Prostitution: Ohrfeige für Deutschland!
Das Ganze klingt ein bisschen bürokratisch. Doch hinter den steifen Formulierungen des 29-seitigen Berichts verbirgt sich nichts weniger als eine schallende Ohrfeige für Deutschland.
Das Ergebnis des „Rechtsgutachtens“, das die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) zur deutschen Prostitutions-Politik erstellt hat, könnte man verknappt so zusammenfassen: 1. Das „Prostituiertenschutzgesetz“ von 2017 funktioniert nicht, weil es die Frauen in der Prostitution nicht schützt. 2. Deutschland hat immer noch nicht begriffen, dass der Schlüssel zur Bekämpfung des Menschenhandels in der Bekämpfung der Nachfrage liegt, die den Markt für den Handel mit der Ware Frau erst schafft. Und das geht, wie nicht nur das Beispiel Schweden zeigt, nur durch die Bestrafung der Freier.
Aber von vorn. Im Juni 2022 schickte die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (Die Linke) und damalige Vorsitzende des „Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ einen Brief an Matteo Mecacci in Warschau, den Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte. Sie schrieb: „Mit diesem Schreiben bitte ich Sie um eine förmliche Prüfung, ob die Grundlagen der deutschen Gesetzgebung zu Prostitution mit internationalem Recht vereinbar sind. Insbesondere soll der Frage nachgegangen werden, ob die deutsche Prostitutionsgesetzgebung Artikel 9 des Palermo-Protokolls verletzt.“
Das Ergebnis dieser Prüfung liegt jetzt vor. Die GutachterInnen kommen zu dem Schluss, dass die 2017 eingeführte Anmeldepflicht für Frauen in der Prostitution ins Leere läuft: „Berichten zufolge ist die überwiegende Mehrheit der in Deutschland in der Prostitution tätigen Personen nicht registriert, so dass sie dem Staat unbekannt und von den durch die Prostitutionsgesetze geschaffenen Schutzmechanismen nicht erfasst sind.“
Außerdem listet das Gutachten gleich reihenweise internationale Abkommen auf, die klar benennen, wie der Menschenhandel am effektivsten zu bekämpfen ist: mit der Eindämmung der Nachfrage. Allen voran das erwähnte sogenannte Palermo-Protokoll. Die UN-Vereinbarung, die schon 2003 von 135 Staaten, darunter auch Deutschland, unterzeichnet wurde, verlangt von den Regierungen „gesetzgeberische oder sonstige Maßnahmen, um der Nachfrage entgegenzuwirken, die alle Formen der zum Menschenhandel führenden Ausbeutung von Personen, insbesondere von Frauen und Kindern, begünstigt“.
2008 wurde die UNO noch deutlicher: Sie forderte in ihrer „Resolution zur Bekämpfung des Frauen- und Mädchenhandels“ die Regierungen auf, der „Nachfrage entgegenzuwirken, um sie schließlich zu unterbinden“. Auch das „Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels“ aus demselben Jahr fordert, „die Nachfrage als eine der Grundursachen des Menschenhandels zu erkennen“.
Noch einen Schritt weiter geht der UN-Ausschuss, der die Umsetzung des „Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) kontrollieren soll. Er hat die Länder, allen voran Deutschland, bereits mehrfach dazu aufgefordert, „die Nachfrage nach Prostitution zu kriminalisieren“. So wie es immer mehr europäische Länder bereits tun: Schweden, Norwegen, Island, Irland und Frankreich, außerdem Israel und Kanada. Spanien wird voraussichtlich das nächste Land sein, das die Freierbestrafung einführt.
Die OSZE, die nicht befehlen, sondern nur empfehlen kann, empfiehlt in ihrem Gutachten nun auch Deutschland die „Einbeziehung gesetzgeberischer und nicht-gesetzgeberischer Instrumente zur Eindämmung der Nachfrage, die die zu Menschenhandel führende Ausbeutung begünstigt“.
Und wieder einmal stellt sich die Frage: Worauf wartet Deutschland eigentlich?
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