Sieg gegen Porno-Portale!

Foto: Jochen Tack/IMAGO
Artikel teilen

Was die Düsseldorfer Landesanstalt für Medien (LfM) seit November 2019 betreibt, könnte man als Kampf gegen Windmühlenflügel bezeichnen. Aber LfM-Direktor Tobias Schmid hat diesen Kampf aufgenommen. Er betreibt ihn mit Verve und hat gerade tatsächlich einen Sieg errungen. Es ist ein Etappensieg, aber ein bedeutender.

Anzeige

Lange genug seien die Betreiber von Porno-Plattformen „dem Gesetzgeber auf der Nase herumgetanzt“, sagt Schmid, „doch damit ist jetzt Schluss“. Dafür hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf gesorgt. Das Gericht entschied: Plattformen wie Youporn oder Pornhub müssen sich an geltendes deutsches Recht halten, auch wenn ihre Server im Ausland stehen. Das bedeutet: Künftig müssen die Porno-Anbieter eine wirksame Sperre einbauen, um Kinder und Jugendliche von ihren Seiten fernzuhalten – andernfalls werden sie selbst gesperrt.

Denn in Deutschland gilt: Pornografie darf laut Gesetz Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden. Wer auf die Seiten will, muss sich deshalb als volljährig identifizieren, zum Beispiel per Post-Ident-Verfahren oder Kreditkarte. Die deutschen Anbieter halten sich nach Aufforderung durch die Medienanstalt inzwischen an diese Vorgabe. Doch Pornhub, das weltweit größte Porno-Portal mit Sitz in Montreal, ignoriert sie einfach. Genau wie Youporn, MyDirtyHobby und xHamster. Dort ist entweder gar nichts vorgeschaltet oder es genügt ein einfacher Klick auf den „Ich bin älter als 18 Jahre“-Button.

Die Landesanstalt für Medien, die auch für die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet zuständig ist, wollte sich das nicht länger bieten lassen. „Bei Fernsehsendern kontrollieren wir jede Ausspielung darauf, ob die Musik nicht zu gruselig ist, gleichzeitig kann aber jeder Zwölfjährige von Kikaninchen auf Pornhub wechseln“, hatte LfM-Direktor Schmid im Mai 2020 in EMMA erklärt.

Also hatte Schmid ein Verfahren bei der „Kommission für Jugendmedienschutz“ eingeleitet und den vier Porno-Portalen mit einer Sperre gedroht. Doch die beriefen sich darauf, dass ihre Server in Zypern stehen und sie damit nicht unter deutsches Recht fielen. Sie klagten gegen die Sperr-Androhung aus Düsseldorf – und verloren.

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht entschied im Dezember 2021: Das deutsche Jugendmedienschutzrecht müsse angewandt werden, weil Kindern und Jugendlichen sonst „ernsthafte und schwerwiegende Gefahren durch freien Zugang zu pornografischen Internetseiten“ drohten. In seinem Urteil (AZ: 27 L 1414/20) zitierte das Gericht Studien zum enormen Ausmaß der Porno-Nutzung: Jeder dritte männliche Jugendliche konsumiert mehrmals wöchentlich Pornografie, jeder fünfte täglich. Knapp jeder Zwölf- bis 14-Jährige hat im Internet schon „sexuelle Darstellungen“ gesehen.

Sexuelle Darstellungen? Wohl eher: sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Die New York Times hatte schon im Dezember 2020 aufgedeckt, dass Pornhub nicht nur die üblichen Erniedrigungen von Frauen zeigt („Teenie Cindy wird genagelt“), sondern auch Verbrechen. „Die Seite ist überschwemmt von Vergewaltigungsvideos“, schreibt Autor Nicholas Kristof. „Sie zeigt versteckt aufgenommene Videos von Frauen unter der Dusche, Videos mit rassistischen und frauenfeindlichen Inhalten und Bilder von Frauen, denen mit Plastiktüten die Luft genommen wird.“ Kristof berichtete auch über den Fall eines verschwundenen 15-jährigen Mädchens aus Florida. Die Mutter der Vermissten erkannte sie kurze Zeit später auf der Porno-Plattform in 58 unterschiedlichen Sexvideos.

Die kalifornische Anti-Porno- und Anti-Prostitutions-Aktivistin Laila Mickelwait hatte deshalb eine Petition gestartet: „Schließt Pornhub! Das Unternehmen hat nicht nur keine Sperre für Jugendliche – es nimmt für seine Millionengewinne auch in Kauf, dass Opfer von Menschenhandel für die Clips vergewaltigt werden.“ Inzwischen haben 2,2 Millionen Menschen unterschrieben.

Die Sperrung der Seite für Kinder und Jugendliche in Deutschland wäre also nur ein kleiner Schritt – aber immerhin ein erster. Pornhub & Co. haben gegen das Düsseldorfer Urteil Rechtsmittel eingelegt. Der Kampf geht in die nächste Runde.

Artikel teilen

Anzeige

 
Zur Startseite