„Renn, Tayyip, renn! Wir kommen!“
Alleine in Istanbul waren es über 10.000 Frauen. Obwohl die türkische Regierung wegen des „Ausnahmezustandes“ die Frauentags-Demos eigentlich verbieten wollte - angeblich aus „Sicherheitsgründen“. Und obwohl schon am Sonntag Frauen-Demos im südosttürkischen Sanliurfa gewaltsam von der Polizei aufgelöst worden waren: mit Reizgas und Schlagstöcken.
Aber am 8. März waren die Türkinnen nicht zu halten. Sie gingen zu Tausenden auf die Straße: in Ankara, in Izmir, in Antalya oder Adana. Überall prangte „Hayir!“ auf den Transparenten der Frauen. „Nein!“ zu Erdogan, der sich am 16. April via Referendum zum Alleinherrscher der Türkei küren lassen will. Für die Türkinnen steht nicht nur viel, sondern alles auf dem Spiel.
Einen Vorgeschmack auf die Zukunft bekamen die StudentInnen auf dem Zentralcampus der Bilgi-Universität in Istanbul. Eine Gruppe von rund 30 bis 40 Männern war in den Campus eingedrungen und verwüsteten einen Info-Stand, den Studierende anlässlich des 8. März aufgestellt hatten.
Eine Augenzeugin berichtet: „Die Männer waren auf dem Campus hinter den Bäumen versteckt. Einer von ihnen hat seinen Zeigefinger erhoben (Anm. d. Red.: der Gruß der radikalen Islamisten). Dann riefen die Männer 'Allahu Akbar' und gingen auf uns los.“ Eine der Frauen, die Widerstand leistete, wurde mit den Worten „Haltet sie fest, diese Hure“, zu Boden gestoßen. Andere Augenzeuginnen berichten, dass die Männer mit Messern bewaffnet waren.
"Verhütung? keine muslimische Familie sollte so etwas tun!"
Die Studierenden werfen der Universität jetzt vor, dass sie nicht geschützt worden sind. Schon in den Tagen davor habe es schliesslich Drohungen auf Twitter gegeben. Die Universitätsleitung war also informiert über die Gefahr.
Und Erdogan? Der hat schon länger genaue Pläne für die Frauen in der Türkei: Mindestens drei Kinder pro Familie sollen es sein. "Familienplanung und Geburtenkontrolle, keine muslimische Familie sollte so etwas tun. Wir werden jenen Weg beschreiten, den Gott und unser verehrter Prophet vorgeben”, sagt Erdogan.
Am 8. März nun twitterte der türkische Präsident ganz à la Trump an die Frauen dieser Welt: „Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März gratuliere ich allen Frauen weltweit und wünsche alles Gute zum Weltfrauentag!“ In mehreren Sprachen: u.a. auf Deutsch, Französisch, Englisch, Arabisch und Russisch.
Die protestierenden Frauen in Istanbul hatten darauf eine eindeutige Antwort: „Renn, Tayyip, renn! Wir kommen!“