause Beate Uhse. Die meisten der Exponate kommen aus der privaten Sammlung der selbsternannten „Sexpertin“ Nadine Beck. Die Hamburgerin hat ihre Doktorarbeit über Dildos geschrieben und sammelt „Sexspielzeuge“. „Über 500 habe ich in meiner Hamburger Wohnung“, erzählt sie stolz in Interviews. Immer wieder leiht sie sie für Ausstellungen aus. Auf dem Kiez in St. Pauli gibt es sogar eine Dauerausstellung in einem Privatmuseum. Warum nicht? Als privates Hobby ist das zwar verwunderlich, aber nichts dagegen zu sagen. Ein städtisches Museum aber ist da schon etwas anderes.

Kulturchefin Carmen Loetsch freut sich über die Dildo-Show. Kreisrätin Julia Roth-Herrmann protestiert dagegen. Foto re: Wilfried Beege
Kulturchefin Carmen Loetsch freut sich über die Dildo-Show. Kreisrätin Julia Roth-Herrmann protestiert. Foto re: W. Beege

Doch auch Carmen Lötsch, Kulturchefin in Offenburg, hat offensichtlich Spaß an den Dildos. Sie hält die Ausstellung für einen „wichtigen Impuls zum Weltfrauentag“, sagte sie der Lokalpresse. Viele Offenburgerinnen sehen das ganz anders. „Der Weltfrauentag ist ein Tag, um gegen die strukturelle und epidemische Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen!“, empört sich Julia Roth-Herrmann, Lehrerin und Kreisrätin des Ortenaukreises. Sie ist eine von etwa hundert Offenburgerinnen, die gegen die Ausstellung mobil machen. „Es gibt viele andere Themen, die uns wichtig wären: Femizide, Vergewaltigungen, häusliche Gewalt, Altersarmut zum Beispiel! Da wirkt so eine lächerliche Dildo-Show wie Hohn und Spott gegen alle Frauen“, sagt Kreisrätin Roth-Herrmann. 

Viele OffenburgerInnen sind auch deshalb auf den Barrikaden, weil vor Kurzem ein grausamer Mord in der Stadt geschehen ist. Eine Psychologin, schwanger und Mutter eines Kleinkindes, wurde von einem ihrer ehemaligen Patienten mit einem Messer hinter einem Erotikcenter ermordet. „Wir alle sind noch geschockt von dieser Tat“.

"Das ist peinlich. Mir kommt das vor wie ein Wanderzirkus aus dem 19. Jahrhundert!"

Viele Bürgerinnen und eine Elterninitiative wollen nun dafür kämpfen, dass die Ausstellung nicht stattfindet. „Ich finde dieses Schmierentheater respektlos gegenüber Frauen. Ich fühle mich in meiner Würde gekränkt. Und noch dazu möchte ich nicht, dass meine Kinder mit Sexspielzeug konfrontiert werden. Was soll das?“ fragt eine Mutter. Eine andere ergänzt: „Es ist doch nicht so, als hätten wir hier ein Problem mit Aufklärung. Das Problem ist doch die Über-Sexualisierung allerorten!“ Eine weitere Mutter fragt: „Haben sich die Kuratorinnen Nadine Beck und Anne Junk eigentlich mal gefragt, was diese Ausstellung in Kindern auslöst?“ Auch, wenn Kinder nicht direkt in die Ausstellung gingen, sie würden doch die Werbung sehen.

Mehr EMMA lesen? Die aktuelle März/April-Ausgabe - digital oder als Heft - gibt es auch im www.emma.de/shop.
Mehr EMMA lesen? Die März/April-Ausgabe - digital oder als Heft - gibt es auch im www.emma.de/shop.

Sextoy-Liebhaberin Nadine Beck ist keine Unbekannte. Sie ist Mitautorin des Buches „Sex in Echt“, das Kindern und Jugendlichen in Comic-Form zeigt, was Analdildos, Penisringe und Vibratoren sind. (Mehr dazu hier!) In Interviews plädiert sie dafür, dass Dildos in Schaufenster gehören, und sieht sich als große Kämpferin gegen die „Lustfeindlichkeit“.

Viele Offenburgerinnen hingegen sind empört, Tenor: „Wenn Frau Beck gern Dildos sammelt, dann ist das ihre Privatsache. Aber sie soll damit nicht ganze Städte überziehen und auch noch so tun, als hätte das irgendeinen kulturellen Anspruch!“ 

Und auch viele Väter halten die Ausstellung für höchst „peinlich“. „Mir kommt das vor wie ein Wanderzirkus aus dem 19. Jahrhundert. Huhu, hier kommt was ganz Obszönes, liebe Dorf-Eier. Da möchte einfach jemand mit seinem Gelumpe vom Dachboden Kasse machen“, schimpft ein Vater. Der Oberbürgermeister der Stadt Offenburg, Marco Steffens (CDU), zog es vor, auf EMMA-Anfrage nach seiner Meinung zu der Ausstellung, nicht zu antworten. Viele der OffenburgerInnen wurden für ihre Kritik bereits in die rechte Ecke gestellt, besonders von dem örtlichen Verein "Aufstehen gegen Rassismus".

„Das ist ja das altbewährte Muster. Man will uns mundtot machen. Das lassen wir aber nicht zu!“, sagt Kreisrätin Roth-Herrmann entschieden, im Gegenteil: „Wir werden gegen diese Ausstellung kämpfen, bis sie auf dem LKW aus unserem Ort verschwindet!“

Artikel teilen
 
Zur Startseite