Skispringerinnen: Große Sprünge

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„Fliiiiiiiieeeeeeeeeeeg!“ rufen die Fans, wenn die "Adler", die Skispringer, von der Schanze abheben und ein paar Sekunden lang stoisch durch die Luft gleiten. Das große Fliegen wurde den Frauen bislang verwehrt. Für die Großschanzen, die die atemberaubenden Sprünge überhaupt erst möglich machen, waren sie gesperrt.

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Nun wurde der Passus gekippt, der besagte, dass die maximale Schanzengröße (mit Ausnahme des Weltcup-Finales) für die Frauen HS 118 (Hill Size 118 Meter) sein darf. Damit wurden alle Großschanzen als Austragungsorte von Weltcup-Springen ausgeschlossen. Die Großschanzen sind also ab jetzt fester Bestandteil des Kalenders: Zehn der 25 Einzelspringen der Saison finden auf ihnen statt. Damit geht für die Springerinnen ein Traum in Erfüllung. Außerdem fällt mit der Nordischen Kombination die letzte Männerbastion des Wintersports. Besonders die österreichischen Skispringerinnen hatten sich für diesen Wettbewerb stark gemacht. „Keinen Damen-Teambewerb auszutragen, wäre ein herber Rückschlag für den gesamten Damensprungsport und für Österreich einfach nur traurig“, hatte Vorzeigespringerin Daniela Iraschko-Stolz unlängst erklärt. Insgesamt stehen bei der WM in Seefeld sechs Skisprung-Wettbewerbe für Männer und Frauen auf dem Programm, darunter auch im Mixed-Team.

Die „fliegenden Frauen“ waren bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften jeweils deutsche Gold-Garanten. Carina Vogt, Katharina Althaus und Juliane Seyfarth gehören zu den Top-Favoritinnen. Zudem hat Bundestrainer Andreas Bauer für den Weltcup-Auftakt auch Pauline Heßler, Anna Rupprecht und Ramona Straub nominiert. Seefeld bedeutet für sie alle einen Meilenstein in ihrem Sport.

Jahrzehntelang hatte der IOC-Herrenclub, flankiert vom Internationalen Skiverband (FIS), verhindert, dass Frauen bei internationalen Wettbewerben auf die Schanzen dürfen. Die Begründungen waren abenteuerlich. “Die Wucht des Aufpralls zerstört die Gebärmutter”, hatte allen Ernstes FIS-Präsident Gian-Franco Kasper behauptet. Der deutsche Ski-Verbandsfunktionär Helmut Weinbuch hatte vor Sport-Journalisten mit einem Stuhl-Sprung demonstriert, wie die „anders gekrümmte Wirbelsäule der Frau“ beim Skispringen Schaden nähme. Aber alle altväterliche Sorge half nichts. Die Frauen sprangen, und zwar gern und weit. 2014 taten sie es erstmals olympisch in Sotschi.

In diesem Winter ist durch die neue Regelung auch mit einer höheren Fernsehpräsenz des Damen-Skispringens zu rechnen. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF werden vorwiegend Zusammenfassungen zeigen, zahlreiche Wettbewerbe sollen aber auch live im TV oder Live-Stream gezeigt werden. 2020 startet der Frauen-Weltcup, ab 2021 gibt es WM-Medaillen. Die Kombinierinnen von morgen werden schon heute in den Sportschulen ausgebildet. 

Alle Gebärmütter und Wirbelsäulen sind wohlauf und werden heute ab 16 Uhr zeigen, wo der Adler seine Locken hat.

PS: Mission erfüllt! Gold geholt! Geschichte geschrieben! Einen besseren Auftakt hätten sich die deutschen Ski-Springerinnen gar nicht vorstellen können. Juliane Seyfarth, Ramona Straub, Carina Vogt und Katharina Althaus haben sich beim ersten Team-Wettkampf für Frauen der Skisprung-Geschichte direkt Gold gesichert, noch vor Österreich und Norwegen. 
 

Im TV

Teamspringen der Damen heute ab 16 Uhr in der auf ARD oder auf www.eurosport.de im Livestream.

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Olympia: Katharina fliegt zum Sieg!

Foto: Imago/Gepa Pictures/Christian Walgram
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Sie hat eiserne Nerven bewiesen. Sturmböen, minus 15 Grad und die Frage: Kann sie starten und wenn ja, wann? Doch schließlich wurde die Sprungschanze trotz grimmiger Witterung freigegeben und Katharina Althaus sprang: 106,5 Meter! Silber für Deutschland!

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"Die Wucht des Aufpralls zerstört die Gebärmutter!"

Natürlich sind die beiden Goldmedaillen von Biathletin Laura Dahlmeier auf den ersten Blick die spektakuläreren Siege bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang. Aber der Erfolg der deutschen Skispringerinnen ist deshalb ein so besonderer, weil es sie, wenn es nach dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gegangen wäre, eigentlich gar nicht geben dürfte: die Skispringerinnen. Jahrzehntelang hatte der IOC-Herrenclub, sekundiert vom Internationalen Skiverband (FIS), verhindert, dass Frauen bei internationalen Wettbewerben auf die Schanzen dürfen. Die Begründungen waren abenteuerlich.

“Die Wucht des Aufpralls zerstört die Gebärmutter”, hatte allen Ernstes FIS-Präsident Gian-Franco Kasper behauptet. Und der deutsche Ski-Verbandsfunktionär Helmut Weinbuch hatte vor Sport-Journalisten mit einem Stuhl-Sprung demonstriert, wie die “anders gekrümmte Wirbelsäule der Frau” beim Skispringen Schaden nähme.

Aber alle altväterliche Sorge half nichts. Die Frauen sprangen, und zwar gern und weit. Und sie protestierten gegen ihren Ausschluss, unterstützt von Vätern, die das Talent ihrer Töchter nicht verkümmern sehen wollten. 1999 kündigte EMMA den “fliegenden Girls eine verheißungsvolle Zukunft” an. Das stimmte zwar, aber die Prognose, dass das “Frauen-Skispringen schon 2002 in Salt Lake City olympisch werden soll”, erwies sich als arg optimistisch. Noch 15 Jahre sollte es dauern, bis die ersten Skispringerinnen bei Olympia starteten: 2014 in Sotschi.

Doch das IOC hatte die Frauen nicht ganz freiwillig auf die Schanze gelassen. 15 Skispringerinnen hatten dafür geklagt, bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver starten zu dürfen. Zwar wies das Oberste Gericht von British Columbia die Klage ab, weil allein das IOC zuständig sei. Aber die Sache war für den “rückständigen Herrenclub” (Die Zeit) so peinlich, dass mann sich entschied, dass 2014 in Sotschi die Zeit für die Skispringerinnen gekommen sei.

Und dann erst die “anders gekrümmte Wirbelsäule".

Prompt holte die deutsche Skispringerin Carina Vogt die Goldmedaille. Und jetzt Katharina Althaus. Die 21-jährige Oberstdorferin behielt trotz der widrigen Bedingungen ruhiges Blut, bis sie um 22 Uhr Ortszeit endlich springen durfte. Schon mit sechs Jahren wollte Katharina nichts lieber als es ihren beiden großen Brüdern nachtun. Mit 17 startete sie in Sotschi, für Pyeongchang trainierte die Weltcup-Zweite mit den Männern. Als sie ihren 106-Meter-Sprung geschafft hatte, sagte sie nur ein Wort: “Unglaublich!”

Das finden die IOC-Herren wahrscheinlich auch. Den Gebärmüttern von Katharina Althaus und Carina Vogt geht es dem Vernehmen nach übrigens gut.

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