Wie können wir gelassen altern?
Fast alle wünschen sich, im Alter nicht ihre Begeisterungsfähigkeit und Abenteuerlust zu verlieren. Eine kann sich, sollte der ältere Lebensgefährte mal nicht mehr da sein, vorstellen, „als Granny-au-pair ins Ausland“ zu gehen. Eines will niemand sein: einsam. Die ohne feste Beziehung denkt an ein „großes Haus, in dem ich eine eigene Wohnung habe – und in den anderen Wohnungen leben nur Freundinnen und Freunde. Natürlich mit vielen Tieren!“
Feministinnen: Altern sie anders als andere Frauen?
Vorbild sind für mehrere die Großmütter. Sie wollen „so glücklich sein wie meine Oma jetzt gerade“. Oder „so aktiv, interessiert und viel unterwegs wie meine Großmutter bis 90. Sie musste immer in ihren Kalender schauen, wenn man sie besuchen wollte“.
Zum ersten Mal ans Alter gedacht haben die meisten, als sie sich, meist um 30, um eine zusätzliche Altersversorgung kümmerten. „Mit 30 habe ich mich älter gefühlt als jetzt mit Anfang 40“, sagt eine. Und eine andere: „Der 50. Geburtstag war hart, danach wird es eigentlich immer leichter.“ Die Mittvierzigerin findet es irritierend, dass sie neuerdings „von Jüngeren penetrant gesiezt“ wird, oder wenn sie feststellt, dass „ich im Radio Lieblingslieder höre, die 30 Jahre alt sind“.
Ja, und dann „diese Ringe unter den Augen“. Das fing bei der heute 42-Jährigen mit Mitte Dreißig an. „Irgendwann ist mir beim Blick in den Spiegel dann klar geworden: Du bist nicht bloß müde, du wirst älter.“ Und sie fragt sich: „Wie wird die Welt aussehen, wenn ich mal alt bin? Ist dann alles kaputt, durch Umweltverschmutzung und Kernkraft-Explosionen? Werde ich einen Krieg erleben? Werde ich noch eine Rente haben? Ich glaube nicht, dass meine Eltern sich in dem Alter darüber Gedanken gemacht haben.“ Nein, haben sie nicht.
Das Sich-Alt-Fühlen kann verdammt früh anfangen. „Das erste Mal alt gefühlt habe ich mich“, sagt die 24-Jährige, „im letzten Jahr auf einer Party des Abiturjahrgangs 2013 in unserer Dorfdisco. Ich war die einzige über 20 und in Hosen. Röcke scheinen in zu sein.“
Eines will im Alter keine sein: einsam!
Bemerkenswert finden alle EMMAs, dass wir untereinander eigentlich alterslos sind. So zumindest empfinden wir das. Denn immerhin repräsentieren wir ja drei Generationen.
Dieses Foto zeigt Louise Bourgeois im Alter von 90 Jahren. Sie starb mit 98. Die Künstlerin und Mutter dreier Söhne hatte erst nach der „Familienphase“ so richtig losgelegt; berühmt geworden ist sie erst mit 80, weltberühmt. „In einer idealen Gesellschaft würde das Alter gewissermaßen gar nicht existieren“, schrieb Simone de Beauvoir (rechts im Alter von 64) in ihrem Klassiker „Das Alter“ (1970), bis auf die gesundheitlichen Einschränkungen.
Jetzt werden die Pionierinnen der Neuen Frauenbewegung alt. Altern Feministinnen anders als andere Frauen? Sie haben auf jeden Fall das Glück, in einer Zeit alt zu werden, in der es alten Menschen in Deutschland besser geht denn je zuvor. (Was nicht so bleiben wird, vor allem nicht für Frauen: Der Generation ohne die traditionelle Hausfrauen-Sicherheit, aber auch ohne eine männliche Berufskarriere droht massive Altersarmut.)
2012 befragte Allensbach rund 4 000 Menschen zwischen 65 und 85. Die meisten genießen ihr Leben und ordnen sich auf der Zufriedenheitsskala von 0–10 bei 7,4 ein. Nicht pflegebedürftig sind bis zum 80. Lebensjahr 90 Prozent, und auch mit 90 noch 62 Prozent. Übrigens: Alte Menschen halten sich heutzutage durchgehend für zehn Jahre jünger, als sie sind. Und jede zweite Frau zwischen 65 und 75 schminkt sich regelmäßig die Lippen.
Neugierig geworden? In der aktuellen EMMA geht es im Dossier „Wie richtig altern“ unter anderem darum, dass manche Frauen, je älter sie werden, umso radikaler werden; dass ältere Feministinnen dennoch absurderweise als „Altfeministinnen“ diskriminiert werden; dass es ein Verbot gibt, älter zu werden und wir ewig jung sein sollen; dass ältere Frauen besseren Sex haben als jüngere – und auch noch mit über 90 erotische Träume (so wie Margarete Mitscherlich, rechts im Alter von 93). Lesen! Macht optimistisch für die Zukunft.
* Von links unten: Angelika Mallmann, Chantal Louis, Alexandra Eul, Margitta Hösel, Alice Schwarzer (alle Redaktion); Silvia Kretschmer und Irina Rasimus (Grafik); Franziska Becker (Cartoonistin); Anett Keller (Verlag).