Rassismus-Studien: Die Manipulation
Deutschland rutscht nach rechts, heißt es in den Medien, auf den Großdemos „gegen rechts“ und warnen PolitikerInnen in Brandreden. Aber sind die Deutschen wirklich zunehmend „rassistisch“ oder gar „rechtsextrem“? Zum Beispiel, wenn sie das Kopftuch kritisieren? Oder die Migrationspolitik der Regierung? Das suggerieren Studien, die bei wachsenden Teilen der Bevölkerung ein „rechtes Weltbild“ diagnostizieren. Doch stimmt das überhaupt? Susanne Schröter, Ethnologie-Professorin an der Goethe-Universität und Leiterin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“, zeigt in ihrem gerade erschienenen Buch, wie eine „woke Linke“ Wissenschaft immer stärker durch Ideologie ersetzt. Zum Beispiel in fragwürdigen Studien, die KritikerInnen der aktuellen Verhältnisse als „rechts“ oder „rassistisch“ einordnen.
Wer eine Infrastruktur jährlich mit Hunderten Millionen Steuermitteln finanziert, um Rassismus zu bekämpfen, muss nachweisen, dass das Problem tatsächlich existiert. Deshalb werden turnusmäßig Studien vorgelegt, die darauf angelegt sind, die deutsche Gesellschaft als tendenziell rassistisch zu entlarven. Ich habe bereits anhand der ADAS-Studie zur angeblichen Diskriminierung junger Muslime in Berlin, des „Afrozensus“ und des Berichtes der „Unabhängigen Expertenkommission Muslimfeindlichkeit“ auf tendenziöse Methoden hingewiesen, die darauf angelegt waren, eine zugrunde gelegte These zu bestätigen. Ähnliches ist auch bei größeren Erhebungen zu beobachten, mit denen regelmäßig der Eindruck erweckt wird, dass rassistische oder gar rechtsextreme Einstellungen in Deutschland weit verbreitet seien.
KritikerInnen aktueller Verhältnisse werden als "rechts" oder "rassistisch" eingeordnet
Das wohl renommierteste Format ist die „Mitte-Studie“ der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung, die vom „Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung“ unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Zick erstellt wird. Ziel der jährlich erstellten Studie ist es nach eigenen Angaben, die „Sollbruchstellen der Demokratie“ zu ermitteln. Diese, so das Forschungsdesign, sollen durch Befragungen von Personen ermittelt werden, die der „Mitte der Gesellschaft“ angehören. Die Fragen zielen darauf ab, rechtsextreme Einstellungen bei Personen zutage zu fördern, die sich selbst nicht als rechtsextrem wahrnehmen.
Allein der Ansatz ist bemerkenswert. Anders als bei der ADAS-Studie, in der die Selbstwahrnehmung der Untersuchten unhinterfragt als Tatsache gewertet wurde, geht man in der „Mitte-Studie“ davon aus, dass sich die Befragten bezüglich der eigenen Einstellung irren und durch die Forscher eines Besseren belehrt werden müssen.
Die Ankündigung der Studie für das Jahr 2022/23 war spektakulär. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung distanziere sich von demokratischen Werten, und jeder Zwölfte teile ein rechtsextremes Weltbild, ließ man verlautbaren. Wer die Studie las, wunderte sich. 79 Prozent der Befragten gaben beispielsweise an, angesichts multipler Krisen käme es auf den Zusammenhalt an oder auf die Solidarität mit Schwachen (69 Prozent) an. Daher muss die Frage gestellt werden, was da skandalisiert wird und wie beispielsweise ein rechtsextremes Weltbild überhaupt festgestellt wird.
Für Letzteres wurden sechs Dimensionen rechtsextremistischer Items festgelegt, die jeweils mit drei Fragen ermittelt wurden. Die Items waren: Befürwortung einer Diktatur, Sozialdarwinismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus, Antisemitismus, Nationalchauvinismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Ergebnisse der Befragung geben allerdings keine Skandalisierungen her. Lediglich vier Prozent der Befragten verharmlosten den Nationalsozialismus, sechs Prozent befürworteten eine Diktatur oder bekundeten antisemitische Einstellungen, 6 Prozent artikulierten sozialdarwinistische Vorstellungen. Wären dies die entscheidenden Kategorien, sind die vergangenen Jahrzehnte in Deutschland eine demokratische Erfolgsgeschichte. Ein solcher Befund würde die Subventionierung eines aufgeblähten vorpolitischen Raumes infrage stellen, dessen Akteure sich maßgeblich als demokratische Korrektoren eines als tendenziell undemokratisch verstandenen Landes sehen.
Die Entwicklung in Deutschland: Skandal - oder demokratische Erfolgsgeschichte?
Da die ersten vier Items nicht geeignet sind, einen Skandal zu rechtfertigen, sollten die Items Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus den Katastrophenbefund bestätigen. Doch wie definieren die Macher der Studie diese entscheidenden Items? Nationalchauvinismus wird aus der Zustimmung zu der Aussage herausgelesen, dass Deutschland seine eigenen Interessen gegenüber dem Ausland stärker vertreten soll. 23 Prozent der Befragten befürworteten dies. Man könnte meinen, dass genau dies das primäre Ziel einer deutschen Außenpolitik sein sollte. Doch weit gefehlt.
Wen ausschließlich Ungerechtigkeiten in fernen Ländern umtreiben, der kann sich für nationale Interessen nur schwer erwärmen. Dass diese jedoch umstandslos als rechtsradikal gewertet werden, hat besonders vor dem Hintergrund ein Geschmäckle, dass trotz aller vollmundigen Bekundungen einer menschenrechtsorientierten Außenpolitik auch die Ampel-Regierung nicht ohne Eigeninteressen agiert. Ob in Katar oder China: Zuguterletzt werden im Anschluss an moralisierende Reden stets wirtschaftliche Eigeninteressen aus dem Hut gezaubert werden, die letztendlich zu Kooperationen mit undemokratischen Regimen führen. Daher scheint es lediglich darum zu gehen, ob man offen sagt, was man zu tun gedenkt oder nicht.
