Facebook: Social Freezing bezahlen?
1.500 Babys sind schon so zur Welt gekommen, und die Kinder sind gesund. „Social Freezing“ heißt die Methode, nach der möglichst junge Frauen (am besten unter 30) ihre Eier einfrieren, um sie zu einem genehmen Zeitpunkt aufgetaut und befruchtet austragen zu können. Der Zeitpunkt wird beeinflusst a. vom potenziellen Vater und b. von der Karriereplanung.
Noch selbst- bestimmer Mutter werden - warum nicht?
Warum nicht. Aus meiner Sicht ist nichts dagegen zu sagen, dass Frauen den medizinischen Fortschritt nutzen, um noch ein Stück selbstbestimmter Mutter zu werden, eben wann sie es wollen.
Nun aber kommt eine Nachricht aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Facebook und Apple wollen ihren Mitarbeiterinnen in Zukunft das Einfrieren ihrer Eier finanzieren und bieten ihnen bis zu 20.000 Dollar dafür. Was, meine ich, ein Beispiel dafür ist, wie man jede neue Freiheit zu einer neuen Unfreiheit pervertieren kann – solange sie nicht selbstbestimmt bleibt. Und bestimmen tut in der Regel derjenige, der bezahlt.
Das Angebot von Facebook und Apple ist ein Übergriff, ein obszönes Eindringen in das Intimste einer Frau.
Sicher, die sich als Avantgarde verstehenden Internet-Firmen bezahlen schon jetzt ihren MitarbeiterInnen nicht nur das Kantinenessen und das Fitnessstudio sowie die Krankenversicherung, sondern Google zum Beispiel beteiligt sich auch an den Kosten für die Geschlechtsumwandlung Transsexueller (auch das höchst fragwürdig).
Was Facebook und Apple den Frauen jedoch jetzt unter dem Etikett „sozial“ offeriert, ist ein Eingriff in ihr Leben, der Frauen dazu verführen könnte, Kinder nur dann zu kriegen, wenn es ihrem Arbeitgeber passt. Aus der Chance, die Schwangerschaft zu verschieben, könnte die Pflicht werden. Die Schranke zwischen Berufs- und Privatleben ist damit vollends niedergerissen.
Ein obszönes Eindringen in das Intimste einer Frau!
In Amerika ist „Social Freezing“ im Trend. Im Fruchtbarkeitszentrum an der New Yorker Universität steht der Eingriff inzwischen an dritter Stelle aller Behandlungen (berichtet die FAZ). Vor fünf Jahren sei es nur bei jeder 20. Behandlung darum gegangen. Es gibt in New York sogar schon Egg-Freezing-Partys, Motto: Let’s Chill.
Auch in Deutschland steigt der Wunsch nach einem Verschieben der Mutterschaft. Das Social Freezing kostet hierzulande allerdings statt 8-16.000 Euro „nur“ 3.000 Euro, alles in allem. Noch können deutsche Arbeitnehmerinnen also ihr Privatleben selber finanzieren.
ALICE SCHWARZER
FOTO: Spike Walker (2011) CIL:39092 - Dataset. - Licensed CC BY-NC-ND 2.0