Polanski: Filmpremiere verhindert!
„J’accuse: Polanski violeur“ stand auf den Plakaten vieler Frauen, die den Eingang des Kinos im 5. Arrondissement blockierten. „Ich klage an: Polanski Vergewaltiger“. Wenige Tage vor der Premiere des neuen Polanski-Films hatte eine weitere Frau den 86-jährigen Regisseur angeklagt: Die französische Fotografin Valentine Monnier wirft Polanski vor, sie 1975 in seinem Schweizer Chalet vergewaltigt zu haben. Monnier war damals 18 Jahre alt, Polanski 42.
Sechs Frauen beschuldigen Polanski der Vergewaltigung
Offenbar hatte die heute 62-Jährige nach Jahrzehnten ihr Schweigen gebrochen, weil der Regisseur mit seinem neuen Film die Parallele zwischen seinem Protagonisten und sich selbst zieht. In „J’accuse“ (deutscher Titel: „Intrige“) erzählt Polanski die Geschichte der berühmten Dreyfus-Affäre: Der jüdisch-elsässische Offizier Alfred Dreyfus wird 1894 in Paris unschuldig wegen Hochverrats verurteilt und nach Französisch-Guayana verbannt. Dreyfus kämpft zwölf Jahre lang um seine Ehre und wird schließlich rehabilitiert. „J’accuse“ ist das weltbekannte Zitat von Emile Zola, der damals Partei für Dreyfus ergriff und dessen Verurteilung als antisemitisches Komplott anprangerte.
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Roman Polanski, der als Kind das Warschauer Ghetto überlebte, wurde 1977 angeklagt, weil er in den USA die damals 13-jährige Samantha Geimer unter Drogen gesetzt und vergewaltigt hatte. Er bekannte sich des „Geschlechtsverkehrs mit Minderjährigen“ schuldig, floh dann aber aus den USA, die er bis heute nicht wieder betreten hat, um der Strafverfolgung zu entgehen. Er lebt seither in Frankreich.
Jetzt klagt also Polanski an. „Die Vorgehensweise der Verfolgungsmaschinerie im Film kommt mir bekannt vor, und das hat mich zweifellos inspiriert“, erklärt er. Immer wieder kämen „absurde Geschichten von Frauen“ auf, die er noch nie gesehen habe und die ihn für Dinge beschuldigten, „die angeblich vor mehr als einem halben Jahrhundert passierten“.
Polanski: Ich habe diese Frauen nie gesehen
Eine dieser Frauen ist Valentine Monnier. Und sie ist nicht die einzige. Inzwischen haben sechs Frauen erklärt, der Regisseur habe sie als Minderjährige vergewaltigt, darunter die ehemalige deutsche Schauspielerin Renate Langer. Sie war 15, passiert sei die Tat ebenfalls in Gstaad. Polanskis jüngstes mutmaßliches Opfer, das amerikanische Kinder-Model Marianne Barnard, war zehn Jahre alt, als Polanski sie bei einem Fotoshooting missbraucht haben soll.
Polanski wurde inzwischen aus der Oscars-Academy ausgeschlossen. Als er 2017 zum Präsidenten der César-Verleihung, der französischen Oscars, ernannt werden sollte, protestierten Zehntausende mit einer Petition gegen diese „Verhöhnung der Opfer“. Die César-Akademie zog ihre Entscheidung zurück.
Auch gegen „J’accuse“ regte sich schon vor der Premiere Widerstand: Als der Film im August 2019 bei den Filmfestspielen in Venedig gezeigt wurde, blieb Jurypräsidentin Lucretia Martel aus Protest der Vorführung fern. „Ich unterscheide nicht zwischen dem Regisseur und seinem Werk“, erklärte sie.
Die Vorstellung in Paris musste nun Dank der Proteste ausfallen. Angeklagt wurde Roman Polanski übrigens bis heute nicht. Die Taten sind verjährt.