Wer das Spiel der Doppelmoral beherrscht, ist auf der sicheren Seite, andere werden mit Vorwürfen rechtsradikal zu sein abgekanzelt.
Gehen wir zum Item der Fremdenfeindlichkeit, die 16 Prozent aller Befragten zugeschrieben wird. Nach Auffassung der Studienmacher betrifft es diejenigen, die zustimmen, dass Geflüchtete nur nach Deutschland kämen, um das Sozialsystem auszunutzen, sowie diejenigen, die deutsche Staatsbürger bei der Vergabe von Arbeitsplätzen bevorzugt sehen wollten, oder diejenigen, die Überfremdungsängste äußerten. Im Kern wird dadurch verdeckt die Zustimmung zur gegenwärtigen Einwanderungspolitik abgefragt. Wer die tendenziell kritisch sieht, weil das Motiv des Schutzsuchens infrage gestellt wird, wer wirtschaftliche Konkurrenzen im Sinne einer Priorisierung von Einheimischen befürchtet oder angesichts der rapiden Veränderung durch Migration beunruhigt ist, erhält in der „Mitte-Studie“ den Stempel des Rechtsextremen. Bei Hinzuziehung von Parteiorientierung wurden Wählern von CDU und FDP eher rechtsextremistische Einstellungen zugeschrieben, während die Wähler linker Parteien den vermeintlichen Demokratietest bestanden.
Wer die Einwanderungspolitik kritisch sieht, erhält den Stempel des Rechtsextremen
Ähnlich tendenziös gestaltete sich auch der Block, in dem Einstellungen zur Demokratie abgefragt wurden. Wer mangelndes Vertrauen in staatliche Institutionen artikulierte oder den eigenen Einfluss auf politische Entscheidungen gering einschätzte, wurde ebenso unter Rechtsextremismusverdacht gestellt wie diejenigen, die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder an den politischen Eliten äußerten. Das ist bedenklich, da gerade das Recht auf Staatskritik zu den Grundlagen liberaler Demokratien gehört und diese von Diktaturen unterscheidet.
Zudem lässt sich die Geschichte der Linken als Dauerfeuer gegen den Staat und das politisch-ökonomische Führungspersonal lesen, das in Gestalt einer Atomlobby, Rüstungslobby oder schlicht den Kapitalisten stets zum Feindbild gehörten. Dass Kritik bei einer konservativen Regierung als notwendig, bei einer linken Regierung jedoch als rechtsextrem gilt, ist bedenklich. Mit keinem Satz wird erwähnt, dass es Ursachen für zunehmende Zweifel an demokratischen Institutionen geben könnte, die im Handeln der regierenden Parteien, dabei insbesondere der Bundesregierung, liegen.
Sowohl die Maßnahmen während der Coronakrise als auch die klimapolitischen Entscheidungen oder die sich zuspitzende Migrationskrise haben für erhebliche Frustrationen innerhalb der Bevölkerung gesorgt. Dass dies nicht berücksichtigt, sondern als illegitim abgewertet wird, diskreditiert die Studie erheblich.
Das gilt auch für Einstellungsbewertungen zu den öffentlich-rechtlichen Medien. Insgesamt wird diesen stärker vertraut als alternativen Medien, doch der Anteil derjenigen, die falsche oder verzerrende Informationen bemängeln, hat zugenommen, was als demokratiefeindlich bewertet wird. Auch hier muss die Frage gestellt werden, warum Kritik negativ sein soll. Tatsächlich gibt es einseitige oder falsche Berichterstattungen, die kritisiert werden müssen. Die implizite Annahme der Studienmacher, es sei demokratisch, staatlichen Medien blind zu vertrauen, zeugt von einem autoritären Geist und ist vollkommen inakzeptabel.
Die "Mitte-Studie" - mit erheblicher Unwucht in Richtung woke-linker Normativität
Dass auch die Auffassung, die Meinungsfreiheit werde eingeschränkt, umstandslos im Kanon des Rechtspopulismus, konkret in der Kategorie „völkisch-autoritär-rebellische Einstellungen“, verortet wird, verwundert daher nicht. Perfide ist zudem, dass Kategorienpakete meist auf einem Mix an Fragen basieren, von denen einige tatsächlich auf rechtsextreme Haltungen verweisen, während andere lediglich die gegenwärtige Politik beanstanden.
Es ist unübersehbar, dass die „Mitte-Studie“ eine erhebliche Unwucht in Richtung woke-linker Normativität aufweist. Wer woken Stereotypen nicht zustimmt, erhält schnell den Stempel des Rechtsradikalen, Demokratie- oder Menschenfeindlichen. Dies wird in Zusammenfassungen der einzelnen Blöcke immer wieder festgestellt. Bei Fragen, mit denen Zustimmung zu einem kulturellen Rassismus erhoben werden sollte, wird wiederum — wenig überraschend — Anhängern der Grünen das beste Zeugnis ausgestellt, gefolgt von Linken und SPD, während die Wähler der CDU das rassistische Schlusslicht bilden. Im Ergebnis liegt nahe, dass die Macher der „Mitte-Studie“ die Zustimmung zu einem woken Weltbild abfragten und Abweichungen umstandslos als demokratiegefährdend einstuften.
Der Text ist ein Auszug aus Susanne Schröters gerade erschienenem Buch „Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“ (Herder)