Proteste gegen Heidis Modelshow
Eine Heidi Klum ist auch da, wenn auch nur mit blondem Perückenhaar - aber dafür mit stilecht-cooler Fliegersonnenbrille. Unbarmherzig zerrt die ihre buntperückten Modelkandidatinnen allesamt an der Leine über den Bahnhofsvorplatz. Die Message der rund ein Dutzend verkleideten Mädchen und Frauen von der Kölner „Lobby für Mädchen“ ist eindeutig: „Heidi, für dich wir haben heute leider kein Foto!“
Mit ihnen sind rund 100 Frauen und Männer an diesem Nachmittag dem Aufruf von „Pinkstinks“, einer Initiative gegen sexistische Werbung und frauenfeindliche Körperbilder, gefolgt und (trotz Regen) vor den Kölner Dom gekommen, um gegen Heidi Klums „Germany's next Topmodel“ zu protestieren. Das Finale der Sendung wird ab 20.15 Uhr live aus der Kölnarena übertragen. Auf Millionen Fernsehbildschirmen, vor denen Millionen Mädchen und Frauen sitzen, die dem Spektakel nun schon in der neunten Staffel folgen. Deshalb Köln, deshalb heute.
Muma ist gerade mal sieben Jahre alt, sie hat eine Sprechblase aus Pappe ausgeschnitten und mit einem roten Filzer “Top Model Leben ist Blablabla“ draufgeschrieben. Topmodel sein, das findet sie nämlich schon beim Zugucken anstrengend: „Die sind immer stark geschminkt und müssen so hohe Klackerschuhe tragen“. Mutter Britt scheint erleichtert, dass die kecke Tochter nicht Heidis Modelwahn verfallen ist, das macht es einfacher, mit ihr über solche Sendungen zu sprechen. Es sei ja nicht nur das völlig verquere Schönheitsbild, das den Mädchen vermittelt wird, sagt sie. „Mindestens so problematisch finde ich diesen zur Schau gestellten Zickenkrieg“. Klar, keifende und heulende Frauen, das macht Einschaltquote, das erhöht die Werbeinnahmen von Pro7 - und Heidis Kontostand.
„Mit welchem Recht bemächtigt sich eine Unternehmerin der Träume, der Identitätssuche und der Unsicherheiten von minderjährigen Mädchen und jungen Frauen, um ein Geschäft daraus zu machen?“ wettert Frauke Mahr entsprechend. Die Sprecherin der „Lobby für Mädchen“ ist eine der Rednerinnen an diesem Protest-Nachmittag.
Mehrere Mädchen- und Frauenorganisationen haben die Demo mitorganisiert, u.a. die Online-Community Lizzynet, das Netzwerk „Lila in Köln“ und der Kölner Frauennotruf. Aber es ist vor allem Heidis Zielgruppe selbst, die protestiert: Mädchen wie die 15-jährige Anastasia, die sagt: „Klar, wenn ich die Sendung sehe, denke auch ich: Warum sehe ich nicht so aus? Obwohl ich eigentlich weiß, dass ich hübsch bin.“ Und ihre Freundin Anna ergänzt: „Fast alle aus unsere Schule gucken Topmodel. Und fast alle Mädchen finden ihr Gesicht nicht hübsch genug oder ihre Oberschenkel zu dick.“ Magersucht und immer sexy sein müssen, daraus sei eine richtige Kultur entstanden, bemängelt Mojschde, Mutter von zwei Töchtern. Die gucken kein „Germany’s next Topmodel“.
Schon vor einigen Wochen hatte Laura Pape, die ein Buch über ihre Magersucht geschrieben hat, eine Online-Petition aufgesetzt und Klum und Pro7 dazu aufgefordert, in der Sendung endlich über die Gefahren von Essstörungen aufzuklären. 16.000 Menschen haben unterzeichnet. Heidi Klum hat reagiert. Sie stehe für „gesunde Mädchen, die wohlproportioniert sind, die Sport treiben und sich gesund ernähren.“
Die Protestierenden vor dem Kölner Dom sehen das anders: „Lasst mich doch fett sein, es kann nicht jede beim Ballet sein“, steht zum Beispiel auf ihren Plakaten. Und: „Wir brauchen keine Jury, wir finden uns selber schön!“