In der aktuellen EMMA

„Sexist Man Alive 2024“ geht an Strack-Zimmermann

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Sie ist eigentlich ein Traumfall für EMMA. Ein wahres feministisches Role Model. Mutter, Kinderbuch-Vertreterin im Ruhestand – und heute berühmt-berüchtigte Spitzenpolitikerin. Vor allem aber ist sie ein Paradefall gegen die grassierende Transideologie. Denn diese Frau beweist, dass Frau weder den Vornamen wechseln, noch Hormone schlucken, geschweige denn sich die Brüste abnehmen lassen muss, um ein ganzer Kerl zu sein. Und was für einer!

Früher, vor der Frauenbewegung, hätte man das keiner Politikerin durchgehen lassen. Da war es den Frauen im Bundestag sogar noch verboten, Hosen zu tragen – oder gar mit Herrenhaarschnitt und kerliger als ein John Wayne im Taschenformat aufzutreten. Wie gesagt, ein feministischer Paradefall. Wäre da nicht das dröhnende Waffen­gerassel.

Die Helm-Frisur sitzt, das Feindbild auch. Mit Ray-Ban-Brille und hoch­gestelltem Kragen ist sie allzeit bereit zum Abheben: unsere „Eurofighterin“ (Wahlslogan FDP). Ganz wie ihr offensichtliches Vorbild Tom Cruise (als Kampfpilot „Maverick“ in „Top Gun“). Der hatte es auch auf russische MiGs abgesehen. Im Cockpit hockt sie wie er. Zwei, die weder Tod noch Teufel fürchten. Take my breath away.

„StrackZi“ oder auch „Flak-Zimmermann“ lässt sich nur zu gern in der Danger Zone ablichten: beim Truppen­besuch, bei Wehrübungen oder eben beim Flug im Eurofighter. „Top-Gun-Feeling pur“ tönte sie nach ihrem Rundflug beim Luftwaffengeschwader 31 in Nörvenich auf Social Media. Kosten: rund 80.000 Euro. Bezahlen? Wir.

Take my breath away: Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Tom Cruise im Cockpit.
Take my breath away: Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Tom Cruise im Cockpit. - FOTOS: @strackzimmermann auf threads, IMAGO

Niemand streitet in Deutschland so penetrant pro Waffen für die Ukraine und gegen Friedensverhandlungen wie sie: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 66 Jahre alt, Mutter von drei Kindern, Großmutter von drei Enkelkindern. Mit dem T-Shirt „Taurus für die Ukraine – zusammen bis zum Sieg“ posierte sie auf Social Media. Zusammen bis zum totalen Sieg? Keine Talkshow ohne den heroischen Hau­degen. „In jeder Talk-Show ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin“, lautete die Selbsteinschätzung des Horrorclowns beim „Orden wider den tierischen Ernst“ in der ­Karnevalsbütt in Aachen.

Niemand streitet in Deutschland so penetrant pro Waffen wie sie

Im Trio Infernale lässt sie Roderich Kiesewetter und Anton Hofreiter aussehen wie zwei verklemmte Schützenfest-Brüder. Gemeinsam würden die drei Russland am liebsten sofort eigenhändig in die Luft jagen. 

Einmal kann sie den Rachefeldzug der gesamten NATO kaum noch ab­war­ten. Am 15. November 2022 twittert sie: „Russische Raketen haben offenbar Polen und damit NATO-Gebiet ­ge­troffen.“ Nach NATO-Reglement wäre das zwingend der Kriegseintritt für Deutschland gewesen. Aber schade. Es war nur die ukrainische Raketen­abwehr, die auf Polen geballert hatte. In der Psychologie nennt man sowas Überkompensation. Wie überhaupt ein Blick in ihr Unterbewusstes zweifellos pikant wäre.

Klar, dass so ein Auftritt den echten Männern nicht wirklich passt. Im Plenarsaal reagierten die Herren bisweilen gereizt, wenn Strack-Zimmermann nach vorn marschierte. AfD und CSU provozierten: „Heute nicht in Fliegermontur, Frau Zimmermann?“ KritikerInnen in der eigenen Partei bespötteln sie als „G36“, das problematische Sturmgewehr der Bundeswehr: Ballert gut los, aber hat Präzisionsprobleme bei Überhitzung. Und Scholz-Berater Jens Plöttner stöhnte viel zitiert: „Boah, die Alte nervt!“ 

Nur die Sache mit der „Oma Courage“,
die lief irgendwie suboptimal

Der Abflug der Maulheldin nach Brüssel ließ so manchen in Berlin aufatmen. Im EU-Parlament ist die Düsseldorferin nun Vorsitzende des Unterausschusses für Verteidigung. Ihr „Gefechtshelm“, eine Eigenanfertigung aus den USA, ist schon ausgepackt, auf dem Schreibtisch steht ein Modell des Eurofighters, an der Wand hängt ein Poster mit Snoopy im Panzer, ihre Arbeitsmappe trägt Tarnfarbe. Im Ernst.

