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Sr. Scolastica: Will nicht weichen

Schwester Scolastica ist die letzte Nonne des Kapuzinerinnen-Klosters.
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Sie ist die letzte Nonne des Kapuzinerinnen-Klosters Maria Wonnenstein in Appenzell und soll einer Bruderschaft weichen. Doch die 80-Jährige wehrt sich gegen ihren Rausschmiss. Schwester Scolastica hat den Trägerverein des Klosters verklagt und fordert ihr Privatvermögen zurück, das sie mit 20 eingezahlt hat. 

Doch seit die Mutter Oberin vor fünf Jahren verstarb, machen Kirche und Staat mächtig Druck, um die allerletzte Ordensfrau zu vertreiben. Sie bilde „als Einzelperson keine religiöse Gemeinschaft mehr im Sinne des Kirchenrechts“, lautet die Begründung. 

In Wahrheit geht es jedoch auch um die Interessen einer Bruderschaft, jene der Altherren der Studentenverbindung Bodania, zu denen der Bischof von St. Gallen gehört. Dieser elitäre Ostschweizer „Klub“ bot 2014 den damals noch fünf Klosterfrauen an, das Management des Konvents mittels ­eines neuen Vereins zu übernehmen. Die Nonnen, die meisten von ihnen bereits in vorgerücktem Alter, waren überglücklich, dass man ihnen diese Last abnahm. 

Da aber der Mitgliederkreis des neuen Trägervereins auf die Altherren der Studentenverbindung Bodania in St. Gallen ausgeweitet wurde, hatten die Klosterfrauen als Minderheit immer weniger Einfluss auf den Gang der Dinge. Hell­hörig machten die Nonnen zum Beispiel Pläne der neuen Herren, das Kloster in einen „Ethik-Campus“ der Universität St. Gallen zu verwandeln. Und erst recht die geplante Übertragung des Klostervermögens mit seinen großen Ländereien. Und dann auch noch die Übertragung des Schwesternfonds auf zivile Vereine. Am Ende auch der drohende Rausschmiss.

Allen voran Schwester Scolastica, die jüngste und rüstigste dieses Ordens wehrte sich gegen Entmachtung und Bevormundung. Der Kampfeswille der 80-jährigen Nonne ist bis heute ungebrochen. Die Ordensfrau darf sich öffentlich nicht zum Konflikt äußern. Längst hat sich aber unter dem Schlagwort „Kloster Wonnenstein gehört den Frauen!“, eine Interessengemeinschaft (IG) gebildet. 

Schwester Scolastica scheute auch den Gang vor die weltlichen Gerichte nicht. Sie hat den Trägerverein des Klosters verklagt und ihr Privat­vermögen zurückgefordert, das sie der Mutter Oberin beim Eintritt anvertraut hatte. Die erste Runde vor dem St. Galler Bezirksgericht hat sie im Oktober 2024 verloren. 

Obwohl ihre Zukunft in Wonnenstein ungewiss ist, hält Scolastica sich weiterhin strikt an die Ordensregeln und Tagesabläufe. Um fünf Uhr morgens ist Tagwacht, dann folgen Meditation und Gebete. Später kümmert sie sich um die anfallenden Arbeiten im Garten und im Haus. 

Das Klosterleben war schon als Teenager ihr großer Traum. Nach einer Lehre als Verkäuferin und einem Sprachaufenthalt in Paris, folgte Yvonne gegen den Willen ihrer Mutter mit zwanzig Jahren ihrem Herzenswunsch. 

Sie lernte im Kloster das Orgelspiel und den Umgang mit Heilmitteln und Schnäpsen, für die Maria Wonnenstein schweizweit bekannt war. Dass sie nicht in Maria Wonnenstein bleiben kann, weiß Schwester Scolastica selber nur zu gut. Aber eine andere Gemeinschaft, die sie aufnimmt, hat die rebellische Schwester bis heute nicht gefunden. 

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