Protest gegen "Lebensschützer"!

Foto: imago images / IPON
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Am nächsten Samstag ist es wieder so weit: Der „Bundesverband Lebensrecht“ marschiert durch Berlin. „Für ein bedingungsloses Ja zum Kind und gegen Scheine, die Abtreibungen legitimieren.“ Sein Ziel: „Ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie“. Unter denen, die dem von Evangelikalen organisierten „Marsch für das Leben“ ein Grußwort schicken, sind Bischöfe, aber auch CDU-PolitikerInnen wie Philipp Amthor oder Birgit Kelle von den „Christdemokraten für das Leben“.   

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Und wie jedes Jahr werden sich auch diesmal wieder Tausende den „Lebensschützern“ entgegenstellen und für das Recht auf Abtreibung demonstrieren. Motto: „Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung!“ Zur Gegendemonstration (Treffpunkt: 12.30 Uhr Brandenburger Tor) ruft das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ auf, ein Zusammenschluss von rund 40 Organisationen von Pro Familia über Terre des Femmes bis zum Arbeitskreis Frauengesundheit.

Die Lage ungewollt schwangerer Frauen wird „immer dramatischer“

Die Lage ungewollt schwangerer Frauen werde auch in Deutschland „immer dramatischer“, erklärt Ines Scheibe vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung. „Das Grundrecht auf medizinische Versorgung wird seit langem nicht mehr von Bund und Ländern abgesichert. Vor allem in Flächenstaaten sind bereits ganze Landstriche ohne Ärztin oder Arzt, die einen fachgerechten Schwangerschaftsabbruch durchführen. Aber es gibt auch zunehmend in Städten ein Versorgungsproblem.“ Die Corona-Krise habe „diese Situation noch einmal verschärft.“

Auch diesmal ist die Demonstration der Beginn einer ganzen Aktionswoche. Sie endet mit dem internationalen „Safe Abortion Day“ am 28. September: Frauen (und solidarische Männer) in der ganzen Welt machen Aktionen für das Recht auf einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch. Auch in Deutschland haben Initiativen in bisher 40 Städten Aktionen angekündigt.

So will der „Feministische Streik Darmstadt“ die gesamte Innenstadt mit Kleiderbügeln vollhängen, in Berlin macht die polnische Frauengruppe „Dziewuchy Berlin“ mit einer Performance auf die katastrophale Situation in Polen aufmerksam, wo das ohnehin schon restriktive Abtreibungsrecht noch weiter verschärft werden soll. Wer sich einer Aktion anschließen oder selbst eine organisieren will, findet Informationen dazu beim Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung oder beim Safe Abortion Day. 

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Abtreibung: Die Hatz auf ÄrztInnen

Nora Szász ist eine der ÄrztInnen, die Frauen das Recht auf Abtreibung sichert. - Foto: Bert Bostelmann
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ÄrztInnen wie Nora Szász (Foto) werden ein­geschüchtert und angezeigt. Schwangere sollen sich ­wieder schämen und zum Austragen gezwungen werden. Seit fast einem halben Jahrhundert tobt nun der Kampf in Deutschland. Hat es denn nie ein Ende? Wann endlich werden Frauen die Herrinnen ihres eigenen Körpers und Lebens sein? In Kassel hat der Prozess gegen die beiden Gynäkologinnen Nora Szász und Natascha Nicklaus begonnen - wegen Verstoß gegen den § 219a. Begleitet von Solidaritätsbekundungen von über 100 DemonstrantInnen. Das Urteil wurde wegen eines Befangenheitsantrags der Verteidigung gegen den vorsitzenden Richter vorerst verschoben. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Nachfolgend ein Auszug aus der September/Oktober EMMA, jetzt im Handel.