Im Wahlkampf auf dem Weg nach Brüssel hatte sie mit drohendem Vampir-Blick von den Plakaten gestarrt. Nur die Sache mit der „Oma Courage“, die lief irgendwie suboptimal. Ist die Werbeagentur der FDP der Spitzenkandidatin wirklich wohlgesonnen? Schließlich: Welche Politikerin will schon als „Oma“ tituliert werden? Und die Werber wussten scheinbar auch nicht, dass Bertolt Brechts „Mutter Courage“ keine Frau mit Courage, sondern eine niederträchtige Kriegsprofiteurin ist. Eine, die bis zuletzt den Krieg befeuert und selbst ihre Kinder dafür opfert. Oder dachten die PR-Strategen etwa: Passt?!Der Verein Lobbycontrol kritisierte die Mitgliedschaft von Strack-Zimmermann beim „Förderkreis Deutsches Heer“ sowie der „Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik“ – zwei Organisationen, die der Rüstungsindustrie sehr nahe­stehen. Und dann auch noch ihre ört­liche Nähe zu Rheinmetall in Düsseldorf und Thyssenkrupp in Essen …

Doch während Deutschland und Europa, ja inzwischen sogar die USA  allmählich kalte Füße kriegen, ist Strack-Zimmermann weiterhin stramm entschlossen: „Das Ziel ist die Wiederherstellung der ganzen Ukraine. Das Ziel ist, Wladimir Putin in Den Haag vor Gericht zu stellen.“ Koste es, was es wolle. Und es kostet viel.

Wie ist Strack-Zimmermann zum Maverick aus Düsseldorf-Niederkassel geworden?

Doch wie ist Marie-Agnes Strack-Zimmermann eigentlich zum Maverick aus Düsseldorf-Niederkassel geworden? 1958 wird sie als Marie-Agnes Jahn in eine „tolle Familie“ hinein­geboren, Vater Bankmanager, Mutter Hausfrau, zwei große Brüder. Sie studierte Publizistik und arbeitete dann für einen Kinderbuch­verlag. 1990 tritt sie in die FDP ein. 2008 wird sie ehrenamtliche Bürgermeisterin von Düsseldorf, also Stellvertreterin des CDU-Oberbürgermeisters, und darf  schon mal in der Kommunalpolitik üben. 

2013 wird die Newcomerin zur stellvertretenden Vorsitzenden der Bundes-FDP gewählt. Zwei Jahre später wird sie Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.

Der Ukraine-Krieg wird für Strack-Zimmermann das, was Corona für Karl Lauterbach war: ein Karriere-Booster. Noch dazu flankiert von einer Rüstungsindustrie, die sich nach bald drei Jahren Krieg heute das Klopapier vergolden lassen kann.

In den Koalitionsverhandlungen hatte die kämpferische Liberale sich nach Christine Lambrechts raketenhaftem Abgang schon mal als Verteidigungsministerin in Stellung gebracht. Doch: Sprüche klopfen kann sie, aber wie dem Grauen wirklich ein Ende gemacht werden könnte, davon hat sie keine Ahnung – und will es auch gar nicht. Ganz wie die grüne Außenministerin.

Hat die krawallige Düsseldorferin jemals etwas für die Opfer des Krieges getan? Hat sie sich je für die vergewaltigten Frauen engagiert, die sie so gern als „Argument“ für Waffenlieferungen hervorzerrt? Hat sie überhaupt die leiseste Ahnung davon, wie lange die Waffe Vergewaltigung weltweit schon im Einsatz ist?

Die aktuelle November/Dezember-EMMA gibt es jetzt schon im www.emma.de/shop
Die aktuelle November/Dezember-EMMA gibt es jetzt schon im www.emma.de/shop

Nein. Aber sie wirft zum Beispiel Alice Schwarzer vor, sich nicht für die vergewaltigten Frauen im Krieg zu interessieren. Geht’s noch? Gerade die setzt sich – lange als Einzige – seit der ersten EMMA-Ausgabe 1977 für Kriegsopfer und Vergewaltigte ein. Und EMMA berichtete seit April 2022 immer wieder über die Kriegsvergewaltigungen in der Ukraine. 

Machen wir es kurz. Reservist Strack-Zimmermann: Vortreten! Hiermit er-nennen wir Sie zum „Sexist Man Alive 2024“. Ihr Preis wartet im EMMA-Hauptquartier in Köln. EMMA gratuliert!   

PS Ein Filmtipp, Frau Strack-Zimmermann: Wenn schon Tom Cruise, dann vielleicht statt „Top Gun“ mal „Geboren am 4. Juli“. Da spielt er einen Vietnam-Veteranen im Rollstuhl, der zum Anti-Kriegs-Aktivisten wird. Soll seine beste Rolle gewesen sein.

Die bisher Geehrten: Der EMMA-Award „Sexist Man Alive“ ging 2019 an Rapper Kollegah, 2020 an FDP-Retter Christian Lindner, 2021 an Papst Franziskus, 2022 an Alt-Punk Sascha Lobo und 2023 an Spaßvogel Jan Böhmermann. Alle Preisträger hier

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