Team Ursula: Quote in Brüssel
Alle reden von Gleichberechtigung, Ursula von der Leyen setzt sie durch. 13 Frauen (inklusive Chefin) und 14 Männer sollen fortan das „Team Ursula“ sein. Erstmals in der Geschichte wäre eine EU-Kommission damit zur Hälfte mit Frauen besetzt. Ob alle KandidatInnen durchkommen, liegt in den kommenden Wochen noch in der Hand des Europaparlaments. Planmäßiger Start ist der 1. November.
Als Ursula von der Leyen ihr Team in Brüssel am Dienstagvormittag vorschlug – dürfte das Herz der meisten Frauen etwas höhergeschlagen haben. Parität! Dddum. Vorher waren es neun Frauen unter 19 Männern. Vestager! Dddum. Die Dänin bläst selbst Trump den Marsch und soll Europa nun ins digitale Zeitalter führen. Timmermans! Dddum. Der Niederländer kämpft gegen sexuellen Missbrauch und macht sich für Frauen stark. Er soll auch den „New Green Deal“ umsetzen.
Im Ausland wird von der Leyens Liste als fulminanter Auftakt gelobt.
Sachlich, ruhig, besonnen und in gestochenem Englisch (man erinnert sich an Günther-„We are still sitting in one boat“-Oettinger) stellte Ursula von der Leyen ihre Wunschliste für die einzelnen Ressorts ihrer Kommission vor. Eine Behörde mit 32.000 MitarbeiterInnen.
Zwar hatte sich fast keines der EU-Länder zuvor an ihren Wunsch gehalten, zur Auswahl zwei Personen zu nominieren - einen Mann und eine Frau. Sie hat es trotzdem geschafft.
Von der Leyens Personalvorschläge stoßen bei EU-ParlamentarierInnen allerdings auf gemischte Reaktionen, vor allem gegen die Nominierten aus Ungarn, Polen und Rumänien gibt es Vorbehalte. Das wird das Plenum in den nächsten Wochen klären müssen.
Während sich in Deutschland schon direkt die im Fall der tüchtigen von der Leyen quasi zwanghafte Kritik breit macht, wird ihre Liste im Ausland als fulminanter Auftakt gelobt. Von der Leyen wolle was bewegen, es kämen keine PolitrentnerInnen mehr zum Zuge, sondern überzeugte EuropäerInnen mit politischer Potenz. PolitikerInnen, die durch ihr Engagement aufgefallen seien, mutige Menschen. Acht der 26 KommissarInnen haben Regierungserfahrung, drei von ihnen waren selbst Regierungschefs.
In der Tat beweist Ursula von der Leyen Mut, indem sie der Kommission eine völlig neue Struktur gibt. Sie hat drei exekutive Vizepräsidenten berufen, die die wichtigsten politischen Ziele in die Tat umsetzen sollen. Und es wird zum Beispiel einen Posten für eine „Wirtschaft im Dienste der Menschen“ geben, den der Lette Valdis Dombrovskis ausfüllen soll.
Die Berliner Luft durchkreuzte ihre Pläne oft, in Brüssel kann sie frei atmen.
Die wirtschaftspolitischen Kernressorts werden von zwei Südeuropäern und zwei Nordeuropäern besetzt. Ein guter Plan für eine Annäherung. Eine Tschechin und Belgier sollen Ost und West in Sachen Rechtsstaatlichkeit zusammenführen.
Die Zeit der Sesselpupser, die ab und an zu Abstimmungen ihre Karten zückten (oder ganz zuhause blieben), scheint vorbei. Brüssel stellt sich hinter von der Leyens Führung auf. Die Berliner Luft dürfte ihr in den letzten Jahren oft die Pläne durchkreuzt haben. In Brüssel ist sie zuhause, kann frei atmen – und endlich richtig loslegen. Go Ursula!