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Nora Szász ist wütend. Sie ist wütend über diejenigen, die sie und ihre Praxis-Kollegin Natascha Nicklaus im Internet als „Duo mortale“ beschimpfen. Grund: Die beiden Allgemeinmedizinerinnen führen Schwangerschaftsabbrüche durch. Das macht in Deutschland heute nur noch jedeR 15. GynäkologIn. Szász ist wütend, weil sie kürzlich erfahren hat, dass in Münster gerade der letzte Arzt, der noch Abtreibungen machte, aus Altersgründen seine Praxis geschlossen hat und es keinen Nachfolger gibt. Sie ist wütend, weil unter ÄrztInnen ein Schweige­gebot darüber herrscht, wer Abbrüche macht und das Thema Schwangerschaftsabbruch auch bei Ärztekongressen schlicht ignoriert wird.

Besonders wütend ist Nora Szász allerdings darüber, dass die Gesetzeslage es erlaubt, dass der Prozess gegen sie und ihre Kollegin überhaupt stattfinden kann. Deshalb hat sich die Frauenärztin geweigert, das zu tun, was der Staatsanwalt von den beiden verlangte: die Information, dass sie in der benachbarten Kasseler Tagesklinik einmal die Woche ambulante OPs durchführen, darunter auch Schwangerschaftsabbrüche, von ihrer Website zu nehmen. Denn Frauenärztin Szász weiß nur zu gut, dass es bei diesem Prozess nicht nur um sie selbst geht. Sondern dass es einer Entwicklung Einhalt zu gebieten gilt, die sie „sehr beklemmend“ findet: „Ich habe den Eindruck, ein Schwangerschaftsabbruch ist nicht mehr gesellschaftsfähig. Das muss heute alles wieder unter dem Siegel der Verschwiegenheit stattfinden.“ Dazu gehört auch, dass „es nicht mehr üblich ist, dass ein Arzt ausweist, dass er oder sie Abbrüche macht und dazu steht“.

Dabei spielen Ärztinnen und Ärzte bei der Frage, ob Frauen unter medizinisch korrekten Bedingungen und ohne Lebensgefahr abtreiben können, eine Schlüsselrolle. Deshalb stehen sie unter besonderem Beschuss.

Zwar ist das in Deutschland (noch) nicht wörtlich gemeint. Doch das Beispiel USA zeigt, dass die Hatz auf so genannte „Abtreibungsärzte“ tatsächlich tödlich enden kann. Seit den 1980er-Jahren haben selbsternannte „Lebensschützer“ vier Ärzte und sieben MitarbeiterInnen von Abtreibungskliniken ermordet. Darunter den Gynäkologen Barnett Slepian, den sie 1998 vor den Augen seiner Frau und seiner vier Kinder durch das Küchenfenster erschossen, weil er im Krankenhaus „Buffalo Gyn Womenservices“ auch Schwangerschaftsabbrüche vornahm. Oder George Tiller, der an einer Klinik in Kansas Spätabbrüche machte, und dem ein „Lebensschützer“ 2009 mit einem Gewehrschuss das Leben nahm, als der Arzt gerade das Kirchenblatt seiner Gemeinde verteilte. Schon 1993 hatte „Tiller, dem Babykiller“ eine Aktivistin der „Army of God“ in beide Arme geschossen. Der jüngste Vorfall: Am 27. November 2015 nahm ein fanatisierter „Abtreibungsgegner“ in einer Planned Parenthood-Klinik in Colorado Springs 24 Geiseln und erschoss einen Polizisten und zwei Zivilisten. Auf das Konto der Pro-Life-­Bewegung gehen bisher elf Morde und über ein Dutzend weitere Mordversuche. Plus: hunderte Säureattacken, Körperverletzungen sowie Bomben- und Brandattentate auf Abtreibungs-Kliniken. In Amerika spricht man in diesem Zusammenhang schon lange von einem „Anti-­Abtreibungs-Terrorismus“.

Soweit ist es in Deutschland noch nicht. Aber auch hier gibt es massive Einschüchterungsversuche gegen ÄrztInnen.

Den ganzen Text in der aktuellen EMMA lesen  Ausgabe bestellen

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