Frauenhass ist Volksverhetzung!
„Menschen zweiter Klasse“, „minderwertige Menschen“ und „den Tieren näherstehend“, so bezeichnete ein Mann Frauen auf seiner Website. Volksverhetzung? Nein – fand das Landgericht Bonn Ende 2019. „Volksverhetzung“ als Tatbestand greift schließlich nur, wenn „GRUPPEN in ihrer politischen oder weltanschaulichen Überzeugung, in ihren sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, in ihrem Beruf oder in ihrer sozialen Funktion“ angegriffen werden. Der 70-jährige Rentner, der den Hass auf Frauen zu seinem Lebensthema gemacht hat, wetterte ja einfach nur gegen Frauen als solches. Weil sie Frauen sind.
Hätte er auf diese Art gegen Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen jüdischen Glaubens gewettert, wäre er sehr wohl verurteilt worden. Seine Verteidigung: „Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt, dass der allgemeine Geschlechterschutz von der Norm gerade nicht beabsichtigt ist.“ Der Mann wurde also freigesprochen.
Angriffe auf die Menschenwürde
von Frauen können geahndet werden
Zu Unrecht! - Wie nun das Oberlandesgerichts (OLG) Köln entschieden hat und den Freispruch des Mannes wieder aufhob. Das Novum: „Der Volksverhetzungsparagraf im Strafgesetzbuch greift auch bei einer pauschalen Verunglimpfung von Frauen.“ Zwar sei der Hauptanwendungsbereich des Gesetzes der Schutz von Minderheiten (meist geht es um rechtsradikale Hetze), es erfasse aber nach „Wortlaut, Sinn und Zweck auch Angriffe auf die Menschenwürde von Frauen“, so das Gericht. Die Kölner Richter weiter: „Auch Frauen gehören zu den durch den Paragrafen geschützten Teilen der Bevölkerung.“
Frauen müssen also nicht mehr als „Minderheit“ oder „Gruppe“ kategorisiert werden, um gesetzlich geschützt zu werden. Hetze, verbalisierter Hass und Verunglimpfungen gegen Frauen sind ab sofort mit dem Paragrafen 130 „Volksverhetzung“ strafbar. Die Strafe für den Mann soll bei 55 Tagessätzen liegen.
Noch wichtiger ist die Botschaft: „Frauen, wehrt euch!“ Denn Frauen werden sehr viel öfter als Männer Opfer von Hate Speech, besonders in den sozialen Medien (EMMA berichtete).
Neue Dimensionen: Im Internet
tobt ein Krieg gegen Frauen
Die Hasskommentare und Gewaltandrohungen im Internet gegen Frauen haben nach Netz-Expertinnen wie Anke Domscheit-Berg eine neue Dimension erreicht. Sie spricht von einem „Krieg gegen Frauen“ im Netz, mit dem alle Frauen mundtot gemacht werden sollen, die sich öffentlich äußern. Eine Frau, die sich immer wieder erfolgreich gegen Hater wehrt, ist die Leipziger Aktivistin Inge Bell, die jüngst dafür sorgte, dass ein Mann, der ihr „Penisbilder“ schickte, ordentlich dafür zahlen musste (EMMA berichtete). Mit dem Paragrafen 130 dürfte das nun einfacher werden.
Der Urteilsspruch ist ein Paradigmenwechsel. Frauen, wehrt euch!
(Aktenzeichen: OLG KÖLN III-1RVs 77/20)