Wer war Stormé de Larverie?

Stormé DeLarverie 1961 (fotografiert von Diane Arbus) und im Alter: "I am a human being who survived."
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28. Juni 1969, Christopher Street im Bohèmeviertel Greenwich Village im Herzen von New York, zwei Uhr nachts. Am Vormittag war Judy Garland auf dem New Yorker Friedhof Hartsdale beerdigt worden. Über 10.000 schwule Männer hatten ihrem Idol die letzte Ehre erwiesen und waren anschließend ins Village geströmt. Die einschlägigen Lokale platzen aus allen Nähten. Auch im Stonewall Inn ist einiges los. Männer tanzen mit Männern, Frauen mit Frauen - obwohl das laut Gesetz verboten ist.

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Um 1.40 Uhr blinken die Lampen über der Theke. Razzia! Ein Mannschaftswagen mit acht Polizisten rückt an. Die BesucherInnen des Stonewall Inn kennen das zur Genüge: die Beleidigungen, die Gewalt, die Verhaftungen. Bevorzugte Opfer der Polizei sind diejenigen, die am stärksten gegen die damals noch streng herrschende Geschlechterordnung verstoßen: die Tunten und Transvestiten, also die Männer, die sich der traditionellen „Männlichkeit“ verweigern, auf der einen Seite; auf der anderen die Butches, die sich nicht nur mit ihren Herrenanzügen männliche Privilegien erlauben.

 1970 die erste Demonstration des erwachenden Stolzes der Lesben und Schwulen in New York. - Foto: Peter Hujar
1970 die erste Demonstration des erwachenden Stolzes der Lesben und Schwulen in New York. - Foto: Peter Hujar

Allein für das Tragen „gegengeschlechtlicher Kleidung“ kann man und frau anno 1969 verhaftet werden. Tunten und Butches werden auf den Polizeiwachen gern nicht nur verprügelt, sondern auch vergewaltigt.

Bisher hatten die Homosexuellen Brutalität und Willkür hingenommen. Doch in dieser Nacht reichte es. Zum ersten Mal setzten sich die Opfer zur Wehr. Sie schlagen zurück. Diese Stonewall-Riots werden als Start der Homosexuellen-Bewegung in den USA und schließlich weltweit in die Geschichte eingehen.

Was jedoch hierzulande die wenigsten wissen: Es war eine Frau, die an diesem Abend den Funken schlug, der den Flächenbrand entzündete. Und was für eine: Stormé DeLarverie, Conférencière und Sängerin in der legendären „Jewel Box Revue“, einer Show mit 25 Männern, die in Frauenkleidern auftraten, und einer Frau im Herrenanzug mit wohlklingendem Bariton. Seit 14 Jahren tourte Stormé nun mit ihrer Travestie-Truppe durch das ganze Land.

Was an diesem Abend vor dem Stonewall Inn geschah, und was die Stonewall Riots in der ganzen Welt auslösten, steht in der Juli(/August-EMMA 2019.

Alle Dyke Marches: www.dykemarchcologne.de
Alle CSDs: www.csd-termine.de
 

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Bruder Jim

Sergio Vitale
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Seinen ersten Crashkurs in Sachen Feminismus absolvierte Jim Baker Mitte der 1980er in Philadelphia. Er war gerade nach einem wenig erfreulichen Coming Out aus seinem baptistischen Elternhaus in den Südstaaten geflohen und jobbte neben seinem Germanistik-Studium in einem lesbisch-schwulen Buchladen. Vier Männer, vier Frauen, eine Wand voller feministischer Literatur. „Lies das!“ sagten Jims Kolleginnen. Das tat er. „Anschließend haben mich die Lesben dann abgefragt.“

Seinen zweiten Crashkurs in Sachen Feminismus absolvierte Jim Baker, heute 56, als er 1995 in Berlin den Querverlag gründete, den ersten und bis heute einzigen schwul-lesbischen Buchverlag Deutschlands. Seine Geschäftspartnerin Ilona Bubeck (Foto links) förderte Jims „Fähigkeit zum konstruktiven Streiten“. In seiner Südstaaten-­Fami­lie hatte eher das Prinzip Konfliktvermeidung durch Schweigen gegolten.

Zwölf Titel bringt der Verlag jedes Jahr heraus, „selbstverständlich paritätisch“, also immer halbe-­halbe Bücher von/für homosexuelle Frauen und von/für homosexuelle Männer. „Die meisten denken, wir teilen uns die Titel auf: Ilona macht die Lesbentitel, ich die Schwulentitel“. Stimmt nicht. Bankkauffrau Ilona ist für die Finanzen zuständig, Buchhändler Jim für das Lektorat, also auch für die „Lesbentitel“.

Heute sagt Jim Baker: „Natürlich bin ich Feminist, ja klar! Und das habe ich den Frauen in meinem Leben zu verdanken.“ Viele seiner schwulen Freunde haben keine Frauen in ihrem Leben. Über diese Ignoranz ist Jim Baker irritiert. Dieses „Dauerthema“ spricht er unermüdlich an. „Es ist oft gar keine offene Feindseligkeit“, sagt Jim. „Sie interessieren sich einfach nicht für Frauen.“

Jim Baker interessiert, dass der schwule Mann auch in den Medien als Prototyp des homosexuellen Menschen gilt, während homosexuelle Frauen sich „mitgemeint“ fühlen dürfen, wenn von „Schwulenehe“ oder „Schwulenparaden“ die Rede ist. Und manchmal wird es eben sogar feindselig zwischen homosexuellen Männern und Frauen. Stichwort Homo-Mahnmal. Stichwort Pascha-Wagen auf dem CSD.

Aktueller Konfliktschauplatz in Berlin ist der Kampf um ein Grundstück in Schöneberg, auf dem die Berliner Lesbenberatung „Rad und Tat“ (RuT) das bundesweit erste lesbische Alters-­Wohnprojekt für 80 Frauen errichten wollte. Noch nachdem RuT den Zuschlag erhalten hatte, jagte die Schwulenberatung den Lesben das Grundstück mit Einsprüchen gegen das Vergabeverfahren wieder ab. Sie will nun dort selbst ein schwules Wohnprojekt initiieren, das dritte in der Hauptstadt.

Der Skandal wurde zum Auslöser für das Lesben-­Magazin L-Mag, die Aktion #SchwuleFür Lesben ins Leben zu rufen. Natürlich ist Jim Baker dabei. „Gerade jetzt, wo wir das 50-jährige Jubiläum der Stonewall-Aufstände feiern!“ Er weiß aber auch: „Schwule werden sich nur dann mit feministischen Themen auseinandersetzen, wenn die Lesben das von ihnen einfordern.“

Das tun die Lesben immer lauter, zum Beispiel mit den „Dyke Marches“, den eigenen Lesbenmärschen zum CSD. Berlin machte 2013 den Anfang. Jim Baker ist „natürlich immer dabei“. Er ist halt ein überzeugter Schwuler für Lesben.

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