Corona: Schulstart ohne Plan
Eltern, vor allem die betroffenen Mütter, aus ganz Deutschland schauen in diesen Tagen nach NRW, Berlin und Brandenburg. Schulstart. Noch nie wurde ein erster Schultag so sehr herbeigesehnt und gleichzeitig so sehr gefürchtet. Wird es neue Infektionsherde geben, neue Quarantänen, neue Schließungen?
Vor allem für die Mütter steht viel, nicht selten sogar alles auf dem Spiel. Schon jetzt sind sie „Wackelkandidaten“ im Job, weil sie „unzuverlässig“ geworden sind. Denn, wenn einem Kita-Kind die Nase läuft, könnte das Corona sein – heißt: Das Kind muss abgeholt werden. Erst mit einem negativen Testergebnis darf es zurück in die Kita. Bis zur nächsten laufenden Nase. Kinderarzt-Praxen sind schon jetzt überlastet. Der Herbst kann heiter werden.
Mütter sind im Beruf zu Wackelkandidaten geworden, gelten als unzuverlässig
Dabei sind Kinder bislang nicht gerade als Superspreader aufgefallen. Im Gegenteil. Eine Gesundheitsstudie aus Sachsen bestätigt die auffallend niedrige Durchseuchung in Schulen und Kitas. Kinder und Jugendliche leiden nicht an Corona, sie leiden unter der Männergewalt zuhause, unter „Social Distancing“ und darunter, in der Schule den Anschluss zu verlieren.
Manche Mutter befindet sich nach Wochen des Homeschoolings (wohlgemerkt während ihres Homeoffices) am Rande des Nervenzusammenbruchs. Natürlich blieb fast alles an den Müttern hängen, Studien zeigen, dass in großer Mehrheit Frauen beruflich für die Kinder-Betreuung zurückgesteckt haben und nun verstärkt in Teilzeit arbeiten. Zurück in die 50er? Ja, vielen Frauen ist das passiert. Mütter gründeten die Initiative „Eltern in der Krise“, schrieben Protestbriefe an die Politik, starteten Petitionen und fragen: „Wie soll es denn jetzt weitergehen?“ Kein einziges Bundesland hat bisher einen wirklich konkreten Maßnahmen-Plan zum Schulstart vorgelegt über das, was passieren soll, wenn wieder geschlossen werden muss. Keine alternativen Unterrichtskonzepte, keine Betreuungs-Notfallpläne, in vielen Schulen keine digitale Aufrüstung. Dann ist halt zu. Sind ja nur 10,5 Millionen Kinder und ihre Eltern betroffen.
Zum ohnehin bestehenden Lehrermangel kommt der Corona-Mangel hinzu
Fitness-Clubs und Biergärten haben einen Plan, klar, TouristInnen aus Corona-Risikogebieten kommen unbehelligt zurück. In Berlin öffnen wieder die Bordelle. Ja, sogar über die Rückkehr der Fußball-Fans in die Stadien wird diskutiert - die Fans müssen aber wahrscheinlich auf ihr Bier verzichten. Die Armen.
Und: Zum ohnehin schon bestehenden bundesweiten Lehrermangel kommt nun auch noch der „Corona-Mangel“ hinzu. Lehrerinnen und Erzieherinnen über 50, die zur Risikogruppe gehören, dürfen gar nicht oder nur sehr wenig arbeiten. Davon gibt es nicht gerade wenige in Deutschland. Nur nebenbei: Das deutsche Schulsystem steht vor einer riesigen Pensionierungswelle.
Schon ab März 2020 hätten die Belange der 10,5 Millionen Kinder eigentlich mit im Fokus stehen müssen. Man hätte wissen müssen, dass es Müttern wurscht ist, ob die Mehrwertsteuer sinkt oder der große Summer-Sale ausgerufen wird. Sie wollen arbeiten! Sie müssen arbeiten! Mehr Kindergeld, Juchheissassa? Bringt aber nichts, wenn das Gehalt wegbricht. Sowas passiert, wenn die Frauenministerin noch nicht einmal ein festes Mitglied im Corona-Kabinett ist. Kinder haben ein Recht auf ein soziales Umfeld, auf Bildung, auf Betreuung, und darauf, dass ihre Regierung sich verdammt nochmal Gedanken über sie macht. Keine Elternlobby, keine Kinderlobby, keine Mütterlobby. Die Politik gibt einen Scheiß auf Familien und Kinder. Mutti macht das schon.
In diesem Land war ein Kind für Frauen schon lange vor Corona ein Karriere-Killer. Jetzt wird es zum Berufs-Killer. Die Familienpolitik ist ein Desaster geworden. Liebe Frauen- und KultusministerInnen: Bitte handeln!