Systemsprenger sprengt das System
Die elfjährige Helena Zengel spielt wie der Teufel und ist in der Rolle der Benni auch ein Teufel. Hoch aggressiv und unbezähmbar. Sie sprengt alle Systeme, überall fliegt sie raus: aus der Pflegefamilie, der Wohngruppe, der Sonderschule.
„Systemsprenger“ ist der erste Spielfilm von Nora Fingscheidt, die von sich sagt: „Ich war auch ein wildes Kind. Aber ich hatte das Glück, von meiner Familie aufgefangen zu werden.“ Das Glück hat Benni nicht. Im Gegenteil. Irgendwo gibt es zwar die so heiß ersehnte Mutter, doch bei der macht der jeweilige Lover das Gesetz. Der Film beschönigt nichts, aber versteht alles. Und das Spiel der von Fingscheidt entdeckten elfjährigen Helene ist beklemmend realistisch. Schwer auszuhalten, aber unter die Haut gehend.
Gewalt von Kindern ist immer ein Hilfeschrei
Schon auf der Berlinale hatte der Film im Februar den „Silbernen Bären“ errungen. Jetzt geht die 36-jährige Autorenfilmerin mit ihrem Werk auf Premieren-Tour. Zwischen dem 18. September (Köln, Odeon) und dem 25. September (Heidelberg, Gloria) kann in über zehn Städten mit ihr nach der Projektion des Films diskutiert werden. „Gewalt von Kindern ist immer ein Hilfeschrei“, sagt Nora Fingscheidt. „Bennis Verhalten mag schockieren, aber die Zuschauer sollen sie lieben und um sie fürchten.“
Beides tun die ZuschauerInnen. Sie fürchten und lieben dieses Kind, das nirgendwo Halt findet. Und an dem selbst die Wohlmeinenden scheitern.
Dabei war die Rettung so nah. Nämlich als die sonst Unberührbare – weil durch Quälerei Traumatisierte – sich erstmals im Gesicht streicheln lässt. Ohne auszuflippen. Von einem Baby. Doch die Erwachsenen begreifen es nicht.
In „Systemsprenger“ sehen wir den Mut, die Wut und den Schmerz einer Auflehnung – und die Verzweiflung des Absturzes.
Systemsprenger, Premieren unter www.systemsprenger-film.de