Taurus: Tanz auf dem Vulkan
Ein Funke reicht, um einen Flächenbrand auszulösen. In diesem Fall heißt der Funke Taurus – und er könnte die ganze Welt anzünden. Wie das gehen würde, das spielt Erich Vad, der Brigadegeneral a. D. und ehemalige Berater von Kanzlerin Merkel, mal durch.
Anfang 2025 liefert Deutschland Taurus Marschflugkörper – und wird dadurch aktive Kriegspartei. Die Ukraine greift nun mit dem deutschen Taurus den Kreml an. Das kann der Taurus ganz präzise. Stil: Dritte Etage, zweites Fenster von rechts. Nun sinnt Putin auf Rache. Klar. Postwendend zerstört er die zweite Etage des Bundeskanzleramtes.
Über Krieg schwadronieren kann Deutschland, aber ihn führen?
Nun fährt die komplette NATO hoch – mit Ausnahme der Amerikaner. Die haben im Indopazifik anderes zu tun und ja sowieso schon genug investiert. Eine Million französische, belgische, niederländische, spanische, italienische und portugiesische Soldaten werden an die Ostgrenze des Bündnisses im Baltikum verlegt – und marschieren quer durch Deutschland. Denn wir sind das logistische Zentrum Europas, das „Hub“, das Drehkreuz der NATO. Und das von nun an attraktivste Ziel für Russland, Europas Herz.
Nur: Deutschland kann zwar leidenschaftlich über Krieg schwadronieren, aber führen? Die wenigen Soldaten der Bundeswehr sind schon zum Kriegsführen gen Russland unterwegs. Und wie sieht es mit Verteidigung aus? Zivilschutz? Bunker, Schutzräume? Unter Moos verschwunden. Krankenhäuser, die schon ohne Krieg am Limit sind, versinken im Chaos. Die ÄrztInnen haben noch nie durch Raketenteile verletzte Menschen gesehen. Die schon vorher schwächelnde Wirtschaft knickt schneller ein als gedacht. Die BürgerInnen machen Hamsterkäufe. Die reichen für wenige Tage, dann sind die Regale leer. Panik bricht aus. Marodierende Banden, Extremisten durchstreifen das Land. Die Stromversorgung bricht zusammen. Zehntausende ZivilistInnen werden zwangsrekrutiert. Wer zwischen 18 und 65 ist, muss fürs Vaterland kämpfen. Männer wie Frauen. Ob sie je schon mal eine Waffe in der Hand hatten oder nicht. Bis zum bitteren Ende.
Was Erich Vad da in seinem Buch „Ernstfall für Deutschland“ entwirft, ist keine düstere Dystopie für Netflix. Es ist die reale Berechnung eines kriegserfahrenen Militärs von dem, was passieren würde, wenn Deutschland in den Krieg eintritt. Die Lieferung von Taurus wäre der erste Schritt in diese Richtung.
Die Fakten sprechen für Vad. Am 25. November 2024 ließ das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BBK) verkünden, man erarbeite einen „Bunkerschutzplan“. Außerdem wäre es begrüßenswert, wenn die BürgerInnen auch im Eigenheim Schutzräume installieren könnten. Eine Garage ginge auch …
Der "Operationsplan Deutschland" macht das Land zum Kriegs-Hub
Was klingt wie der blanke Zynismus, ist bittere Realität. Der „Operationsplan Deutschland“ der NATO, der die BRD zum „Kriegs-Hub“ machen soll, liegt bereits vor. Das Strategiepapier ist 1.000 Seiten lang und in den Details (noch) geheim.
Fazit: Es zeigt auf, wie von Deutschland aus der europäische Krieg „gemanagt“ werden soll: Mit verbreiterten Autobahnen, unterstützenden Unternehmen (wie Speditionen oder dem Hamburger Hafen) und einer Zivilbevölkerung, die auf den Krieg eingeschworen wird.
Vad warnt vor einem Krieg, der grausamer und schlimmer werden könnte als alles, was wir uns vorstellen könnten. Und er fragt: Weshalb haben deutsche Politiker noch immer keine Strategie entworfen, um das Überschwappen des Krieges von der Ukraine und Russland mitten nach Deutschland politisch zu beenden? Statt alle, die von Anbeginn an warnende Töne anschlugen, zu „Putinknechten“ oder „Putinkuschlern“ und damit mundtot zu machen.
Erich Vad wurde selbst in diese Ecke gestellt. Trotzdem hört er nicht auf zu warnen. Weil ein Militär wie er weiß: ein Funke reicht.
Buchtipp: Erich Vad, "Ernstfall für Deutschland. Ein Handbuch gegen den Krieg", (Westend, 15 €)
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