Rechte & linke Identitäre
Ein neuer Star am Himmel der identitätspolitischen Linken ist die amerikanische Professorin für Moderecht, Susan Scafidi. Auf sie geht es zurück, wenn sich die Berliner Landesvorsitzende der Grünen auf einem Parteitag dafür entschuldigt, dass sie als Kind gerne ein „Indianerhäuptling“ gewesen wäre. Oder wenn gutmeinende Kindergartenpädagogen Eltern ermahnen, ihre Kinder zum Fasching nicht als Indianer verkleidet in die Kita zu schicken. Und das Berliner Staatsballett wird in diesem Jahr nicht einmal mehr den „Nussknacker“ auf die Bühne bringen. In der traditionellen Choreografie träten nämlich zwei Kinder mit dunkel geschminkter Haut auf. „Blackfacing geht nicht“, verkündete die Staatsballett-Chefin Christiane Theobald resolut.
Was noch vor wenigen Jahren nicht einmal ein Achselzucken wert gewesen wäre, ist heute für viele also ein moralischer Skandal. In all diesen Fällen finde angeblich eine illegitime „kulturelle Aneignung“ (cultural appropriation) statt, erklärt Scafidi in ihrem Buch „Who Owns Culture?“ Was Scafidi damit meint, ist ungefähr das Folgende: Die Art, wie sich Indianer einst gekleidet haben, ist eine über Jahrhunderte erworbene kulturelle Praxis und dieses kulturelle Wissen ist das Eigentum der Indianer. Ungefragt diese Tradition zu kopieren, stellt daher im Grunde eine Form von Diebstahl dar. Ein Nicht-Indianer sei moralisch weder befugt, sich diese Tradition anzueignen, noch in der Lage, ihre kulturelle Bedeutung überhaupt zu verstehen.
Das liegt nach Scafidi daran, dass nur Indianer den indianischen „Volksgeist“ besäßen. Das ist kein Scherz, genauso steht es wörtlich in ihrem Buch. Sie meint tatsächlich, dass jedes „Volk“
Ausgabe bestellen