Sport: Sprung nach vorn

Tigist Assefa auf der Ziellinie beim Berlin-Marathon: Rekord! - Foto: Beautiful Sports/IMAGO
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Ob Bergsteigen, Schwimmen oder Radfahren: Frauen sind ihren männlichen Konkurrenten immer dichter auf den Fersen. Manchmal überholen sie sie sogar schon. Woher kommt diese plötzliche Leistungssteigerung? Und was bedeutet das für die Zukunft?

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Bei der Fußball-WM in Australien fiel es so richtig auf. Auf den ersten Blick war von weitem kaum noch zu erkennen, ob da Männer oder Frauen spielen. So athletisch, so schnell, so dynamisch waren die Frauen unterwegs. Und nicht nur im Fußball, in vielen Ausdauersportarten machen Frauen neuerdings große Sprünge.

Kristin Harila stellte mit ihrem Bergführer: 14 Achttausender in 92 Tagen! Foto: Skanda Gautam/ZUMA Wire/IMAGO
Kristin Harila stellte mit ihrem Bergführer: 14 Achttausender in 92 Tagen! Foto: Skanda Gautam/ZUMA Wire/IMAGO

So sorgte die Britin Katrina Matthews 2022 für Furore. Sie knackte den Ironman-Rekord, den der Norweger Gustav Iden kurz zuvor in Hawaii aufstellte. Katrina bewältigte die Ironman-Strecke von 3,8 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und einem abschließenden Marathonlauf in sieben Stunden und 32 Minuten. Ganze acht Minuten war sie schneller als Gustav.

Talentierte Mädchen werden neuerdings schneller und intensiver gefördert

Die norwegische Extremsportlerin Kristin Harila hat kürzlich zusammen mit einem Mann, einem Bergführer, in neuer Rekordzeit von 92 Tagen alle 14 Achttausender im Himalaja bestiegen. Lange Zeit durften Frauen nicht einmal Bergführer werden. Auch, weil Mann sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, von einer Frau gerettet zu werden.

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Die kenianische Läuferin Faith Kipyegon lief im Juni, gerade mal eine Woche nach ihrem Weltrekord über 1.500 Meter, eine neue Weltbestzeit über 5.000 Meter. Die Zeit: 14:05 Minuten. Damit wäre sie bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften ganz vorne gelandet – und zwar bei den Männern!

Woher der Sprung nach vorn der Frauen? Diese plötzliche Steigerung? SportphysiologInnen sehen mehrere Gründe. Zum einen gibt es generell eine Professionalisierung im Leistungssport bei Frauen. Mädchen werden in Vereinen früh wahrgenommen und schneller professionell gefördert. In Folge gehen Sportakademien und Trainingszentren dazu über, Trainingsgruppen nach Leistung und nicht nach Geschlecht zu bilden.

Die deutsche Europameisterin im 5.000 Meter-Lauf, Konstanze Klosterhalfen, trainiert beispielsweise zusammen mit dem US-800-Meter-Weltmeister Donovan Brazier. Auch die Tennis-Spielerinnen Angelique Kerber und Iga Świątek trainieren gemeinsam mit Männern. „Frauen werden von Männern beim Training mitgezogen“, sagt der Bayreuther Sportphysiologe Othmar Moser, mit „fulminanten Ergebnissen“. Diese Erkenntnis sei ungeheuer wichtig für die Nachwuchsarbeit.

Früher wurden Mädchen irgendwann aus den Jungsmannschaften aussortiert

Während früher talentierte Mädchen ab einem gewissen Alter aus Jungenmannschaften aussortiert wurden und in leistungs- und strukturschwächere Mädchenteams gesteckt wurden, gehören sie nun bewusst dazu.

Die zehn bis zwölf Prozent, die üblicherweise als Leistungsunterschied zwischen den Geschlechtern veranschlagt werden, dürften schon bald der Vergangenheit angehören. Allerdings nicht, wenn es um Sprung- und Kraftsport geht: Gewichtheben, Hochsprung, Boxen etc. Wo überwiegend Oberkörperkraft und Muskulatur gefragt sind, haben Männer eindeutig einen Vorteil. Noch.

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